Ukraine-KriegEinschätzung eines Militärexperten: Wie gefährlich Bettels Besuch war und was ihn problematisch macht

Ukraine-Krieg / Einschätzung eines Militärexperten: Wie gefährlich Bettels Besuch war und was ihn problematisch macht
Oberst Markus Reisner im Zoom-Gespräch mit dem Tageblatt Foto: Screenshot

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Als Militärexperte schätzt Oberst Markus Reisner von der Theresianischen Militärakademie in Österreich für das Tageblatt die Sicherheitslage in Kiew ein. Der luxemburgische Premierminister Xavier Bettel hat die ukrainische Hauptstadt am Dienstag besucht. Reisner behält auch die russische Seite im Blick und weiß, wie geschickt diese ihre Propaganda strickt. Besuche von westlichen Staats- und Regierungschefs beim ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj sind demnach, so gut gemeint sie auch sind, ein gefundenes Fressen für das russische Narrativ.

Die Sicherheitslage in Kiew lässt sich Reisner zufolge nicht vergleichen mit jener der ersten Wochen des Konflikts. Da stand im Raum, dass die Russen auch in Kiew eine Entscheidung herbeiführen könnten. „Dass ihnen das nicht gelungen ist, wissen wir heute“, sagt Reisner. „Das Problem aber ist, dass die Russen, wenn sie wollen, jedes Ziel in Kiew angreifen können.“ Das ist bei offiziellen Besuchen westlicher Politiker in Kiew bereits der Fall gewesen, dass an jenen Tagen russische Raketen in Kiew einschlugen.

Reisner sieht die westlichen Besuche in Kiew trotzdem als problematisch an, da sie durchaus im Interesse der russischen Seite sein könnten. „Sie passen perfekt in das russische Narrativ hinein“, sagt Reisner. Aber dafür müsse man sich anschauen, wie die Russen über den Krieg berichten. „Dort heißt es nicht ‘wir gegen die Ukraine’, sondern ‘der Westen, die EU, die NATO und die USA gegen uns’.“ Wenn man nun im russischen Staatsfernsehen einen westlichen Staats- oder Regierungschef nach Kiew pilgern sehe, passe dies „perfekt in dieses Bild“. Das russische Narrativ, sich nicht im Krieg mit der Ukraine zu befinden, sondern in einem Krieg mit quasi der ganzen westlichen Welt zu stecken, helfe Moskau auch darin, die eigenen militärischen Verluste zu rechtfertigen.