Netzwerk aufgedecktEP-Abgeodnete verlangen Namen im Fall der neuerlichen russischen Einflussnahme

Netzwerk aufgedeckt / EP-Abgeodnete verlangen Namen im Fall der neuerlichen russischen Einflussnahme
Die französische Liberale Valérie Hayer will wissen, wer im Europäisjchen Parlament russisches Geld angenommen hat Foto: John Thys/AFP

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Die Aufregung war groß, als vor rund zwei Wochen bekannt wurde, dass der tschechische Geheimdienst mit dem Medienunternehmen „Voice of Europe“ ein russisches Netzwerk zur Einflussnahme auf die EU-Politik aufgedeckt habe. Am Mittwochabend debattierten die EU-Parlamentarier über den Fall und forderten Aufklärung.

Im Europäischen Parlament (EP) sind die russischen Versuche der Einflussnahme und von Moskau aus gesteuerte Desinformationskampagnen seit einigen Jahren ein Thema. Die EP-Abgeordneten haben dazu vor Jahren einen Sonderausschuss eingerichtet, der sich mit derartigen Machenschaften nicht nur aus Russland, sondern auch aus China und anderen Staaten befasst. Es dürfte die europäischen Volksvertreter demnach nicht überrascht haben, was sie in den vergangenen Wochen aus Prag erfuhren. Besorgt sind sie jedoch allemal, auch weil in weniger als zwei Monaten Europawahlen anstehen.

Daher wollen sie wissen, was nicht nur der tschechische Geheimdienst, sondern auch die Nachrichtendienste anderer EU-Staaten in Erfahrung bringen konnten. Denn an Informationen gibt es bislang nur wenig Konkretes. So will die tschechische Tageszeitung Denik N erfahren haben, dass Gelder an Politiker aus sechs EU-Staaten über ein rund um „Voice of Europe“ gesponnenes russisches Netzwerk geflossen sein sollen. Diese würden aus Belgien, Deutschland, Frankreich, den Niederlanden, Polen und Ungarn stammen, so die Zeitung weiter. Unter den Politikern, unter denen Medienberichten zufolge mehrere Hunderttausend Euro verteilt wurden, sollen sich nicht nur EU-Parlamentarier, sondern auch Kandidaten zu den Europawahlen befinden. In Deutschland etwa steht der AfD-Kandidat bei den Europawahlen Petr Bystron seit Tagen im Verdacht. Dessen Partei bestreitet jedoch entsprechende Vorwürfe.

Die EU-Parlamentarier gehen davon aus, dass es sich bei den Empfängern der besagten Zuwendungen aus Russland offensichtlich vor allem um Politiker aus den Reihen der rechtsnationalen bis rechtsextremistischen Fraktion „Identität und Demokratie“ handeln dürfte. Aber nicht nur. Für den Grünen-Abgeordneten Sergey Lagodinsky ist das „auch kein Zufall“, denn es gebe „eine natürliche, ideologische Nähe“ zwischen diesen Politikern und einer Regierung, die Europa zu ihrem Feind ausgerufen habe. Diese Nähe gebe es „links vereinzelt“ und „rechts sehr viel bei den Rechtsradikalen in diesem Saal“, so Sergey Lagodinsky.

Das sieht auch die Vorsitzende der sozialdemokratischen Fraktion, Iratxe Garcia Perez, so. Die extreme Rechte schweige zu Folter und Tod von Oppositionspolitikern in Russland, enthalte sich, wenn es darum gehe, der Ukraine zu helfen und setze sich für Putin ein, so die Spanierin, die eine „tiefgreifende Untersuchung“ zur neuerlichen russischen Einflussnahme forderte.

Keine schnelle Lösung

Sie sei „empört“, dass sich EP-Abgeordnete und Kandidaten für die Wahlen von der russischen Regierung bezahlen ließen, sagte die für die Liberalen bei den Europawahlen antretende Spitzenkandidatin Valérie Hayer. Diese Leute würden „bezahlt, um die Propaganda des Kreml zu betreiben, bezahlt, um gegen die Interessen jener zu handeln, von denen sie gewählt wurden“, so die Französin. Und Hayer verlangte Namen und Zahlen. Welche Partei sei bezahlt worden, wofür und wieviel, fragte die Liberale. Auch die finnische Konservative Pirkko Ruohonen-Lerner (EKR) forderte, dass die Namen von „Putins Agenten in Brüssel“ publik gemacht werden. „Die Wähler haben das Recht zu wissen“, wer diese Leute sind, assistierte die liberale Abgeordnete Nathalie Loiseau, die die EP-Präsidentin Roberta Metsola aufforderte, alles zu sagen, was sie zu dieser Affäre wisse.

Viele EP-Abgeordnete verlangten, dass noch vor den Europawahlen, die vom 6. bis 9. Juni stattfinden, Klarheit geschaffen wird. Denn die Wähler müssten erfahren, wer russische Gelder angenommen habe. Dem stimmte auch die EU-Justizkommissarin Vera Jourova zu, die „keinen Zweifel“ daran ließ, dass Russland immer wieder versuchen werde, die Informationseinrichtungen und die Demokratie in der EU anzugreifen. Dagegen gebe es weder ein Patentmittel, noch eine schnelle Lösung, bedauerte die Tschechin.