Samstag15. November 2025

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Ukraine„Extrem wichtiges Signal“: Überraschungsbesuch des US-Präsidenten Joe Biden in Kiew

Ukraine / „Extrem wichtiges Signal“: Überraschungsbesuch des US-Präsidenten Joe Biden in Kiew
US-Präsident Joe Biden besuchte Wolodymyr Selenskyj am Montag in Kiew Foto: Dimitar Dilkoff/AFP

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Ein Lächeln huscht über Joe Bidens Gesicht, als er sich im blauen Kiewer Marien-Palast ins Gästebuch einträgt. Niemand hat ihn hier erwartet, offiziell bereite er sich auf einen Nachtflug mit der „Airforce One“ nach Warschau vor. Und doch weilt der US-Oberbefehlshaber nun in der ukrainischen Hauptstadt.

„Als Putin vor fast einem Jahr seine Invasion startete, dachte er, die Ukraine sei schwach und der Westen sei gespalten. Er dachte, er könnte uns überrumpeln. Aber da hat er sich gewaltig geirrt“, schreibt Biden. Damals, im Februar 2022, noch vor der russischen Invasion, wurde das Botschaftspersonal in die westukrainische Metropole Lwiw evakuiert. Kaum hatte Russland angegriffen, flohen die Diplomaten in ein Hotel bei Przemysl in Polen, rund 15 Kilometer von der Grenze entfernt. Ein paar Beamte pendelten die folgenden Tage zwischen den beiden Ländern. Denn auch viele US-Experten bescheinigten damals der ukrainischen Armee wenig Chancen, Kiew, geschweige denn das ganze Land zu verteidigen.

Von der fliehenden US-Botschaft erzählte Joe Biden am Montagmittag bei einem Treffen mit ukrainischen Kriegsveteranen während seiner überraschenden Kiew-Reise natürlich nichts. Doch seinem Gastgeber Wolodymyr Selenskyj folgend, zeigte sich auch Biden von der menschlichen Seite. Biden erinnerte an ein Telefongespräch mit Selenskyj in der Nacht des russischen Angriffs. „Sie haben mir damals erzählt, Sie könnten Explosionen etwas entfernt vom Präsidentenpalast hören“, sagte Biden. „Ich werde dies nie vergessen.“ „Doch ein Jahr danach steht Kiew noch, und die Ukraine steht auch. Die Demokratie hält sich ebenfalls. Und die Amerikaner stehen mit euch, die Welt steht auf eurer Seite“, sagte Joe Biden.

Einen ersten Hinweis auf etwas Außergewöhnliches gab es erst am späten Montagmorgen, als die Kiewer Innenstadt ungewöhnlich breitflächig abgesperrt wurde. Schon Dutzende vor allem EU-Politiker haben seit dem russischen Rückzug aus dem Norden von Kiew den Sonderzug der ukrainischen Regierung auf der regulären Zugstrecke vom polnischen Grenzbahnhof Przemysl nach Kiew benutzt. So vermutlich nun auch der US-Präsident, allerdings eventuell nicht auf der ganzen Strecke, denn seine Fahrt dauerte verdächtig kurz. Unklar ist, ob er und seine stark ausgedünnte Begleitung teilweise im Hubschrauber unterwegs waren. Immerhin hatte das Weiße Haus Moskau informiert. Es habe eine „grundlegende Kommunikation mit den Russen zur Konfliktvermeidung“ gegeben, teilte das Weiße Haus am Montagmittag wortkarg mit.

Spaziergang bei Luftalarm

Für Bidens Sicherheitspersonal muss der Kiew-Besuch ein Megastress gewesen sein, zumal er am Ende trotz Luftalarm mit seinem Gastgeber Selenskyj seelenruhig vor dem Außenministerium über den Platz vor dem Michaelkloster spazierte. Dort erwiesen sie in der Heldenallee den seit 2014 im Donbass und nun bei der vollständigen russischen Invasion Gefallenen ihre Ehre. Der Preis, den die Ukraine gezahlt habe, sei „außerordentlich hoch. Und wir wissen, dass schwierige Tage, Wochen und Jahre vor uns liegen“, hatte Biden zuvor in einer kurzen Rede gesagt.

Gastgeber Selenskyj bezeichnete Bidens Besuch als „extrem wichtiges Signal der Unterstützung für alle Ukrainerinnen und Ukrainer“. Die russische Außenministeriumssprecherin Maria Sacharowa höhnte hingegen am Montagabend in Moskau auf ihrem Telegram-Kanal: „Als ich heute die Berichterstattung über Biden und Selenskyj sah, musste ich an andere US-Projekte denken“, schrieb Sacharowa und erinnerte an den georgischen Ex-Präsidenten Michail Saakaschwili, der seit anderthalb Jahren in Tiflis wegen angeblichen Amtsmissbrauchs im Gefängnis sitzt und dort ganz offensichtlich keine ausreichende medizinische Betreuung bekommt.