Esch will auch sein Stück vom Kuchen

Esch will auch sein Stück vom Kuchen

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Um neue Betriebe anzuziehen, wird die Stadt Esch den kommunalen Gewerbesteuersatz für das Jahr 2019 von 325 auf 275 Prozent senken. Das kommt bei der Opposition natürlich gar nicht gut an. Und auch sonst kam es in der Sitzung vom Freitag zu reichlich Diskussionen.

Es begann damit, dass die Oppositionparteien LSAP, „déi Lénk“ und der unabhängige Dan Codello beantragten, den Punkt über die kommunale Gewerbesteuer und mehrere Konventionen von der Tagesordnung zu streichen, weil sie die entsprechenden Dokumente erst ein oder zwei Tage vor der Sitzung zugestellt bekamen. Laut Gemeindegesetz müssten die Texte den Räten aber mindestens fünf Werktage vor der Sitzung einsehbar sein, betonte Rat Marc Baum („déi Lénk“).

Bürgermeister Georges Mischo (CSV) verwies darauf, dass dies in der Vergangenheit auch öfters nicht der Fall gewesen wäre, und schlug vor, dass die Tagesordnung bestehen bleibt. Das entsprechende Votum entschied die politische Mehrheit dann auch für sich. LSAP und „déi Lénk“ stimmten dagegen, Codello enthielt sich.

Mit dem gleichen Resultat endete die Abstimmung über die Senkung der kommunalen Gewerbesteuer. Um die RBC Dexia nach Belval zu locken, war diese Steuer bereits 2007 auf Vorschlag der damaligen LSAP-Bürgermeisterin Lydia Mutsch von 300 auf 275 Prozent reduziert worden. 2012 stellte man jedoch fest, dass diese Maßnahme wirkungslos geblieben war und hob den Satz diesmal auf 325 Prozent an.

Nun soll der kommunale Gewerbesteuersatz wieder auf 275 Prozent gesenkt werden. Die Escher DP hatte diese Maßnahme in ihr Wahlprogramm eingeschrieben. LSAP-Rätin Vera Spautz vermutete, dass die Senkung auf Druck der RBC und anderer Banken erfolge. Doch dem widersprach der Bürgermeister. Es gehe vorrangig darum, neue Betriebe nach Esch zu locken, meinte Mischo. Zurzeit zähle man 75 Unternehmen, die insgesamt 14,1 Millionen Euro an Gewerbesteuer zahlen. 40 davon alleine in Esch und 35 in Esch und noch in anderen Gemeinden, erklärte Mischo. Fünf Prozent der Firmen generierten 75 Prozent der Gewerbesteuereinnahmen. 35 Prozent des Gesamtbetrages gehen direkt in die Kasse der Stadt, die restlichen 65 Prozent fließen in einen gemeinsamen Topf, dessen Inhalt nach den in der Gemeindefinanzreform festgelegten Kriterien unter allen Gemeinden des Landes aufgeteilt werden.

Konkurrenz zur Stadt Luxemburg

Insbesondere auf den ehemaligen Industriebrachen wolle man neue Unternehmen anziehen, so Mischo. Diese sollen nicht nur neue Arbeitsplätze schaffen, sondern auch die Mittelschicht in Esch stärken und auf diese Weise die Kaufkraft erhöhen. Erste Auswirkungen der Steuersenkung würden jedoch erst in einigen Jahren zu erkennen sein, sagte der Bürgermeister voraus.

Die Opposition vermisse jedoch eine tiefgreifende Analyse über die möglichen Folgen dieser Maßnahme, wie Rätin Taina Bofferding (LSAP) darlegte. Zudem sei der Schritt unsolidarisch, weil er nicht mit den Nachbargemeinden abgesprochen sei. Auch Rat Marc Baum beschuldigte den Schöffenrat, die Steuerkonkurrenz zwischen den Gemeinden anzufeuern und Fiskaldumping zu betreiben, um Banken anzuziehen. Bofferding wies zudem darauf hin, dass die meisten Südgemeinden wie Düdelingen, Differdingen, Petingen, Rümelingen und Schifflingen mit 350 Prozent bereits jetzt einen höheren Gewerbesteuersatz als Esch haben. Von einem Wettbewerbsnachteil könne daher nicht die Rede sein.

DP-Schöffe Pim Knaff entgegnete darauf, dass Esch sich als zweitgrößte Stadt des Landes nicht mit den Nachbargemeinden, sondern mit der Hauptstadt messen müsse, die im Jahr 2006 mit 225 Prozent den niedrigst möglichen Gewerbesteuersatz eingeführt hat. Die jährlichen Verluste von jährlich 700.000 bis 900.000 Euro, mit denen man in den Anfangsjahren rechnen müsse, wolle die Stadt Esch mit den zusätzlichen Einnahmen wettmachen, die ihr durch die Gemeindefinanzreform zukommen. Zurzeit wird mit Mehreinnahmen von vier Millionen Euro pro Jahr gerechnet.

