EditorialEs tut ein bisschen weh – der Ruf nach einer Impfpflicht stellt auch die Versäumnisse der Politik bloß

Editorial / Es tut ein bisschen weh – der Ruf nach einer Impfpflicht stellt auch die Versäumnisse der Politik bloß
Paulette Lenert und Xavier Bettel werden wohl zur „letzten Patrone“ greifen – die Frage nach der Impfpflicht scheint eher eine des Wie als eine des Ob zu sein Foto: Editpress/Julien Garroy

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Luxemburg diskutiert über die Impfpflicht. Inzwischen scheint es mehr um das Wie als um das Ob zu gehen. Am Donnerstag hatte das Staatsministerium 28 Seiten Impfpflicht-Kopfzerbrechen zusammengestellt, um die Parlamentarier auf die Debatte in der Chamber vorzubereiten. Das Dokument fasst jene Fragen zusammen, wie sich eine Impfpflicht darstellen könnte: Wer, wann, wie, wie oft, wie lang und mit welchen Impfstoffen geimpft werden soll – und ob und welche Strafen möglich sind für jene, die es trotzdem nicht tun. Am Freitag haben medizinische Experten der Regierung ihren Avis mitgeteilt. Sie sprechen sich, wenig überraschend, dafür aus und raten zu einer auf zwei Jahren befristeten Impfpflicht für alle ab 50 Jahren, das ganze Gesundheits- und Pflegepersonal und alle anderen mit Kontakt zu vulnerablen Menschen, zum Beispiel die Reinigungskräfte.

In Zeiten hochgradiger Verwirrung tut jede Klarheit not. Auch deswegen gehört die Diskussion endlich auf den Tisch. Dass sie schwierig wird, ist ein weiterer Grund, sie anzugehen. Dafür ist die Politik da. Sie darf sich nicht davor drücken.

Die politische Kunst wird sein, eine eventuelle Impfpflicht nicht als Strafmaßnahme, sondern als Hilfsangebot zu begreifen und zu kommunizieren. Wer sich die Impfpflicht als Bestrafung für Impfgegner und Skeptiker herbeisehnt, trägt nichts zur Diskussion bei. Die Gräben in der Gesellschaft sind tief genug. Die mehr als 100.000 ungeimpften Erwachsenen sind nicht alle in einen Topf zu werfen mit den Krawallmachern auf Demos oder den Social-Media-Schwurblern. Sie wählen auch nicht alle rechts. Wenigstens halbwegs sollten wir uns auch nach der Seuche noch vertragen. Jetzt zu differenzieren, wird dabei helfen.

Schaffen wir das? Mit einer Impfpflicht? Machbar ist es. Auch die Nichteinhaltung der Wahlpflicht bleibt unsanktioniert, das könnte ein Modell sein. Hundert Prozent Geimpfte sind auch mit einer Impfpflicht nicht zu erreichen, das muss und wird eine Gesellschaft aushalten. Würden doch Strafen beschlossen, ginge das nur über eine Staffelung nach Gehalt. Wenn die einen sich von einer Pflicht freikaufen können, andere aber nicht, ist das hochgradig ungerecht.

Was ist wichtig vor der Diskussion? Vor allem sollte die Einzigartigkeit der Situation erkannt werden. Wir stecken in der größten Pandemie seit 100 Jahren. Vergleiche mit anderen Impfpflichten erübrigen sich. Bleiben wir bei der Sache, dem Coronavirus.

Was braucht es vor der Diskussion in der Chamber? In der Frage der Impfpflicht sollte möglichst offen diskutiert und frei abgestimmt werden. Der Fraktionszwang und damit der Koalitionszwang stehen dem im Weg. Also weg damit.

