PandemieEU verschärft die Regeln für den Export von Impfstoffen

Pandemie / EU verschärft die Regeln für den Export von Impfstoffen
Der Vizepräsident der EU-Kommission Valdis Dombrovskis gab gestern in Brüssel Erklärungen zum verschärften Kontrollmechanismus für Corona-Impfstoffe Foto: AFP/Pool/Stephanie Lecocq

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Die EU-Kommission hat ihren „Transparenz- und Genehmigungsmechanismus für Ausfuhren von Covid-19-Impfstoffen“ gestern verschärft. Dadurch stehen den Mitgliedstaaten zwar kurzfristig keine zusätzlichen Impfdosen zur Verfügung, der Druck auf die Hersteller, insbesondere AstraZeneca, die bestellten Mengen zu liefern, wird dadurch aber erhöht.

Die Kommission legt ihrem Mechanismus für Impfstoffexporte zwei Prinzipien zugrunde: Gegenseitigkeit und Verhältnismäßigkeit. An diesen beiden Kriterien werden sich künftig Exporte von Corona-Vakzinen in Drittstaaten messen lassen müssen. Sie würden kein Exportverbot vorstellen, betonten der Vizepräsident der EU-Kommission Valdis Dombrovskis und die EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides gestern in Brüssel. Es gehe ihnen vor allem um Transparenz, so Dombrovskis.

Das war ebenfalls das Hauptargument, als die Kommission den Mechanismus am 30. Januar eingeführt hatte, nachdem vorher der britisch-schwedische Impfstoffhersteller AstraZeneca angekündigt hatte, die mit der EU vereinbarte Menge an Impfdosen nicht liefern zu können. Als die EU-Staaten dadurch mit ihren Impfungen gegenüber Großbritannien, das ebenfalls das Mittel von AstraZeneca nutzt, in einen Rückstand gerieten, sah sich Brüssel zum Handeln genötigt.

Künftig soll nun beim Export von Impfstoffen aus der EU zum einen berücksichtigt werden, ob das Zielland selbst „Ausfuhren von Impfstoffen oder deren Ausgangsstoffen gesetzlich oder auf andere Weise“ beschränkt. Zudem soll evaluiert werden, wie das Bestimmungsland gegenüber der EU in Sachen epidemiologischer Lage, Impfquote und Impfstoffvorrat dasteht. Dabei solle es immer auch darum gehen, die Sicherheit der Versorgung der EU mit Vakzinen zu wahren.

Die EU sei der einzige OECD-Produzent, der Impfstoffe an Länder ausliefere, die eigene Impfstoff-Produktionen hätten. „Wenn diese Länder nicht in die EU liefern, gibt es keine Reziprozität“, erklärte Valdis Dombrovskis. Die EU habe bislang in Länder geliefert, in denen die epidemiologische Lage weniger ernst sei und/oder die bereits mehr impfen konnten. Dabei verwies der Lette insbesondere auf Großbritannien, mit dem die EU wegen Impfstofflieferungen im Streit liegt. „Seit das System in Kraft ist, wurden zehn Millionen Dosen von der EU in das Vereinigte Königreich geliefert und null Dosen vom Vereinigten Königreich in die EU“, sagte der Kommissions-Vize. Es solle nun sichergestellt werden, dass die EU nicht aufgrund der „massiven Exporte“ bei den Impfungen zurückfällt.

„Größter globaler Exporteur“

„Die EU bleibt der größte globale Exporteur von Impfstoffen“, versicherte Valdis Dombrovskis. Seinen Angaben zufolge wurden seit der Einführung des Mechanismus 43 Millionen Impfdosen in 33 Länder exportiert. 380 von 381 Lieferungen wurde seitdem zugestimmt. Nur Italien hat bislang eine Lieferung von 250.000 Dosen nach Australien gestoppt. Was aber mit diesen und den Impfdosen aus den künftig nicht genehmigten Lieferungen passieren soll, darüber müssten die Hersteller entscheiden. „Es ist ein System zur Exportgenehmigung“, es schreibe nicht vor, was die Unternehmen mit den betreffenden Dosen machen sollen, die nicht exportiert werden dürfen, sagte der EU-Kommissar. Zudem könne er nicht quantifizieren, welche Menge an Impfstoffdosen die EU durch die Verschärfung des Kontrollmechanismus nun in Zukunft zusätzlich haben werde.

Mit ihrem verschärften Mechanismus hat die Kommission insbesondere AstraZeneca im Visier. Bereits am Vortag hatte die Generaldirektorin für Gesundheitsangelegenheiten bei der EU-Kommission, Sandra Gallina, während einer Anhörung im EU-Parlament erklärt, dass es mit den anderen Herstellern keine Probleme gebe. Sie würden wie vereinbart liefern. Dombrovskis betonte denn auch, dass zwischen Unternehmen mit schlechter Leistung und solchen mit guter Leistung, die ihre vertraglichen Verpflichtungen erfüllen, unterschieden werden müsse. AstraZeneca sollte im ersten Quartal dieses Jahres 120 Millionen Dosen liefern. Das Unternehmen habe versprochen, 30 Millionen zu liefern. Bis zum heutigen Tag seien diese aber auch noch nicht geliefert worden, so Valdis Dombrovskis.

Dabei wurde am Mittwoch bekannt, dass bei einer von der EU-Kommission initiierten Kontrolle in einem Werk in Italien 29 Millionen Impfdosen von AstraZeneca gefunden wurden. Das Unternehmen soll erklären, was es damit macht. Die EU würde lediglich feststellen, dass AstraZeneca „sehr weit von der Erfüllung seiner vertraglichen Verpflichtungen entfernt sei“, sagte Valdis Dombrovskis.

Zielländer von Impfstoffexporten aus der EU

Die EU-Kommission gab gestern diese Länder als die wichtigsten Zielländer von Exporten von Corona-Impfstoffen aus der EU seit Ende Januar an: Vereinigtes Königreich (mit rund 10,9 Millionen Dosen), Kanada (6,6 Mio.), Japan (5,4 Mio.), Mexiko (4,4 Mio.), Saudi-Arabien (1,5 Mio.), Singapur (1,5 Mio.), Chile (1,5 Mio.), Hongkong (1,3 Mio.), Korea (1 Mio.) und Australien (1 Mio.).