LuftfahrtErster Streik der Unternehmensgeschichte: Cargolux-CEO Richard Forson bezieht Stellung 

Luftfahrt / Erster Streik der Unternehmensgeschichte: Cargolux-CEO Richard Forson bezieht Stellung 
Werden wohl vorerst nicht mehr abheben: die Frachtflieger der Cargolux Symbolbild: Editpress/Tania Feller

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Die Gewerkschaften OGBL und LCGB rufen bei der Belegschaft von Cargolux ab Donnerstagmorgen zum Streik auf. Grund sind die gescheiterten Kollektivvertragsverhandlungen. CEO Richard Forson hat am Mittwochmorgen Stellung bezogen – und einige Aussagen der Gewerkschaften relativiert.

Dem Luxemburger Luftfrachtriesen Cargolux stehen turbulente Zeiten bevor. Am Mittwochmorgen wurde bekannt, dass die Gewerkschaften OGBL und LCGB bereits ab Donnerstag zum Streik aufrufen. „Ich bin der Ansicht, dass Kollektivvertragsverhandlungen nicht in der Öffentlichkeit geführt werden sollen“, sagte Cargolux-CEO Richard Forson am Mittwoch auf einer Pressekonferenz zu den gescheiterten Kollektivvertragsverhandlungen mit der Delegation. „Jedoch werden von Gewerkschaftsseite vier Argumente ins Feld geführt, die faktisch falsch sind.“

In der zweiten Julihälfte hatte eine große Mehrheit der Mitglieder von LCGB und OGBL den letzten Vorschlag von Cargolux formell abgelehnt. „Nach 27 Verhandlungssitzungen und fünf Sitzungen bei der Nationalen Schlichtungsstelle konnte bei der letzten Sitzung am 31. August keine Einigung erzielt werden“, teilten die Gewerkschaften in einem Presseschreiben mit. Zudem sei die gesetzliche Frist von 16 Wochen für das Schlichtungsverfahren am 14. Juli abgelaufen – OGBL und LCGB erklärten somit am 8. September die „Nicht-Schlichtung“.

Michelle Cloos, Zentralsekretärin des OGBL-Syndikats Zivile Luftfahrt, erklärte am Mittwochvormittag im Gespräch mit dem Tageblatt: „Wir haben mehr als anderthalb Jahre lang verhandelt und hatten uns auch von den Sitzungen mit dem Nationalen Schlichtungsamt erhofft, eine Lösung zu finden, doch das war einfach nicht möglich.“ Man habe sich zwar bei einigen Punkten einigen können, doch die wichtigsten vier Hauptpunkte seien das Problem gewesen. Dabei ging es laut Cloos vor allem darum, wie sich die Gehälter in den kommenden Jahren entwickeln und beispielsweise um das Arbeiten von zu Hause aus.

Mobilitätsminister François Bausch („déi gréng“) hat auf Anfrage des Tageblatt abgelehnt, zu der Causa Stellung zu beziehen.

Gegensätzliche Ansichten

Die Cargolux hingegen sieht sich von Gewerkschaftsseite hintergangen. Angefangen bei der Behauptung, dass die Cargolux-Beschäftigten nicht genügend von den erzielten Profitrekorden während der Pandemie profitiert hätten. Demnach existiere ein im Rahmen des nun abgelaufenen Kollektivvertrages eingeführtes Profit-Sharing-System. Mitarbeiter, die einen Kollektivvertrag unterzeichnet haben, hätten demnach einen nicht unwesentlichen Geldbetrag des Cargolux-Profits erhalten. „2020 betrug dieser Bonus 37.502 Euro, der jedem Mitarbeiter im Rahmen des Kollektivvertrages ausbezahlt wurde“, sagte Forson. In den Rekordjahren 2021 und 2022 seien jedem Mitarbeiter Boni in Höhe von 75.946 beziehungsweise 85.296 Euro ausbezahlt worden. „Das ist für viele mehr als ihr jeweiliges Jahresgehalt gewesen“, so Forson. „Die für die Summen nötigen Sozialbeträge hat die Cargolux ebenfalls übernommen.“ Die Gewinnbeteiligungsklausel wurde während der Krisenjahre der Cargolux in den 90er Jahren eingeführt. Ein Zugeständnis an die Gewerkschaften, als Gewinne, wie sie knapp 30 Jahre später erzielt wurden, als quasi unmöglich galten.

Während der Pandemiejahre konnte die Cargolux Reserven in Höhe von zwei Milliarden Euro anlegen, die aber aufgrund der Flottenerneuerung und des nach den Rekordjahren erfolgten Abschwungs in die Resilienz des Unternehmens investiert werden sollen. „Wir erwarten keine weiteren Rekordgewinne wie noch während der Pandemie-Jahre“, sagte Forson. Eher würden sich die wirtschaftlichen Gewinne wieder auf Vor-Corona-Niveau einpendeln. 2019 waren das laut Forson 47 Millionen Euro. Die Profit-Share-Klausel im Kollektivvertrag wird ab einem Gewinn von 30 Millionen Euro ausgelöst.

