Später fällt im Gespräch mit ihr der Satz: „Ich mache gerne, was ich mache“. Das räumt endgültig Zweifel aus. Es ist kein „nine to five“-Job, den sie macht. Personalprofis bezeichnen es als „Soft Skills“, die dieser Beruf erfordert: Bodenständigkeit, Verantwortung und Unternehmergeist. Und: Man muss es mögen, in einem kleinen Dorf zu wohnen.
Der Hof liegt im zur Gemeinde Ulflingen gehörenden Ortsteil Huldingen. Es ist ein ländlich geprägtes Leben zwischen Gummistiefeln, praktischer Kleidung, Stallgasse und Weiden. Ihre zwei jüngeren Schwestern kehren dem – zumindest beruflich – den Rücken und arbeiten lieber als Angestellte. Kim, die älteste, besucht die Ackerbauschule, damals noch in Ettelbrück.

Die heutige Landwirtschaftsministerin Martine Hansen (CSV) ist zu der Zeit die Direktorin. 2012 steigt sie nach ihrem Abschluss im elterlichen Hof ein. Die Abschlussarbeit spielt eine wichtige Rolle bei der Diversifizierung des Hofes. Ihr Vater setzt noch auf Ackerbau, Getreide und Kartoffeln sowie Milchvieh. Das sind damals die Hauptstandbeine. Mit seiner Tochter kommen mehr Kühe auf den Hof, die Milchquoten fallen damals gerade.
Der Hof wird umgestellt
Die Getreide- und Kartoffelproduktion weicht dem Anbau von Gras und Mais. Es ist das Futter für das Vieh. „Alles für die Mädels“, sagt Siebenaller. Ihr sind diese Änderungen recht. Tiere sind ihr sowieso lieber als Traktorfahren. 180 Milchkühe leben inzwischen auf dem Hof und wollen versorgt werden. Es sind ihre Mitarbeiterinnen, wenn man so will, ihnen soll es gut gehen. Lebewesen bringen jedoch Unvorhergesehenes mit. Es sind keine Maschinen.
„Man schaltet nie ab“, sagt Siebenaller. Wie im vergangenen Jahr, als die Blauzungenkrankheit ausbricht. Sie fühlt sich ohnmächtig, hat schlaflose Nächte. Fragen wie „Greift die Impfung?“ oder „Wie viele sind in den vergangenen Stunden krank geworden?“ gehören zum Gedankenkarussell. „Das war schlimm“, sagt sie. Die Milchproduktion geht in der Zeit zurück.
Idee für die Zwiebeln ist ihre Abschlussarbeit

1,2 Millionen Liter Milch produzieren ihre Kühe in normalen Jahren, 2024 war es viel weniger. Landwirte sind den Launen der Natur und der Unberechenbarkeit von Lebewesen ausgesetzt. Es gehört dazu. Ein kleines bisschen berühmt ist Siebenaller aber wegen ihrer Zwiebeln. Außer ihr macht das nur noch einer im Land. Die Idee dazu ist Thema ihrer Abschlussarbeit an der Ackerbauschule.
„Wir sollten einen neuen Betriebszweig kreieren, der zu denen des Hofes passt“, sagt sie. Die Zwiebeln passen. Geboren wird die Idee beim „Familien-Brainstorming“ an dem großen Tisch in der gemütlichen Wohnküche. Mit 20 Ar und dem vergleichsweise bescheidenen Ertrag von rund zwei Tonnen geht es im ersten Jahr los.
Der Hype um regionale Produkte nimmt Fahrt auf
Vor 13 Jahren war vieles noch Handarbeit. Sortieren, säubern, Reste entfernen. Heute liefert Siebenaller 80 Tonnen jährlich an Luxemburgs größte Lebensmittelkette und hat die Produktion professionalisiert. Sie investiert in eine Lagerhalle, eine Trocknungsanlage für das Gemüse und baut gleichzeitig einen neuen Stall. Das sind große Investitionen.
Rund 15 Prozent der jährlichen Hofeinnahmen resultieren mittlerweile aus dem runden Gemüse in Weiß und Rot. Landwirte sind Unternehmer und tragen ein unternehmerisches Risiko. Siebenaller trägt es seit Anfang 2025 allein, ihr Vater ist in Pension. Ihr und den Zwiebeln kommt in den Jahren des Aufbaus der Produktion etwas zugute: der Hype um regionale Produkte.
Der nimmt nach Corona noch mal richtig Fahrt auf und liegt ganz auf Linie mit den politischen Zielen der aktuellen Landwirtschaftsministerin. Deren Ministerium arbeitet an einem Aktionsplan, um gesunde Ernährung zu fördern. Noch vor Ende des Jahres soll er fertig sein, wie aus einem Artikel von Le Quotidien vom 4. August 2025 hervorgeht. Das Wichtigste dabei ist, „lokale Produkte stärker zu fördern“.

Landwirtschaft hat Nachfolgeproblem
Politisch ist in der Landwirtschaft immer viel im Gang. Und jede neue „Gemeinsame europäische Agrarpolitik“ (GAP) bringt alle paar Jahre neue Ziele und Verordnungen. Viele landwirtschaftliche Betriebe brauchen deshalb einen professionellen Berater. „Ohne den geht es gar nicht“, sagt Siebenaller über den Spagat zwischen Politik, Natur, Zwiebeln und Wiederkäuern.
Menschen wie sie tragen zur Ernährungssouveränität des Landes bei. So formuliert die Landwirtin auch ihr Selbstverständnis. „Wir sind Ernährer und Landschaftspfleger“, sagt sie über ihren Berufsstand. Angesichts ihres Alters wird sie das noch sehr lange sein. Die Landwirtschaft hat nämlich ein Nachfolgeproblem – nicht nur im Land, sondern EU-weit.
Nur 12 Prozent aller landwirtschaftlichen Betriebe in der EU werden von Menschen, die jünger als 40 Jahre alt sind, bewirtschaftet, wie aus einer Eurostat-Analyse aus dem Jahr 2020 hervorgeht. Die Zahlen werden alle zehn Jahre erhoben. Junge Menschen für Landwirtschaft zu begeistern, ist mittlerweile eine politische Aufgabe und ist in den aktuell geltenden GAP-Zielen formuliert.
De Maart

Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können