„Es sind Menschen, keine Kriminellen“

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Im Prozess gegen die „Nigeria Connection“ sind es nicht weniger als 20 Männer und eine Frau nigerianischer Herkunft, die im großen Stil mit Drogen gehandelt haben sollen. Die Fakten gehen auf das Jahr 2015 zurück. Im Oktober damals hatte die Polizei bei einer Razzia in Wasserbillig den Drogenring zerschlagen. Falls ihnen auch in zweiter Instanz nachgewiesen werden kann, dass sie eine organisierte Bande waren, drohen ihnen bis zu 20 Jahre Haft.

Ihr Hauptquartier soll sich in Wasserbillig befunden haben. Hier sollen sie die Drogen verpackt haben, um sie anschließend an den Mann zu bringen. Unter anderem die Nice-Bar in der rue de Strasbourg im hauptstädtischen Bahnhofsviertel soll eine Anlaufstelle der Dealer gewesen sein. Die mitbeschuldigte Frau soll als damals als Geschäftsführerin im Haus fungiert haben. Einer der beiden Hauptangeklagten soll der Eigentümer des Hauses gewesen sein. Um dort leben zu können, mussten 20 Euro pro Tag gezahlt werden.

„Wir kennen die beiden nicht“

Die meisten Beschuldigten gaben zu, Drogen in Luxemburg verkauft zu haben. Sie entlasteten allerdings die beiden Hauptangeklagten. „Wir kennen die beiden nicht“, so die Aussagen vor den Berufungsrichtern. Die Ermittlungen ergaben aber, dass die meisten von den Angeklagten Telefonkontakt mit den Hauptmännern hatten.

Die einzelnen Männer erklärten, dass die gefundenen Mobiltelefone nicht ihnen gehörten. Auch auf die Frage, wie die Zustände in dem Haus in Wasserbillig waren, konnte niemand eine Antwort geben. „Ich habe nur einige Nächte dort übernachtet. Es war die billigste Übernachtungsmöglichkeit, die ich damals gefunden hatte“, so die Aussagen. Als Beobachter des Prozesses hat man den Eindruck, dass alle Angeklagten dichthalten und die zwei Hauptmänner entlasten wollen. „Ich kenne sowohl den einen als auch den anderen, weiß aber nicht, was beide gearbeitet haben. Drogen habe ich aber nicht von ihnen erhalten“, so alle Aussagen der Männer.

Viel zu hohe Strafen

Bei zahlreichen Beschuldigten wurden ebenfalls große Mengen an Bargeld anlässlich der Razzia Ende Oktober gefunden. Einige von ihnen erklärten immer wieder, sie hätten im Lotto gewonnen. Andere gaben an, dies sei ihr eigenes privates Geld gewesen. Was den Drogenverkauf anbelangt, betonten die Beschuldigten, dass dies nur einzelne Male der Fall war und nicht in regelmäßigen Abständen.

Die Verteidiger der „kleinen“ Drogendealer erklärten, dass die Strafen aus erster Instanz viel zu hoch seien. Me Sam Ries von einem der Dealer betonte, dass man eindeutig den Unterschied zwischen den Köpfen der Bande und den einzelnen Weiterverkäufern machen muss. „Auch wenn mein Mandant unter verschiedenen Identitäten und Namen aktiv war und sehr wohl Drogen verkauft hat, darf man nicht vergessen, dass er eine Frau und Kinder hat. Er ist ein Mensch und kein Krimineller“, so Me Ries.

Alles nur für die Familie

Auch Maximilien Lehnen plädierte, dass die „kleinen“ Dealer viel zu streng bestraft wurden. „Mein Mandant war sich nicht bewusst, dass ein ausgeklügeltes System hinter dem Drogenring steckte. Deswegen darf er nicht wegen der Teilnahme an der organisierten Bande verurteilt werden. Er hat nur Drogen verkauft, um das Geld an seine Familie zu schicken“, so der Verteidiger.

Der Rechtsanwalt der Frau, Me Nour Hellal, betonte, dass seine Klientin nichts von dem Drogenhandel wusste. Deswegen dürfe sie nicht als Teil der organisierten Bande verurteilt werden. Am Mittwoch wird der Prozess fortgesetzt.

Jeannosch
8. November 2017 - 10.11

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