Montag8. Dezember 2025

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SozialpolitikEine Hilfe für alle: Regierung stellt Aktionsplan zur Armutsbekämpfung vor

Sozialpolitik / Eine Hilfe für alle: Regierung stellt Aktionsplan zur Armutsbekämpfung vor
Ein breitgefächerter Plan (v.l.): Gesundheitsministerin Martine Deprez (CSV), Familienminister Max Hahn und Bildungsminister Claude Meisch (beide DP) Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

Zwei Jahre musste das Land warten auf den nationalen Aktionsplan der Regierung zur Bekämpfung von Arbeit. Nun ist er da und umfasst 106 Maßnahmen – darunter neue finanzielle Hilfen gegen Kinder- und Altersarmut.

Es war eines der wichtigsten Themen schon während der Koalitionsverhandlungen auf Schloss Senningen, ein dringliches Thema, über mehrere Jahre erwartet, vom Premierminister immer wieder angekündigt in großen Reden – und doch, an dem Tag, an dem die Regierung den nationalen Aktionsplan zur Bekämpfung der Armut endlich der Öffentlichkeit präsentiert, ist er trotzdem nur die zweitgrößte News des Tages. Der Rücktritt von Arbeits- und Sportminister Georges Mischo (CSV) überschattet an diesem Tag das politische Geschehen. So auch die Vorstellung des Aktionsplans, jedoch eher durch eine Leerstelle. Eigentlich ist das Arbeitsministerium zentraler Teil der ministerienübergreifenden Strategie. Am Montagnachmittag fehlt Mischo, statt vier stehen nur noch drei Rednerpulte auf dem kleinen Podium im Konferenzraum des Staatsministeriums.

106 Maßnahmen umfasst der erste luxemburgische Aktionsplan zur Bekämpfung von Armut nun, erstellt in der Zusammenarbeit von 18 Ministerien und mit Vorschlägen von Dutzenden Akteuren aus dem Sozialbereich, wie Familienminister Max Hahn (DP) erklärt. Ein kleinteiliger, breitgefächerter Plan, der einige bereits ergriffene Maßnahmen bündelt, jedoch auch ein paar offensichtliche Neuerungen enthält. Hahn präsentiert an diesem Tag gleich mehrere konkrete neue Hilfen.

Zwei neue Hilfen gegen Kinder- und Altersarmut

Um die Altersarmut zu bekämpfen, wird zum 1. Januar eine neue Finanzhilfe spezifisch für ältere Menschen über 65 Jahre („Aide financière pour personnes âgées“, AFPA) eingeführt. Haushalte mit niedrigem Einkommen, in denen eine ältere Person lebt, können ab 2026 zusätzlich 2.400 Euro pro Jahr erhalten. Jede weitere ältere Person im Haushalt bringt weitere 1.200 Euro. Um die Kinderarmut zu bekämpfen, führt die Regierung neben einer Erhöhung des Kindergelds eine neue Hilfe für Familien mit niedrigem Einkommen ein: Für ein Kind zwischen vier und fünf Jahren sollen diese pro Jahr 300 Euro erhalten, für ein Kind zwischen sechs und elf Jahren 1.000 Euro und ab zwölf Jahren bis zum Ende der Schulzeit respektive des 25. Lebensjahrs 3.000 Euro im Jahr.

Die Einkommensgrenzen für die neuen Hilfen entsprechen denen der bereits existierenden Teuerungszulage („Allocation de vie chère“) und der Energieprämie: 2.710 Euro brutto pro Monat für eine Einzelperson. Des Weiteren sollen diese vier staatlichen Hilfen in Zukunft gebündelt werden zu einem Lebenshaltungskostenzuschuss, genannt „Complément de vie chère“ oder CVC. Hier soll die vereinfachte Verwaltung des „Once-only“-Prinzips greifen. Die Hilfen sollen nach einer Anfrage automatisch ausbezahlt werden, es bedarf keiner unterschiedlichen Anträge. Außerdem sollen die Hilfen bei Überschreitung der Einkommensgrenzen in Zukunft nicht mehr sofort wegfallen, sondern stufenweise abnehmen, um mehr Gerechtigkeit zu schaffen, so Hahn.

Weil Unterhaltszahlungen zukünftig nicht mehr als Einkommen gezählt werden sollen, könnten „mehr Haushalte profitieren“ von den Hilfen, so Hahn. Der CVC könne als „Barometer“ dienen, sagt der Familienminister, um „zu schauen, ob jemand in einer prekären Situation ist oder nicht“. Auch andere staatliche Förderungen wie der Kulturpass oder der Klimabonus ließen sich andocken an diese gebündelte Hilfe, so Hahn.

Ein weiterer wichtiger Aspekt im Kampf gegen Armut bleibt laut Regierung der Kampf gegen die Nichtinanspruchnahme staatlicher Hilfen. Dreiviertel der Menschen, die einen Anspruch auf Mietzuschüsse hätten, würden sie nicht in Anspruch nehmen, erklärt Wohnungsbauminister Claude Meisch (DP). Ein zentrales Portal für alle Sozialleistungen, der „GPS social“, soll die gewünschte Vereinfachung der Verwaltung vorantreiben. Dazu gehört eine digitale Plattform, ein physischer Beratungsschalter und mobile Teams, die Menschen u.a. auf Messen proaktiv über mögliche Ansprüche informieren sollen.

Die Ministerin für soziale Sicherheit Martine Deprez (CSV) kündigt ihrerseits eine vierte Tranche bei der Geburtsprämie an sowie ein Gesetzesprojekt, das noch in diesem Jahr gestimmt werden soll: Selbstständige sollen sich genau wie Angestellte neben ihrer Pension etwas dazuverdienen dürfen, ohne den Rentenanspruch zu verlieren. In seiner Funktion als Bildungsminister verspricht Meisch eine Reform des „Chèque service accueil“, um die Kinderbetreuung für Familien möglichst günstig zu machen, in kommunalen wie in privatwirtschaftlichen Strukturen. Weitere Details sollen im Januar folgen. Zu dieser Zeit werde sich die Regierung ebenfalls dazu äußern, wie sie plane, die EU-Direktiven zur Plattformarbeit und zum Mindestlohn umzusetzen, verkündet Hahn – in Abwesenheit des zurückgetretenen Arbeitsministers.

Armut werde durch den Aktionsplan nicht verschwinden, sagt der Familienminister, „aber viele Leute werden viel Hilfe bekommen“. Die Kosten für alle Maßnahmen belaufen sich auf insgesamt eine Milliarde Euro.