Was stört vor der Diskussion? Für einen eingreifenden Schritt wie die Impfpflicht fehlt es nicht an martialischen Vergleichen. Oft heißt es, sie sei die letzte Patrone, davor müsse alles andere versucht werden. Ist das in Luxemburg der Fall? Leider nein. Es war beileibe nicht alles schlecht, was die Regierung in der Pandemiebekämpfung getan hat. Doch die Zeit der Geistesblitze wie das Large Scale Testing liegt einige Virusvarianten zurück. Je weiter wir das griechische Alphabet lernen, desto schwächer wird die Corona-Politik. Inzwischen sind die Testkapazitäten ein Hohn, das stundenlange Anstehen für einen PCR-Test ist untragbar. Die Omikron-Welle legt die Schwächen der Teststrategie schonungslos offen. Die Maskenpflicht war im Vergleich zu vielen anderen EU-Staaten konsequent, genauso konsequent wurde aber auf die wesentlich sichereren FFP-Masken verzichtet. Einige Minister und Abgeordnete laufen auch jetzt noch mit Masken vom Modell „String Tanga“ herum.

So unangenehm die Entscheidung auch ist – mit einer Impfpflicht würde man sich ein Werkzeug schaffen für den Fall, dass Omikron doch nicht die letzte Variante ist. Nichts spricht dagegen, sich ein solches Werkzeug vorzubereiten. Sollte man es dann nicht brauchen – umso besser. Dessen ungeachtet wird eine Impfpflicht, sollte sie kommen, auch für die Versäumnisse der Koalition in der Pandemiebekämpfung stehen. Da muss diese jetzt durch. Auch wenn es ein bisschen wehtut.

Tarchamps
20. Januar 2022 - 10.53

@Nudel "Nein, ich bin kein Schwurbler." Wir erlauben uns trotzdem, das zu bezweifeln. " Aber eine Impfpflicht? Ich traue echt meine Augen nicht wenn ich so etwas von gelehrten Menschen lese." Wir hatten 100 Jahre lang Impfpflicht gegen Pocken und ein paar Dekaden gegen Polio, mit derselben Verfassung. Sogar die Leute die an sprechende Schlangen glauben waren dafür. Schwurbler wie Sie sind zu jung um sich daran zu erinnern. PS. Ich wurde sogar gegen Tuberkulose zwangsgeimpft ehe ich beim Staat arbeiten durfte.

rom
18. Januar 2022 - 8.24

Bis zum Boostern alles mitgemacht, eine vierte, meine Bereitschaft zu einer 4. und xte Impfung haelt sich in Grenzen, respektiv wird es nicht geben. Es ist genug. 'Pandemien' koennen auch ein 'soziales Ende' haben, wenn die Bevoelkerung genug hat. Davon abgesehen gibt die regierung kein gutes Bild mehr ab. Von einer Demokraite und bevoelkerung schuetzen entfernen wir uns mit jdem Covid gesetz weiter. nein danke

Arm
17. Januar 2022 - 21.39

Alles heisse Luft auch Östreich mit 3600€ strafe für nicht Geimpfte der nicht zahlt hat keine weiteren Stafen zu befürchten also alles Augenwischerei genau so in den anderen Länder alles nur bla bla

Nudel
17. Januar 2022 - 19.42

Okay. Dann soll aber eine Schachtel Zigaretten auch 500 € kosten. Raucher gefärden seit Jahrzehnten die eigene Gesundheit, die Gesundheit anderen, darunter ungeborene Kinder, die Umwelt, und verursacht über längere Zeit so viele Krankheiten, dass weniger Krankenhausbetten nötig wären, gäbe es keine Raucher. Ähnliches gilt übrigens Fett. Und Autos, die über 30 fahren. Sieht denn keiner, wie wenig Sinn, diese unverhältnismässige Koronapanik macht? Nein, ich bin kein Schwurbler. Aber eine Impfpflicht? Ich traue echt meine Augen nicht wenn ich so etwas von gelehrten Menschen lese.

EgalWaat
17. Januar 2022 - 15.19

Die Regierungsarbeit tut nicht nur ein bisschen weh, sie ist absolut inakzeptabel und da ist die Art und Weise mit der die Regierung die Covid-Krise managed boch fast ihr Aushängeschild... Alles andere wird einfach liegen gelassen oder unter den Teppich gekehrt....

DanV
16. Januar 2022 - 23.13

@ Heng Gut gebrüllt, Löwe! LOL Bin gerade geboostert worden. Da müssten Sie noch ein bisschen warten ... Aber trotzdem gern geschehen ;-).

