Standpunkt: Europa investiert im Weltraum – und wir profitieren auf der Erde davon

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Am Mittwoch hat die Europäische Union vier neue Satelliten für das Navigationssystem Galileo ins All geschickt. Sie werden dafür sorgen, dass Galileo noch präzisere Signale sendet. Dies ist der nächste Schritt, um Galileo bis 2020 zum weltweit besten Satellitennavigationssystem zu machen.

Von Elzbieta Bienkowska*

Aber was haben Sie davon, was im Weltraum geschieht? Ein Teil der Antwort liegt sprichwörtlich auf der Hand. Dank Galileo werden Sie auf Ihrer Karte auf Ihrem Smartphone auf 20 cm genau sehen können, wo Sie sich befinden. Das ist besser als GPS. Und die Wirtschaft nimmt es auf: Allein im vergangenen Jahr wurden rund 75 Mio. Galileo-fähige Mobiltelefone verkauft.

Bei Galileo geht es aber um mehr als nur Karten und Apps. Die Signale werden für das moderne Bankwesen, Satellitenfernsehen, Verkehrsmanagement und den Eisenbahnbetrieb verwendet. Mithilfe der Daten können wir das Stockwerk bestimmen, von dem aus eine Person einen Notruf sendet. In Zukunft werden selbstfahrende Autos oder künstliche Intelligenz nicht ohne Satellitennavigation entwickelt werden können. Und das ist erst der Anfang: Galileo wird zu vielen neuen Anwendungen und Diensten führen, die wir uns heute noch gar nicht vorstellen können. Über diese praktischen Verwendungszwecke hinaus ist Galileo für Europa auch ein Projekt von strategischer Bedeutung. Es macht uns eigenständiger und unabhängiger, ob für wirtschaftliche oder militärische Zwecke. Investitionen in Galileo helfen uns, mit den Vereinigten Staaten Schritt zu halten und nicht von Russland oder China überholt zu werden.

Copernicus

Und Galileo ist nur ein Teil unseres Engagements im Weltraum. Europa hat das weltweit beste Satelliten-Erdbeobachtungsprogramm entwickelt: Copernicus. Mit dem Programm können wir unseren Planeten, seine Atmosphäre, seine Ozeane und Kontinente überwachen. Mit sieben Satelliten in der Umlaufbahn wird Copernicus bald der weltweit größte Datenlieferant nach Google sein.

Es verschafft uns auch Zugang zu den genauesten Klima- und Umweltdaten, die dazu noch kostenfrei, offen und rund um die Uhr verfügbar sind. Diese Daten werden für Rettungseinsätze bei Waldbränden, Überschwemmungen, Wirbelstürmen und Erdbeben verwendet. Die Satelliten helfen uns bei der Präzisionslandwirtschaft oder bei der Überwachung des Klimawandels und der Umweltverschmutzung in Städten. Und wir wollen noch einen Schritt weiter gehen. Unser Ziel ist es, Copernicus zum weltweit führenden System für die Überwachung der Verpflichtungen des Pariser Klimaschutzübereinkommens zu machen. Durch Copernicus bekommt Europa die Technologie, die seiner Führungsrolle bei der Bekämpfung des Klimawandels angemessen ist. So hat sich Europa mit Galileo und Copernicus als wahrhaftige Weltraummacht etabliert und steht hier weltweit an zweiter Stelle.

Die Weltraumwirtschaft erlebt derzeit einen tiefgehenden Wandel: Neue Akteure betreten die Bühne, revolutionäre Technologien und neuartige Geschäftskonzepte kommen auf. Wir müssen rasch handeln, um am Ball zu bleiben. Das heißt, wir müssen in die Raumfahrt investieren, ein neues Weltraumkonzept entwerfen und Wechselwirkungen mit Sicherheits- und Verteidigungsanwendungen nutzen. Das spiegelt sich in den Vorschlägen der Europäischen Kommission für ein neues EU-Weltraumprogramm im Umfang von 16 Milliarden Euro für die Zeit nach 2020 wider.

Galileo und Copernicus werden dadurch größer, besser und leistungsfähiger werden. Es werden neue Sicherheitskomponenten entwickelt, z.B. gesicherte Satellitenkommunikation und ein System zur Beobachtung und Verfolgung von Objekten im Weltraum. Wir werden den eigenständigen Zugang Europas zum Weltraum unterstützen und Start-ups in der Branche helfen, damit sie florieren und wachsen.

Die europäische Weltraumpolitik ist das perfekte Beispiel für eine erfolgreiche europäische Zusammenarbeit. Kein Mitgliedstaat hätte dies allein schaffen können. Mit Blick auf die Zukunft müssen wir unsere Projekte weiterführen. Mit dem Vorschlag der Kommission für ein Weltraumprogramm nach 2020 haben die Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament die Möglichkeit, uns in unserem Streben nach einer globalen Führungsposition im Weltraum zu stärken: Europa und seine Bürgerinnen und Bürger werden es ihnen danken.


* Die Autorin ist EU-Kommissarin für Binnenmarkt, Industrie, Unternehmertum und kleine und mittlere Unternehmen.