21. Oktober 2025 - 6.41 Uhr
LuxemburgEU-Außenminister beraten über die Situation im Gazastreifen und in der Ukraine

Der Waffenstillstand im Gazastreifen sei übers Wochenende einem „ersten großen Stresstest“ ausgesetzt gewesen, kommentierte die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas nach der Tagung der 27-EU-Außenminister auf Kirchberg. Die Weigerung der palästinensischen Terrororganisation Hamas, sich zu entwaffnen, mache die Waffenruhe noch fragiler. Der vom US-Präsidenten Donald Trump vorgelegte und von den beiden Konfliktparteien im Nahen Osten angenommene Plan für den Gazastreifen sieht in einer zweiten Phase unter anderem vor, dass die Hamas ihre Waffen abgibt. Angedacht wurde, dass die Terrorbande in einer ersten Etappe zuerst ihre schweren Waffen, wie Raketen und Anti-Panzer-Waffen, abgibt. Doch die Radikalislamisten denken nicht daran. Daraus könnte sich neuer Konfliktstoff entwickeln, der zu einem neuerlichen Aufflammen der Kämpfe führen könnte.
Die prekäre Lage dürfte dazu beigetragen, dass die 27 die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Strafmaßnahmen gegen Israel noch nicht abgeräumt haben. „Die Situation ist sehr fragil, die Sanktionen bleiben auf dem Tisch“, sagte Kaja Kallas weiter. „Selbstverständlich hat sich der Kontext geändert“, räumte sie zwar ein, doch nach einer „kontroversen Debatte“ im Rat habe der Vorschlag der EU-Kommission weiterhin Bestand. Denn sie wollten vorerst die weiteren Entwicklungen im Gazastreifen abwarten, etwa wie es mit den Hilfslieferungen für die Menschen in der Region weitergeht und ob Journalisten der Zugang zu dem Gebiet gewährt werde, so die EU-Außenbeauftragte.
Die europäische Grenzmission am Grenzübergang zu Ägypten in Rafah könne derweil noch nicht beginnen. Auch wenn die „European Union Border Assistance Mission“ (EUBAM) bereit sei, bräuchte es noch der Zustimmung aus Kairo sowie von israelischer Seite, sagte Kaja Kallas.
Um Sanktionen ging es auch bei den Gesprächen über den russischen Angriffskrieg in der Ukraine. Noch in dieser Woche soll das 19. Sanktionspaket gegen Russland angenommen werden. Damit dürften sich am Donnerstag die Staats- und Regierungschefs bei ihrem Gipfeltreffen in Brüssel befassen. Die Außenminister wollten aber bereits über ein nächstes Sanktionspaket sprechen, sagte die EU-Außenbeauftragte weiter. Der russischen Wirtschaft gehe es nicht gut, was auch auf die europäischen Sanktionen zurückzuführen sei, so Kaja Kallas.
„Robuster“ gegen Russlands Schattenflotte vorgehen
In diesem Zusammenhang wollen die EU-Staaten auch schärfer gegen die sogenannte russische Schattenflotte vorgehen, mit der Moskau das gegen Russland verhängte Ölembargo umgeht. Mit Schiffen aus Drittstaaten, die zum Teil technisch nicht mehr ganz auf der Höhe sind, lässt der Kreml russisches Öl in andere Länder exportieren. Ein Spezialbeauftragter soll nun das internationale Recht durchforsten, um herauszufinden, wie die EU-Staaten „robuster“ gegen die russische Schattenflotte vorgehen können, so die EU-Außenbeauftragte. Zudem könnten eventuell bestehende europäische Seemission für die Kontrolle dieser Schiffe genutzt werden, meinte Kaja Kallas, etwa indem deren Mandate angepasst werden.
Fortschritte wollen die 27 diese Woche auch bei den rechtlichen Fragen über die Nutzung der in der EU eingefrorenen russischen Staatsguthaben machen. Luxemburgs Außenminister Xavier Bettel begrüßte in diesem Zusammenhang, dass neben der Chefin der Europäischen Zentralbank (EZB) diese Woche auch der Vorsitzende der Eurogruppe, Paschal Donohoe, beim EU-Gipfel zu diesem Thema gehört wird. Es gehe darum, die Auswirkungen auf die Euro-Zone zu klären, sollten die 27 entscheiden, die russischen Guthaben zu beschlagnahmen. Zudem will Bettel einen Solidaritätsmechanismus, der vor allem Belgien zugutekommen soll, da dort die meisten russischen Guthaben lagern. Denn sollte Moskau nach einer Beschlagnahmung seiner Gelder Reparationen fordern, müssten alle EU-Staaten wegen der Entscheidung geradestehen.
Beschlossen wurde zudem eine Anschubfinanzierung von zehn Millionen Euro für das „Sondertribunal für das Verbrechen der Aggression gegen die Ukraine“, das im Juni unter luxemburgischem Vorsitz im Europarat geschaffen wurde. Bislang wollten sich 25 EU-Staaten dem Sondertribunal als Partei anschließen, sagte die EU-Außenbeauftragte: „Putins Regime muss die Konsequenzen für diesen Krieg tragen.“
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