Einbruch in der internationalen Luftfracht

Wie CEO Richard Forson während der Pressekonferenz am Mittwochmorgen erklärte, habe Cargolux seine Preise seit der Pandemie um etwa die Hälfte senken müssen. „Seitdem die Passagierflugzeuge wieder fliegen, sind weitaus mehr Frachtkapazitäten vorhanden“, so Forson. Denn: Passagierflugzeuge haben ebenfalls Frachtkapazitäten, die nun wieder auf dem Weltmarkt verfügbar und genutzt werden würden.

Gescheitert seien die Kollektivvertragsverhandlungen jedoch nicht aufgrund der Profit-Share-Klausel, die auch im neuen Kollektivvertrag erhalten geblieben sei. Ganz konkret legten die Verhandlungen an vier Punkten eine Bruchlandung hin: an der Höhe der Gehaltserhöhungen, an einer neuen Gehältertabelle fürs Bodenpersonal, an der Absicherung der Indexierung und an der Homeoffice-Regelung.

Bei den Gehaltsforderungen scheinen beide Parteien keine Welten auseinanderzuliegen. Die Gewerkschaften behaupten, dass Cargolux lediglich einer vierprozentigen Gehaltserhöhung zugestimmt haben soll – die Frachtgesellschaft erklärt jedoch, einer fünfprozentigen Gehaltserhöhung pro Jahr über den Zeitraum von fünf Jahren zugestimmt zu haben und lediglich die Forderung der Gewerkschaft, sechs Prozent über vier Jahre auszuzahlen, abgelehnt habe. Auch sei Cargolux bereit gewesen, einen Inflationsschutz vertraglich zu sichern, falls eine künftige Regierung das Indexsystem abschaffen wolle – vorausgesetzt, man habe noch genügend Reserven von 200 Millionen US-Dollar, um das operative Geschäft abzusichern. Die Gewerkschaften fordern, dass dieser Inflationsschutz zu jederzeit ausgezahlt werden soll – während die Frachtfluggesellschaft darauf besteht, dass bei dem Verschieben oder dem Aufheben einer eigentlich fälligen Indextranche, sich nach der gesetzlichen Lage zu richten und den betriebsinternen Inflationsschutz dann ebenfalls zu verschieben oder aufzuheben.

Der eigentliche Knackpunkt aber scheint bei den Verhandlungen für die Gehältertabelle für das Bodenpersonal aufgekommen zu sein. Während der OGBL eine neue Tabelle aushandeln wollte, wie das während der vorhergegangenen Tarifverhandlungen abgemacht war, meinte das Cargolux-Management, dass die von den Gewerkschaften vorgelegte Gehältertabelle eine Verschlechterung für einen Teil des Personals bedeutet hätte. Es wäre demnach nur das technische Personal und nicht das komplette Bodenpersonal, das laut Interpretation der Cargolux von der vorgelegten Gehältertabelle hätte profitieren können. „Es hätte eine Verschlechterung für 24 Prozent des Personals bedeutet“, so Forson. Stattdessen habe Cargolux einen Gegenvorschlag vorgelegt, der darin bestanden hätte, jedem, der seit 2015 eine Beförderung erhalten habe, ein zusätzliches Dienstalter anzurechnen, was mit einer Lohnsteigerung einhergeht. „Unsere Personalabteilung sollte in dem Punkt mit den Gewerkschaften verhandeln, als uns der Streikaufruf ereilte“, sagte Forson. „Ob diese Verhandlungen ,in good faith‘ geführt wurden, muss somit jeder für sich beantworten.“

Abschließend sei es bei der Ausarbeitung einer Homeoffice-Regelung bereits zu einer Einigung zwischen der Personalabteilung und der Personaldelegation gekommen – ehe diese von Gewerkschaftsseite wieder aufgekündigt worden sei. „Das zeigt, dass die Personaldelegation diese Verhandlungen ohne das dafür nötige Mandat geführt hat“, sagte Forson. Das Unternehmen aber müsse sich die Möglichkeit vorbehalten, Personal ins Büro zu rufen, falls die Lage es erfordere. „Niemand hat die Absicht, morgen wieder das gesamte Personal einzubestellen.“ Weltweit würde Cargolux bereits in den Genuss von zwei Homeoffice-Tagen kommen, sagt Forson. „Wir wären sogar bereit gewesen, abfedernde Maßnahmen einzuführen, falls wir wieder einige Mitarbeiter einbestellen hätten wollen.“

Für Cargolux bedeuten die anstehenden Streiks laut Forson einen „Image-Schaden bei unseren Klienten, der sicherlich eine Auswirkung auf unsere Geschäftsbeziehungen haben wird“. Demnach müsse das Unternehmen nun auch mit wirtschaftlichen Einbußen rechnen. Trotz Streik wolle Cargolux jedoch nicht nur die legalen Mindestbezüge auszahlen, wie es das Gesetz vorsehe, sondern werde die Arbeiter weiterhin nach dem nun abgelaufenen Kollektivvertrag bezahlen. 

