80 Jahre nach der deutschen Invasion LuxemburgsErinnerungen an Ed Maroldts Theaterstück „D’Preise sin do!“

80 Jahre nach der deutschen Invasion Luxemburgs / Erinnerungen an Ed Maroldts Theaterstück „D’Preise sin do!“
Kriegsvertriebene mit Handwagen: (v.l.n.r.) Claudine Bimmermann, Michel Clees, Steve Karier, Remo Ceccarelli und Patrick Harsch Foto: Archiv Ed Maroldt

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Vor 40 Jahren wurde „D’Preise sin do!“ im „Escher Jongelycée“ uraufgeführt. Insgesamt 5.000 Zuschauer haben 1980 das Theaterstück von Ed Maroldt über die Zweite-Weltkriegs-Generation in mehreren Vorstellungen gesehen. Viele der damaligen Schauspieler haben sich später als Kulturschaffende einen Namen gemacht. Im Rahmen des 80. Jahrestages des Überfalls von Nazi-Deutschland auf Luxemburg erzählt Ed Maroldt aus seinem reichen Schatz an Erinnerungen über das Stück und über Parallelen zu heute.

Diese Mai-Tage des Jahres 2020 sind reich an historischen und für die Entwicklung Luxemburgs wichtigen Daten. Vor 75 Jahren, am 8. Mai, kapitulierte Deutschland bedingungslos. Am 9. Mai 1950 legte der französische Außenminister Robert Schuman mit seiner Rede über die „Gemeinschaft für Kohle und Stahl“ den Grundstein für die heutige Europäische Union. Und am 10 Mai 1980 kam es im „Escher Jongelycée“ (LGE) zur Uraufführung von Ed Maroldts Theaterstück „D’Preise sin do!“.

Bei der Premiere des Stückes liegt der historische Hintergrund 40 Jahre zurück. Heute sind es 80: Am Morgen des 10. Mai 1940 überqueren deutsche Soldaten Mosel, Sauer und Our und überfallen Luxemburg. Mit der Invasion war gerechnet worden, und wohl auch damit, dass man der Nazi-Kriegsmaschinerie nichts entgegenzusetzen hat. Da auch die von der anderen Seite anrückenden Franzosen nichts zur Verteidigung des Kleinstaates beitragen können, machen sich Hoffnungslosigkeit und Ohnmachtsgefühle unter der Bevölkerung breit.

Flucht nach Frankreich

Aufgrund des drohenden Konfliktes zwischen Deutschland und Frankreich fliehen ab dem 10. Mai fast 50.000 Menschen aus dem Süden des Landes, anfangs zu Fuß, später mit dem Zug, bis ins mittlere und südliche Frankreich. Unter ihnen auch die Familie Maroldt. Ed Maroldts Vorfahren.

Obwohl erst nach dem Krieg geboren, hat der frühere Deutschlehrer vor allem ein Bild im Kopf, wenn er an diese Flucht denkt. Er sieht Frauen und Männer, die Kinder und das nötigste Gepäck im Handwagen verstauen und gen Südwesten ziehen. „Wo sie damals freundlich empfangen wurden und wo bis heute die Freundschaften andauern.“

Dieses Bild hat er wohl auch vor Augen, als er 1980, pünktlich zu den Geschehnissen des 10. Mai, (s)ein Theaterstück über die Kriegsgeneration auf die Bühne des „Escher Jongelycée“ bringt. „Nicht das Kriegsleiden, nicht die Frontberichte, nicht die Epuration der Kollaborateure interessierten mich. Nein, das Selbstverständnis der Nation vor dem Überfall auf das neutrale Luxemburg wollte ich aufarbeiten“, sagt er und betont die Vorkriegsstimmung für das Stück. 

Gemeinsam mit Ad Deville (Bühnenbild), Gast Rollinger (Film/Ton) und einer Schauspielertruppe, die nur aus Gymnasiumsschülern besteht, sorgt er 1980 für Aufsehen. Rund 5.000 Menschen hätten das Stück insgesamt gesehen, erzählt Ed Maroldt. Auch in Trier wurde es aufgeführt. Theaterkritiker wie Fernand Weides (Tageblatt) und Fernand Hoffmann (Luxemburger Wort) sind voll des Lobes. Romain Hilgert, damals Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek, schreibt: „Die Arbeit, die darin steckt, ist mit jener der Schauspieler gleichzustellen, von denen manche kaum noch etwas mit Schülertheater zu tun haben.“

Die Wertschätzung dieser Arbeit damals, vor allem die positive Resonanz des Publikums scheint ihm heute noch zu gefallen. Beim Aussuchen der Fotos für diese Reportage fallen ihm hunderte Erinnerungen ein: „Die Angst, dass es im Festsaal der Schule zu einem Brand kommen könnte“  oder „Dass das Stück mit seinen kurzen Szenen den Beweis erbrachte, dass Theater mehr ausdrücken kann als lange historische Artikel“.

Es ist nicht leicht, diese Quelle schier überbordender Erinnerungsströme zu fassen. Denn irgendwann landet man mit Maroldt bei Römerfunden oder Merowingergräben im nahen französischen Thiel oder bei der rezenten Diskussion über die „Keeseminnen“ und somit mitten in der luxemburgischen Industriekultur, den Gastarbeitern aus Italien oder bei der heute aktuellen Frage über Flüchtlinge in Europa. Letztendlich gibt es immer einen roten Faden. Alles gehört irgendwie zusammen und eines ergibt sich aus dem anderen.

Ungewisse Zukunft

Dass Luxemburg über viele Kulturschaffende in Theater, Kino, Literatur oder Musik verfügt, ist übrigens auch eine Konsequenz der Theaterarbeit, die damals unter anderem im „Jongelycée“ geleistet wurde. Nachhaltig! Das Programmheft von 1980 zieren beispielsweise die Namen von Steve Karrier, Claudine Bimmermann, Rosario Grasso, Denise Gregoire, Paul Thilges, Christian Kmiotek, Michel Clees, Philippe Eschenauer oder Remo Ceccarelli.

Was hat das Stück heute, 80 Jahre nach der Invasion, für eine Bedeutung? Ed Maroldt rettet das Bild des von Flüchtlingen gezogenen Handwagens in unsere Zeit: „Ich versuche mich in die Haut von Syrern hineinzuversetzen oder allgemein von Menschen, die flüchten und ihr Heim aufgeben müssen, die zu Hause das Wasser absperren und nicht wissen, welcher Zukunft sie entgegengehen, wo sie ankommen und wie sie aufgenommen werden. Oder ein anderer Gedanke: Was wäre, wenn ein Reaktorunfall in Cattenom uns heute vertreiben würde?“

Ed Maroldt erinnert auch an die Schlussszene des Stückes „D’Preise sin do!“. Die Journalisten Batty Esch (Luxemburger Wort) und Frantz Clément (Tageblatt) schwören sich, im KZ sitzend, die politische Kultur in Luxemburg zu ändern, falls sie den Krieg überleben sollten: „Sie hoffen auf einen Neuanfang nach dem Krieg bei sich zu Hause. Es blieb beim utopischen Gedanken“, so Maroldt: „Heute, im Mai 2020, heißt es: Nach der Pandemie werden wir neue Wege einschlagen.“

Snoppi
10. Mai 2020 - 18.43

Joo , an haut sin Grenzen zou........ Eierlech gesoot kurjeneieren sie domatten hir eegen Leit am meeschten , dei bei eis Schaffen kommen. Net vergeessen och eis 2 aner Noperen. Aarmséilegdaat ganzt!!!!