Von den Ebenen des Nordens am ersten Tag bis zu den steilen Hängen der Côte de Pech David am Mittwoch in Toulouse, von den giftigen Rampen der Normandie bis zu den ersten größeren Schwierigkeiten in der Auvergne – überall das gleiche Bild: Menschenmassen, so weit das Auge reicht.
Dass die Tour ein Publikumsmagnet ist, ist nichts Neues. Doch diese 112. Ausgabe scheint noch mehr Zuschauer anzulocken – auch dank der Durchfahrt durch zwei große Radsportregionen: den Norden und die Bretagne. „Wenn mir fünfmal am Tag jemand sagt, dass es selten so viele Menschen am Straßenrand gab, dann muss da was dran sein. Das ist auch mein Eindruck“, sagt Tour-Direktor Christian Prudhomme.
„Jüngeres Publikum“
„Es ist offensichtlich, dass die Menschen überall sind. Ich denke, die Netflix-Serie hat die Tour noch populärer gemacht, als sie ohnehin schon war – aber auch bei einem jüngeren, feierfreudigeren Publikum. Das spürt man“, meint Arnaud Démare vom Team Arkéa-B&B, der mit seinen 33 Jahren schon einiges gesehen hat.
Doch selbst er hatte noch nie erlebt, dass sich am Straßenrand ein Heißluftballon aufbläst – und das Gesicht seines Teamkollegen Kévin Vauquelin zeigt, dem lokalen Publikumsliebling. „Ich habe einen Heißluftballon gesehen – mit meinem Gesicht drauf! Könnt ihr euch das vorstellen?“, rief der französische Puncheur in Vire nach der Etappe ungläubig. Der Ballon war eine Überraschung, heimlich über Wochen von seinem Vater organisiert.
Ein solcher Wahnsinn fasst den Dauerzustand der Ekstase am Straßenrand treffend zusammen. Jeden Tag entdeckt die Tour neue Kostüme – jedes verrückter als das andere. Zwischen Kindern, die in den Schulferien oft mit ihren Großeltern unterwegs sind und beim Anblick der Werbekarawane die Augen weit aufreißen, tummeln sich unzählige Obelix-Doubles, und ein Fußballtrikot folgt dem nächsten.
Während manche die Lokalmatadoren anfeuern, schlagen andere ihr Lager für die gesamte Dauer der Tour auf – wie die Familie Pauchet, die im Wohnmobil unterwegs ist, mehrere Etappen besucht hat und erst am Mont Ventoux wieder abreisen will, am kommenden Dienstag.
Jeden Tag fahren die Fahrer an diesen Stammgästen vorbei – an der unvermeidlichen Figur des „El Diablo“ mit Dreizack in der Hand oder einem riesigen aufblasbaren Zyklopen, der täglich sein prüfendes Auge auf das Rennen richtet.
Die genaue Zahl des Publikums lässt sich schwer beziffern. Laut ASO waren es im vergangenen Jahr rund 12 Millionen Zuschauer, und bei der Auftaktetappe 2025 rund um Lille allein schon über eine Million.
„Ich bin 2022 schon die Tour gefahren, aber ich habe das Gefühl, dass dieses Jahr mehr Leute da sind, mehr Medien auch. Wir werden viel beobachtet, viel angefeuert (…) ich merke, dass das Interesse noch größer ist“, sagt Benjamin Thomas vom Team Cofidis.
„Zu 99,9 % ein tolles Publikum“
Diese Begeisterung zeigt sich auch vor dem Fernseher: So verfolgten zum Beispiel durchschnittlich 4,5 Millionen Zuschauer die Etappe am 14. Juli auf France TV. Doch mit wachsender Euphorie entlang der Strecke wird es manchmal auch schwer, die Menge zu kontrollieren.
„Jedes Mal sind es ein paar Leute mehr – besonders an kurzen, steilen Anstiegen. Man sieht, wie eng der Durchlass manchmal ist. Da müsste man etwas tun (…) und wenn es fünf Kilometer Absperrung braucht, dann eben fünf Kilometer“, fordert José Vicente Garcia, Sportdirektor des spanischen Teams Movistar.
Wie im Vorjahr setzt der Veranstalter ASO auf Absperrseile, um das Publikum zu bändigen. „Das ist ein zu 99,9% großartiges Publikum. Sie wissen eigentlich, was sie nicht tun sollten – aber wenn die Fahrer kommen, vergessen sie es manchmal vor lauter Euphorie. Genau dagegen müssen wir ankämpfen“, betonte Tour-Direktor Prudhomme vor dem Start.
„In den Bergen hat sich das ein wenig verändert. Es gibt mehr Fans, die aus der Fußballwelt kommen – da gibt’s dann eben auch Rauchfackeln, obwohl die offiziell verboten sind“, beobachtet der Franzose Anthony Turgis.
„Ich find’s schön, ich mag das mit den Fackeln“, sagt er mit einem Lächeln. „Aber wenn sie sich windabwärts stellen könnten, damit der Rauch nicht auf die Straße zieht, wäre uns das sehr recht.“ (AFP)
 
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