Freitag17. Oktober 2025

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Domaine TageblattEiswein – da geht die Zunge auf Stelzen

Domaine Tageblatt / Eiswein – da geht die Zunge auf Stelzen
Die erforderliche Temperatur von -7 °C für die Eiswein-Ernte wird leider nur noch sehr selten erreicht Fotos: Herbert Becker

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Eiswein: für den passionierten Weinliebhaber das Nonplusultra, was man aus einer Traube gewinnen kann. Ist das in Zeiten des immer schneller fortschreitenden Klimawandels in unseren Gefilden überhaupt noch möglich – und vor allen Dingen, ist die Produktion für einen Winzer noch wirtschaftlich rentabel? Diesen Fragen sind wir nachgegangen und haben die Meinung von Weinbau-Experten eingeholt.

Eine Eiswein-Ernte ist für den Winzer natürlich risikobehaftet. Grundvoraussetzung für die Lese sind in erster Linie die klimatischen Verhältnisse. Die Trauben für Eiswein dürfen geerntet werden bei einer Maximaltemperatur von -7 °C, eine weitere Bedingung ist die Handlese. Zudem ist der Winzer verpflichtet, die entsprechende Fläche oder Parzelle der Weinkontrolle des Weinbauinstitutes zu melden.

Guy Krier, Präsident der Privatwinzervereinigung OPVI, erklärt uns hierzu den Entstehungsprozess. „Der Eiswein entstammt Trauben, die natürlich gefroren sind. Tritt dieses Phänomen ein, kristallisiert ein Teil des in den Traubenbeeren enthaltenen Wassers. Die gefrorenen Trauben werden umgehend gepresst, sodass ein Most mit hohem Zuckergehalt entsteht. Der daraus hervorgehende Wein ist sehr konzentriert, aromatisch und likörähnlich.“

Vom Direktor des „Institut viti-vinicole“ in Remich, Serge Fischer, erfahren wir hierzu weiter, dass beim Pressen der gefrorenen Trauben ein physikalischer Effekt zum Tragen kommt, der als Kryoextraktion bezeichnet wird. Das heißt: Unter Druck schmilzt zunächst der hoch konzentrierte zuckerreiche Most, während das gefrorene Wasser zurückbleibt.

Welchen Einfluss hat der Klimawandel?

Vom Klimawandel ist generell die Landwirtschaft betroffen, im Besonderen allerdings der Weinbau. Inwieweit betrifft das im Speziellen die Eiswein-Ernte? Hier stoßen beide Protagonisten ins gleiche Horn. „Aufgrund der in den letzten Jahren milderen Winter wird die Herstellung von Eiswein zunehmend zur Ausnahme“, erklärt Serge Fischer. „Die hierfür erforderlichen tiefen Temperaturen von unter -7 °C treten, wenn überhaupt, zumeist erst im Januar oder Februar ein. Zu diesem Zeitpunkt sind die Trauben jedoch häufig bereits vollständig am Stock verdorben.“

Guy Krier seinerseits bezeichnet die klimatischen Veränderungen geradezu als fatal. „Es gibt kaum noch Jahrgänge, in denen es möglich ist, Eiswein zu produzieren“, lässt er uns wissen. „Ich selbst habe meinen letzten Eiswein 2021 gemacht und das war äußerst wenig, da nur noch wenige Trauben geerntet werden konnten.“

Rentabilität und Motivation

Was also motiviert einen Weinmacher noch, diese vorab beschriebenen Risiken einzugehen, und lässt sich überhaupt wirtschaftlich arbeiten? Zu diesen Fragen bemerkt Guy Krier: „Es kann rentabel sein, wenn die erforderlichen Temperaturen frühzeitig erreicht werden und dann auch noch viele gesunde Trauben am Stock hängen. In diesem Jahr war der Riesling so stark von Fäulnis befallen, dass es kaum Sinn machte, das Risiko einzugehen. Die Nachfrage nach edelsüßen Weinen ist zudem zurückgegangen, es besteht also kaum Motivation. Damit der enorme Aufwand sich lohnt, müssen die Preise für eine 0,375-l-Flasche schon jenseits der 50-Euro-Grenze liegen.“ Bei dieser Preisgestaltung ist es natürlich verständlich, dass die Nachfrage sich in Grenzen hält.

Zur Eisweinproduktion dürfen, so unsere Vorabrecherche, auch längst nicht alle Rebsorten Verwendung finden. Aus dem IVV erfahren wir hierzu, dass nur Riesling, Pinot Blanc und Pinot Gris zugelassen sind – die Parzellen müssen innerhalb des luxemburgischen Weinbaugebietes liegen. Die Weinbereitung hat zudem traditionell und ohne Anreicherung zu erfolgen und das Mindestmostgewicht muss mindestens 120° Oechsle betragen.

Der geneigte Freund edelsüßer Weine muss jetzt noch eine bittere Pille schlucken: Vom Kontrolleur des IVV, Paul Thill, erhielten wir gestern die ernüchternde Nachricht, dass es vom Jahrgang 2025 keinen Eiswein geben wird.

Gerne geben wir aber zum Schluss noch die eine oder andere Empfehlung weiter, mit welchen Speisen ein Eiswein am besten harmoniert. Genießen Sie ihn zu süßen Desserts und Sorbets, aber auch zu intensiven Käsesorten wie Gorgonzola oder Blauschimmelkäse – auch pur als exklusiver Aperitif kann er genossen werden.