Blick auf die wirtschaftliche Situation der Cargolux

Wie ein Wunschtraum waren die finanziellen Ergebnisse der letzten Jahre für Cargolux. Im Jahr 2022 konnte die Luxemburger Luftfrachtgesellschaft einen historischen Rekordgewinn von sage und schreibe 1,6 Milliarden Dollar verbuchen. Das, nachdem sie schon in den beiden Jahren zuvor historische Rekordgewinne verzeichnet hatte. 2022 stieg der Umsatz um satte 14,7 Prozent auf 5,1 Milliarden US-Dollar.
Hintergrund der starken Entwicklung in den drei letzten Jahren war die Corona-Pandemie und ihre Auswirkungen. Mit den Schwierigkeiten in den globalen Lieferketten waren die Leistungen der Gesellschaft gesucht und gefragt. Wegen Kapazitätsengpässen in der Seefracht und einer geschrumpften Verfügbarkeit von Frachtraum in regulären Passagierflugzeugen (weniger Flüge wegen Corona) war die Nachfrage nach Luftfrachtdiensten überdurchschnittlich hoch.
Zum Vergleich: Vor Corona, 2019, belief sich der Jahresumsatz auf 2,6 Milliarden Dollar. Der Jahresgewinn summierte sich auf gerade 20,1 Millionen Dollar. Das bis dahin beste Ergebnis der Cargolux war im Jahr 2018 erwirtschaftet worden, ein Gewinn von 211 Millionen Dollar.
Doch Luftfracht ist ein schwankungsanfälliges Geschäft. In der zweiten Jahreshälfte 2022 sei „der Markt wieder zurück zur Normalität“ gegangen, so Geschäftsführer Richard Forson bei der Vorstellung der Jahreszahlen. Mittlerweile liege das Angebot an Luftfracht wieder über der Nachfrage. Für 2023 rechnet er trotzdem mit einem „vernünftigen“ Gewinn.
Die Zahl der Mitarbeiter lag Ende 2022 weltweit bei 2.539 – davon arbeiteten 1.888 in Luxemburg.
Wichtigste Anteilseigner der Cargolux sind die Fluggesellschaft Luxair (35,10 Prozent), die chinesische HNCA (35 Prozent), die BCEE (10,9 Prozent), die staatliche Entwicklungsbank SNCI (10,67 Prozent) sowie der luxemburgische Staat (8,32 Prozent). (cm)

No name
16. September 2023 - 10.09

@Brumert / Vill méi ewéi bei der Luxair !

plop
16. September 2023 - 9.48

Dann werden mir an Zukunft manner Flijeren um Letzeburger Himmel gesin wann Cargolux en zwouch aanescht hier Basis opmecht.Vill Leit verleiere hir Aarbecht.Vleicht kommen se dann erem zereck an d'Realiteit.An bei der Luxair steht Belegschaft schon an de Startlächer fir ze streiken.

plop
16. September 2023 - 8.56

Gutt dass jiddereen esou eng prime kritt huet. Dei get elo gebraucht wann Cargolux-Direktioun deceideiert ofzebauen an Letzebuerg ze verloossen. Vill Leit verleieren hier Aarbecht. Eis Gewerkschaften sin eng farce !

Brumert
15. September 2023 - 11.26

Mech gêif e mol interesséieren wat déi Personal dann am Joer 2021 an 2022 de Mount verdéngt hunn, vum kléngsten Arbéchter bis zum Direkter?

jean-pierre.goelff
15. September 2023 - 9.25

....und auf einmal wird die heissgeliebte Cargolux ausgelagert,dort wo es auch diese Nachtflug-Mecker-Heinis nicht gibt!Youppiiiii!

CPT Björn
14. September 2023 - 17.50

200.000 Euros zusätzlich zu dem dreijährlichen Lohn (von je 13 Monaten) für jeden. Das sind hohe Managergehälter von denen Arbeiter und Beamten nur träumen können. Alle die an dem Streik teilnehmen zusammen mit den Gewerkschaften sollen sich in Grund und Boden schämen. Sie sind im Begriff des Ast abzusägen auf dem sie hocken.