28. November 2025 - 6.57 Uhr
Keine Demokratie ohne TransparenzEU-Parlament verabschiedet Richtlinie über EU-weites Lobby-Register für Akteure aus Drittstaaten
„Wenn jemand aus einem Nicht-EU-Land oder einer mit einem Drittstaat verbundenen Organisation bezahlt wird, um Einfluss auf die EU-Politikgestaltung zu nehmen, muss diese Aktivität sichtbar gemacht werden“, erklärt die rumänische EVP-Abgeordnete Adina Valean, die federführende Berichterstatterin, das Ziel der neuen Richtlinie. Das EP stimmte am Donnerstag dem neuen Regelwerk mit 392 Ja- bei 88 Nein-Stimmen und 133 Enthaltungen zu. In Demokratien ist es selbstverständlich, dass verschiedenste Interessengruppen Einfluss auf die Politikgestaltung, vor allem aber auf den Inhalt von Gesetzen nehmen wollen. Der Kontakt zwischen Lobbyisten und Politikern ist alltäglich.
Allerdings braucht es bei diesem Austausch Transparenz, wenn das Vertrauen der Bürger in die Demokratie Bestand haben soll. Deshalb haben eine Reihe von EU-Staaten, darunter Luxemburg, Lobby-Register eingeführt, in denen eingetragen wird, welche Politiker mit welchen Interessenvertretern zusammenkommen. „Es gibt keine Demokratie ohne Transparenz und Rechenschaftspflicht“, sagte die EU-Sozialkommissarin Roxana Minzatu während der Parlamentsdebatte über die Richtlinie am Mittwoch.
Doch die Regeln der bislang 16 EU-Staaten, die solche Register führen, sind sehr unterschiedlich. Diese Fragmentierung soll nun mit einem einzigen System aufgehoben werden, sagte Adina Valean, zumindest was die Interessenvertretung aus Dritt-, also Nicht-EU-Staaten anbelangt. Es soll ein zentrales EU-Portal geschaffen werden, das alle nationalen und regionalen Register miteinander verbindet. Damit soll an einer Stelle eingesehen werden können, welche Akteure in Europa Lobby-Dienste für die Vertretung von Interessen eines Drittstaat-Sponsors anbieten, erklärt die rumänische EVP-Abgeordnete.
Die Informationen, die angegeben werden müssen sind begrenzt: Die Identität des Lobbyisten sowie die seines Auftraggebers, der betroffene Politikbereich, die Art und der Umfang der Vergütung sowie alle wesentlichen Bestandteile der Tätigkeit. Das bezieht sich nur auf Akteure, die aus Drittstaaten dafür bezahlt werden, Einfluss zu nehmen. Nicht betroffen sind damit unter anderem Journalisten, Akademiker, NGOs, Diplomaten oder Juristen.
Keine Stigmatisierung
Wird hingegen die Arbeit beispielsweise einer Nicht-Regierungsorganisation in der EU finanziell aus einem Drittstaat unterstützt, muss das nicht registriert werden. Wird die Organisation jedoch dafür bezahlt, auf einem bestimmten politischen Dossier in einem EU-Mitgliedstaat tätig zu werden, muss sie sich registrieren lassen, erklärt Adina Valean weiter. Diese Regelung unterscheidet sich damit von der in Russland geltenden Bestimmung, nach der sich jede Organisation, die finanzielle Unterstützung aus dem Ausland erhält, als „ausländischer Agent“ registrieren muss. Wobei diese Bezeichnung bereits in Sowjetzeiten negativ konnotiert war und mit staatsfeindlichen Aktivitäten in Verbindung gebracht wurde. Solche Stigmatisierungen, die etwa auch die ungarische Regierung von Viktor Orban mit einem Gesetz aus dem Jahr 2017 eingeführt hat und nun in einem neueren Gesetz abgeändert wurde, soll es mit der EU-Richtlinie nicht geben, versichert Adina Valean.
Es seien entsprechende Schutzmaßnahmen in der Richtlinie vorgesehen. Ebenso wie Sanktionen, sollten die Maßgaben der Richtlinie nicht eingehalten werden. Es gehe nicht um Ideologie, sondern um Transparenz sagte die EVP-Abgeordnete. Und sie verwies auf eine Umfrage, nach der vor wenigen Jahren 81 Prozent der befragten EU-Bürger angaben, die ausländische Einflussnahme auf demokratische Systeme als ein ernstes Problem anzusehen.
Die Richtlinie gibt ein Mindestmaß an Regulierung vor. Den Mitgliedstaaten bleibt es freigestellt, weitergehende Regeln zu erlassen. Die EU-Parlamentarier werden in einem weiteren Schritt Verhandlungen mit dem EU-Rat aufnehmen, sobald die Mitgliedstaaten ihre Position zu dem Lobbying-Register angenommen haben.
Aus Luxemburg hat sich der fraktionslose EP-Abgeordnete Fernand Kartheiser gegen die Richtlinie ausgesprochen, die Grünen-Abgeordnete Tilly Metz hat sich enthalten, die anderen vier luxemburgischen EP-Abgeordneten – Marc Angel, Charles Goerens, Martine Kemp und Isabel Wiseler-Lima – haben der Richtlinie zugestimmt.
De Maart

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