GeschichteEine Herkules-Statue als Erinnerung an das heilende Wasser der Alzette

Geschichte / Eine Herkules-Statue als Erinnerung an das heilende Wasser der Alzette
Der römische Gott Herkules stand als Symbol für Stärke und Gesundheit Foto: Ania Muller

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Angesichts des heutigen Rufes der Alzette fällt es schwer zu glauben, dass ihr einmal Heilkräfte zugeschrieben wurden. Dass dem doch so ist, belegen unter anderem archäologische Funde: Etwa die römische Statue von Gott Herkules, die am Samstagabend in Audun-le-Tiche neu enthüllt wurde. Gefunden worden war sie neben einer der Quellen der Alzette.

Viele Jahre lag die Statue, bestehend aus mehreren Teilen, unbeachtet in einer Abstellkammer im Glockenturm des Lokalmuseums in Audun. Mit der Hilfe von Sponsoren, etwa dem Crédit Mutuel, der Ge-meinde und der Region, konnte sie in den letzten drei Monaten dann auf Reise in den Jura geschickt werden. „Dort wurde sie renoviert. Seit einer Woche ist sie zurück“, so Museumsdirektor Luca Braccini. „Jetzt soll sie für immer hier im Museum bleiben.“

Herkules zählte zu den verehrtesten Göttern bei den alten Römern. Bewundert wurde er vor allem für seine übermenschliche Stärke. Laut der griechischen Mythologie ist er Sohn des obersten Gottes Zeus und einer Sterblichen. Nach viel Leid und der Erfüllung von zwölf Heldentaten wird er schließlich in den Olymp, den Sitz der Götter, aufgenommen.

Und von eben diesem Gott wurde nun, am Samstag im Lokalmuseum in Audun-le-Tiche, eine römische, neu renovierte Statue enthüllt. „Es ist das Werk eines besonders begabten Künstlers“, so Alain Simmer. Der Germanist und Archäologe aus der Mosel-Region war während mehrerer Jahre wissenschaftlicher Leiter der Ausgrabung der merowingischen Nekropole in Audun-le-Tiche und gilt als Experte für die Geschichte der Region. Besonders beeindruckend ist dabei, dass die Statue aus dem ersten Jahrhundert nach Christus stammt – und damit deutlich älter ist als die Mehrheit der in der Region gefundenen ähnlichen Artefakte.

Gut sichtbar ist der Kopf des Löwen
Gut sichtbar ist der Kopf des Löwen Foto: Ania Muller

Durch Zufall gefunden

Gefunden worden war die nun enthüllte Statue durch Zufall, vor etwa 40 Jahren in der kleinen französischen Ortschaft Thil, im Viertel Sainte-Claire. Damals wurde gegraben, um einen Fischweiher auszuheben. Dieser heißt „Etang de l’Alzette“. Rund um den Weiher mit seinem glasklaren Wasser gibt es hier mehrere Quellen, die unterirdisch gefasst und dann in den Weiher geleitet werden. Danach läuft es als Bach weiter ins Tal. An diesem Ort befindet sich eine von vielen Quellen in Thil, deren Wässer unter der Ortschaft zusammenlaufen und dann unter dem Namen Alzette weiterlaufen.

Dass die Statue am Ort einer Quelle gefunden wurde, sei nicht ungewöhnlich, so Alain Simmer weiter. Früher wurden dem Wasser dieser Quelle heilende Qualitäten zugesprochen. Bis Anfang des letzten Jahrhunderts pilgerten Menschen nach Sainte-Claire, um, während je neun Tagen, ihre Augen mit dem Quellwasser behandeln zu lassen. Das wohl schon während vielen Hunderten von Jahren, wie die Herkules-Statue zeigt. Die Heilige Sainte-Claire gilt unter anderem als Schutzpatronin der Blinden.

„Ich habe selbst noch einige ältere Frauen getroffen, die das mitgemacht haben.“ Es gebe auch die (unbelegte) Geschichte, dass im 17. Jahrhundert „Menschen aus Audun bei der heilenden Quelle Schutz vor der Pest suchten“. Vorbei mit dem Gesundheitstourismus war es, als die Stahlindustrie begann, alles Wasser zu benötigen.

Wasser mit Heilkräften

Einst stand die 1,80 Meter große Statue draußen, so der Experte weiter. Es sei jedenfalls damals möglich gewesen, um sie herumzugehen. Möglicherweise vor einem kleinen Tempel mit der heilenden Quelle. Er ist überzeugt, dass sich am Standort – unter dem Weiher – weitere Steine befinden. Ausgrabungen sind jedoch keine geplant.

Erkennbar ist Herkules unter anderem am Löwenkopf, den er unter seinem Arm hält. Den Mythen zufolge hatte er das Tier mit einem unverletzlichen Fell durch Erdrosseln besiegt. Seitdem verwendet er den Löwenkopf als Helm und das Fell als Rüstung zum Schutz des eigenen Körpers.

Ebenfalls an der Statue zu erkennen sei, dass sie wohl lange Zeit am Ort stand, mehrmals umgefallen ist und wieder aufgebaut wurde. Zuletzt sei sie dann jedoch mit Gewalt niedergerissen und teilweise mit Hacken bearbeitet worden. „Wer das gewesen ist, das kann man heute nicht mehr sagen.“

In Audun selbst gab es zu Römerzeiten „eine ganze Stadt“, erklärt Experte Simmer weiter: Mit Forum, Geschäften und Tempeln sowie Aquädukt. Der Name Audun ist auf Aquaeductus zurückzuführen. Gegründet worden ist die römische Stadt wohl in eben dieser Zeit, im ersten Jahrhundert nach Christus.

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Der „Etang de l’Alzette“
Der „Etang de l’Alzette“ Foto: Christian Muller