Japanische Tech-Firma will nach Esch

Doch wenn man dem neuen Schöffenrat Glauben schenken darf, könnten die Gewinne durch neue Unternehmen schon bald überwiegen. Viel konnte noch nicht verraten werden, doch der Bürgermeister kündigte an, dass auf Belval bald ein Projekt „Foster“ mit 18.000 Quadratmeter Bürofläche entstehen werde, ein Teil des roten RBC-Gebäudes noch frei sei und ein japanisches Technologieunternehmen bereits Interesse an Esch gezeigt habe. Darüber hinaus setzt der Schöffenrat vor allem auf die Industriebrachen „Terre-Rouge“ und Esch-Schifflingen, wo noch viel Platz für große Konzerne vorhanden sei. CSV-Rat Bruno Cavaleiro wies noch darauf hin, dass nicht nur große Unternehmen, sondern auch Firmen mit wenigen Angestellten, beispielsweise aus dem Fintech-Bereich, sich im Escher Zentrum niederlassen könnten. Denn die Gewerbesteuer werde nicht auf die Zahl der Mitarbeiter, sondern auf hohe Gewinne berechnet.

Aufschlussreich war noch der Redebeitrag von Mehrheitsrat Luc Majerus („déi gréng“). Er erklärte, dass Bank- und Betriebsgeheimnisse die Durchführung von Studien verhindern würden, sodass Vorhersagen reine Spekulation seien. Ein einstimmiges Votum wäre ein Signal an die Unternehmen, dass der Gewerbesteuersatz nicht nach einem möglichen politischen Wechsel in einigen Jahren wieder angehoben werde, meinte Majerus.


Ausbau der Bruch-Schule

Die Bruch-Schule wird in den nächsten Jahren für 28,3 Millionen Euro renoviert und ausgebaut, wie Schöffe Martin Kox („déi gréng“) am Freitag ankündigte. Im Juni 2019 soll mit dem Abriss der alten Sporthalle begonnen werden, die durch eine neue ersetzt wird. Die neue Halle soll, wie in der „Dellhéicht“-Schule, teilweise unterirdisch liegen und in den oberen Etagen zusätzliche Klassenräume beherbergen. Ein weiterer Neubau auf dem Gelände soll eine Bibliothek, Gruppen-, Spiel- und weitere Klassenräume beinhalten. Auch eine „Maison relais“ soll dort gebaut werden. Trotz der zusätzlichen Säle wird die Anzahl der Schüler nicht erhöht. Die Schule wird lediglich an die neuen pädagogischen Anforderungen angepasst. 24 Monate soll der Um- und Ausbau insgesamt dauern. Der Schulbetrieb soll dadurch nicht unterbrochen werden.


Zur Zukunft von Esch 2022

Aus Aktualitätsgründen hatte „déi Lénk“ eine Diskussion über Esch 2022 auf die Tagesordnung setzen lassen. Rat Marc Baum bedauerte die parteipolitische Vereinnahmung, der die Europäische Kulturhauptstadt seit der Vergabe des Labels im November 2017 zum Opfer gefallen sei. Der Inhalt des Bid Book werde seitdem infrage gestellt. Die personellen Änderungen im Bereich der Koordination seien nur ein Ausdruck dieser Infragestellung. Nachdem die Verträge von Janina Strötgen und Andreas Wagner nicht verlängert wurden, herrsche nun eine Leere, die mit Gerüchten um die Nachfolge der beiden Koordinatoren gefüllt werde. Für den Posten des neuen Generaldirektors hatten woxx und Tageblatt in dieser Woche die Casino-Geschäftsführerin Nancy Braun ins Spiel gebracht, was vom Escher Bürgermeister dementiert wurde. Der Feierkrop berichtete am Freitag, dass der Regisseur und ehemalige Intendant der Ruhrfestspiele Recklinghausen, Frank Hoffmann, die Stelle bekommen soll. Georges Mischo betonte, dass der neue Generaldirektor keine Parteikarte haben werde. Auf Nachfrage von Vera Spautz erklärte er, dass man nun zu dem Projektausschreibungsmodus von 2007 zurückgekehrt sei und dass alle beteiligten Gemeinden mit dem neuen Finanzierungsmodell zufrieden seien. Demzufolge übernehme die „Esch 2022 asbl.“ die Hälfte der Kosten für ein Projekt, die andere Hälfte zahle die Gemeinde oder der Verein, die das Projekt einreichen.


Hariko

Im Rahmen der Konvention mit dem Hariko-Projekt der „Croix-Rouge“, das in Kürze von Bonneweg nach Esch ziehen soll, bemängelten die LSAP-Rätinnen Vera Spautz und Taina Bofferding sowie Rat Marc Baum („déi Lénk“), dass lediglich der „Service de la culture“ und nicht der „Service de la jeunesse“ mit der Verwaltung des Projekts befasst wurde. Dabei sei das Hariko nicht nur ein kulturelles, sondern vor allem ein soziales und integratives Projekt, das viel mit jugendlichen Flüchtlingen arbeite.

Kulturschöffe Pim Knaff antwortete, dass der „Service de la culture“ im Rahmen der Escher Kulturstrategie beim Hariko natürlich mit den anderen Diensten zusammenarbeiten werde.