Heng
16. Januar 2022 - 17.26

@DanV "Ich bin Ihrer Meinung. Eine vierte Impfung mit den aktuellen Impfstoffen wirds bei mir auch nicht geben. Es ist genug! " Wir freuen uns auf Ihren in Zukunft freien Platz im Restaurant, der Oper, de, Theater, Kino, Sportstätte und und. Sie waren uns seit längerem ein Dorn im Auge. Vielen Dank im Voraus.

Monique
16. Januar 2022 - 17.23

@Nomi "Haalen mer dach ob d’Gesellschaft nach mei‘ ze splecken ! Eng Regierung soll d’Gesellschaft zesummen haalen, mee mat enger Stemm Majoritei’t ass daat schwei’er meiglech !" LOL, si maachen dat scho Jorelaang, ouni dee geréngste Problem. "Wann eis Politik et net aanescht hin kritt, muss se demissionei’eren an deenen aaneren eng Chance ze ginn !" Et gi keng Aner méi, déi si fort fir ëmmer.

DanV
16. Januar 2022 - 13.15

@ Wieder Mann Ich bin Ihrer Meinung. Eine vierte Impfung mit den aktuellen Impfstoffen wirds bei mir auch nicht geben. Es ist genug! Höchstens in einem Jahr, wie die normale Grippeimpfung.

Patridiot
15. Januar 2022 - 22.27

Bonjour Impfpass. Adieu Demokratie !

Danielle
15. Januar 2022 - 17.08

Die allerbeste Aussage war die von Herrn Meisch: "An de Schoule stecht een sech net un", gekoppelt mit der Lieferung von "Buffs". Das hatte wirklich dem Fass den Boden ausgeschlagen.. Ja vieles war gut. Aber vieles war auch schlecht: Zum Beispiel hatten die Sportsfederationen die Schnelltests vor den Altersheimen. Naja keine Glanzleistung von Frau Cahen. Oder Luftfilter in den Schulen hätten vielleicht doch geholfen oder zumindest das Infektionsgeschehen gedrückt. Im europäischen Vergleich ist die Impfquote sehr schlecht. Seit Anfang Januar haben wir die Kontrolle ganz verloren. 3G am Arbeitsplatz hätte auch frührer kommen können und wir ständen jetzt anders da.

Nomi
15. Januar 2022 - 15.58

Haalen mer dach ob d'Gesellschaft nach mei' ze splecken ! Eng Regierung soll d'Gesellschaft zesummen haalen, mee mat enger Stemm Majoritei't ass daat schwei'er meiglech ! Wann eis Politik et net aanescht hin kritt, muss se demissionei'eren an deenen aaneren eng Chance ze ginn !

Zeehl
15. Januar 2022 - 15.22

"Die politische Kunst wird sein, eine eventuelle Impfpflicht nicht als Strafmaßnahme," Die Impfpflicht ist ja gratis, nur das Nichtimpfen kostet dann eben mindestens 500€ Strafe im Monat, Ungeimpfte dürfen natürlich nicht arbeiten, das ist ja klar.

Roberto
15. Januar 2022 - 14.06

Wie werden die Strafen ausfallen? Im Ausland geht's ja von 100€ im Monat bis zu 7900€ einige Male. I plädiere für 1000€ Strafe im Monat, schließlich sind wir ja angeblich das reichste Land der Welt.

Wieder Mann
15. Januar 2022 - 12.14

In Ehren Herr Back, ich bin Befürworter der Impfung, geimpft und geboostert, aber diese Spaltung einer Gesellschaft in Junge und Alte, der garantierten Gleichheit aller Bürger in der Verfassung , dem Artikel 21 der EU , nehme ich nicht hin. Ich fühle mich als älterer Bürger unter wissenschaftliche , politische Vormundschaft gestellt. Unter solch diskriminierenden Zwängen , einer Demokratie nicht würdigen Ungleichheit ,werde ich mich egal der materiellen, gesellschaftlichen,gesundheitlichen Konsequenzen einer weiteren Impfung verweigern.