Dienstag28. Oktober 2025

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Experten beraten über den Erhalt der Industriegebäude auf Belval

Experten beraten über den Erhalt der Industriegebäude auf Belval

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„Hallz we need“ lautet (in Anlehnung an eine Ausstellung aus dem Kulturjahr 2007) der Titel eines Seminars, das am kommenden Freitag in der „Halle des poches“ auf Belval stattfindet. Im Mittelpunkt steht der Erhalt der Gebläsehalle auf Belval und weiterer Industriegebäude in der Südregion.

Die Gebläsehalle auf Belval hat in den vergangenen Monaten für reichlich Gesprächsstoff gesorgt. Spätestens seit die mittlerweile aus ihrem Amt geschassten Koordinatoren von Esch 2022, Janina Strötgen und Andreas Wagner, das Gebäude im Bidbook zum Epizentrum der Europäischen Kulturhauptstadt erkoren hatten, war es wieder in aller Munde. Wieder, denn die Gebläsehalle wurde schon im Kulturjahr 2007 als Ausstellungsraum genutzt und die „Amicale des hauts-fourneaux“ setzt sich seit über zehn Jahren aktiv für ihren Erhalt ein. Zu teuer, zu groß, in zu schlechtem Zustand: So lauteten lange Zeit die Argumente der Politiker, die auf die „Halle des soufflantes“ angesprochen wurden. Zudem hatte die Denkmalschutzbehörde im Februar 2018 – entgegen der Meinung zahlreicher Historiker und Architekten – erklärt, sie sehe keinen ganz großen historischen und architektonischen Wert in der Halle.

Wegen sich hartnäckig haltender Gerüchte, die Gebläsehalle solle abgerissen werden und einem Neubauprojekt weichen, hatte Präsident Dan Cao im Namen der „Amicale“ Ende März dieses Jahres eine öffentliche Petition zu ihrer Rettung eingereicht. Die Petition wurde jedoch nur von 1.076 Personen unterzeichnet und erreichte damit die vorgeschriebene Marke von 4.500 Unterschriften nicht, sodass die Chamber nicht über die Zukunft des Gebäudes beraten musste.

Nancy Braun will ihr Headquarter

Am vergangenen Wochenende ließ dann die neue Generaldirektorin von Esch 2022, Nancy Braun, auf RTL Radio verlautbaren, dass auch sie sich die Gebläsehalle als Headquarter der Kulturhauptstadt wünschen würde.

Bereits im März dieses Jahres hatte die dem Kulturministerium untergeordnete luxemburgische Unesco-Kommission vorgeschlagen, die Südregion in das „Man and the Biosphere“-Programm (MAB) der Unesco aufzunehmen. Als Träger des Projekts soll der Gemeindeverbund Pro-Sud fungieren. Experten bescheinigten der Minetteregion gute Chancen, in das MAB aufgenommen zu werden, erklärte Robert Garcia am Montag auf einer Pressekonferenz in den Räumen von Pro-Sud. Er ist Mitglied der Arbeitsgruppe „Eise’Stol“, die sich im Rahmen der Unesco-Bewerbung mit der Sozial- und Industriegeschichte beschäftigt. Die Industriegebäude seien neben den Tagebaugebieten, die von der Natur zurückerobert wurden, wichtige Zeugen dieser Geschichte, deshalb müssten sie erhalten bleiben, damit die Bewerbung erfolgreich sein könne, erläuterte Garcia.

Wo bleibt das Zentrum für Industriekultur?

Eine der wichtigsten Maßnahmen bestehe nun darin, ein Inventar der noch vorhandenen Industriegebäude zu erstellen, betonte die Historikerin Antoinette Lorang von der 1989 gegründeten „Fondation Bassin minier“. Lorang unterstrich auch die Wichtigkeit des „Centre national de la culture industrielle“ (CNCI), das ursprünglich am Fuße von Hochofen A auf Belval eingerichtet werden sollte, wegen Sparmaßnahmen infolge der Finanzkrise 2008 aber auf Eis gelegt wurde. Zwar seien die beiden Hochöfen dort restauriert worden, doch es fehle an einer umfangreichen, historischen Aufarbeitung der Geschichte der Hütten und Stahlwerke in Luxemburg. Während der Bergbau seit der Schaffung des „Musée national des mines“ gut dokumentiert sei, gebe es für die „Schmelzen“ keine vergleichbare Dokumentation. Das CNCI könne nicht nur im Rahmen des MAB-Programms, sondern auch für Esch 2022 ein großes Plus darstellen.

Um über die Erhaltung der Industriegebäude und ihre spätere Nutzung zu beraten, organisiert die rund zehnköpfige Arbeitsgruppe „Eise’Stol“ am kommenden Freitag ein Seminar in der „Halle des poches“ auf Belval. Dort werden sowohl Forscher und Architekten aus Luxemburg als auch renommierte internationale Experten über die historische und architektonische Bedeutung der Gebläsehalle und die Notwendigkeit ihres Erhalts referieren. „Wir sollten die Erhaltung der Industriegebäude nicht als Bürde, sondern als Chance sehen“, sagte Robert Garcia. Und Antoinette Lorang unterstrich, dass Belval ohne die Hochöfen und die Gebläsehalle nichts als ein seelenloses Viertel sei. Nicht nur die touristische, sondern auch die identitätsstiftende Funktion der Industriekultur wird am Freitag Thema sein.