Wenn Parteien sich über die ganze Breite des politischen Spektrums zusammentun, um gemeinsame Positionen zu artikulieren, geht es meist um einschneidende gesellschaftliche Ereignisse. Kriege, Pandemien – oder eben eine Rentenreform. An diesem Donnerstag, wenige Tage vor der ersten Parlamentsdebatte zu einer möglichen Reform des luxemburgischen Pensionssystems, haben die Vertreter von fünf Jugendparteien zu einer gemeinsamen Pressekonferenz eingeladen. Mit dabei: die Jonk Sozialisten (JSL), „déi jonk gréng“, die Christlich-Soziale Jugend (CSJ), die Jonk Demokraten und „déi jonk Lénk“. Ein breites Bündnis, das die Dringlichkeit der Botschaft unterstreicht.
Max Molitor, Präsident der JSL, eröffnet die Runde im ersten Stock des Independent Cafés in der Oberstadt. Es komme selten vor, dass sich die fünf Jugendparteien gemeinsam äußern, aber es sei an der Zeit, jungen Menschen in dieser Debatte eine starke Stimme zu geben. „Eine mögliche Reform können wir nur akzeptieren, wenn sie generationengerecht ist.“ So fasst Molitor die zentrale Botschaft der Jung-Politiker zusammen. Um diese Gerechtigkeit zu erlangen, haben die fünf Parteien fünf gemeinsame Prinzipien ausgearbeitet – einen überparteilichen Grundkonsens. Die erste Forderung: „Es braucht eine Reform“ – und zwar nicht nur beim „régime général“ in der Privatwirtschaft, sondern auch bei den „régimes spéciaux“ der Staatsbeamten. „Wir können nicht bei dem einen etwas ändern und bei dem anderen nicht“, sagt Molitor.
Die zweite Forderung ist ebenso deutlich und weitreichend: „Es wird Zeit für eine Harmonisierung der beiden Systeme“, sagt Tammy Huberty, Sprecherin von „déi jonk gréng“. Ein gerechtes und solidarisches Rentensystem der Zukunft brauche eine einheitliche Basis. „Wir appellieren als Jungparteien an den politischen Mut, das in die Hand zu nehmen“, so Huberty. Ein weiterer Konsens, auf den sich die Vertreter der Jungparteien einigen konnten: ein gemeinsames Nein zur Abschaffung der Anerkennung von Ausbildungsjahren bei der Rentenberechnung. Stattdessen müsse, so Lou Linster, Präsident der Jonk Demokraten, eine Reform in heutigen Zeiten Konzepten wie Lifelong Learning Rechnung tragen. Ausbildungsjahre sollten nicht nur bis 27 Jahre angerechnet werden, sondern über das gesamte Arbeitsleben.
Einigkeit beim „dass“, nicht beim „wie“
Eine klare Haltung formulieren die Jungparteien auch hinsichtlich des legalen Renteneintrittsalters von 65 Jahren. Dieses solle unbedingt beibehalten werden, sagt André Marques, Sprecher von „déi jonk Lénk“. Es gebe andere Möglichkeiten, Menschen zu motivieren, länger arbeiten zu gehen – dies sollte aber auf freiwilliger Basis geschehen. Die fünfte und letzte Forderung: Die Mindestrente soll erhöht werden. Aktuell beläuft sie sich bei einer 40-jährigen Berufslaufbahn auf 2.293,55 Euro. Die Jugendparteien fordern, sie um 258 Euro zu erhöhen, um zumindest das von Statec berechnete Referenzbudget für Senioren in Luxemburg zu erreichen.
Alter scheint stärker zu verbinden als Parteizugehörigkeit. Dass sich die fünf Jugendparteien auf solch konkrete und tiefgreifende Forderungen einigen konnten, ist ein beeindruckendes Statement. „Wir liegen auf vielen Punkten auseinander“, sagt Max Molitor. Doch es gebe auch viel Konsens. Um die Dringlichkeit ihrer Botschaft zu unterstreichen, haben die Jugendvertreter beschlossen, sich nicht gegenseitig zu übertreffen, sondern mit einer klaren Botschaft nach außen zu gehen. Die Zukunft des Rentensystems liegt für sie in der ersten Säule – und ihrer nachhaltigen Finanzierung.
Geschlossenheit unter den Jungen hat aber auch das Potenzial zu Reibungen mit den Alten. Auf die Frage, wie sie mit einem möglichen Konflikt mit ihrer Mutterpartei umgehen würden, gibt es vor allem von den jungen Christdemokraten und Demokraten diplomatische Antworten. Man müsse abwarten, was in der Chamber-Debatte noch komme, was die Regierung vorlege, so Metty Steinmetz. Es bleibt abzuwarten, wie hart die Jugendvertreter ihre gemeinsamen Forderungen verteidigen werden. Die Grenze bei der Harmonisierung der beiden Rentensysteme zu ziehen, könnte schwierig werden. Während „déi jonk gréng“ von gesellschaftlicher Ungerechtigkeit hoher Staatsbeamtenrenten sprechen, will die CSJ keine roten Linien ziehen. „Es gibt keine Einigkeit unter den fünf Jugendparteien, wie man die Systeme zusammenbringen sollte“, sagt Max Molitor. Der Konsens reicht nur bis zum dass.
Auf die ein oder andere Weise wurden alle Jugendvertreter in der Rentenfrage von ihren Mutterparteien konsultiert. Die Debatte sei jedoch noch lange nicht abgeschlossen, sagt Jungdemokrat Lou Linster. „Das Thema ist nicht ausdiskutiert.“ „Wir sind bereit, Dinge zu geben, nicht nur zu fordern“, sagt Metty Steinmetz, Präsident der Christlich-Sozialen Jugend (CSJ). Bei den Parteien gibt es unterschiedliche Geschwindigkeiten in dieser Frage. Während „déi Lénk“ schon vor einigen Monaten konkrete Vorschläge zu einer Rentenreform veröffentlicht hat, bleibt bei den übrigen Parteien abzuwarten, inwiefern sie bei der Parlamentsdebatte in der kommenden Woche erste Ideen präsentieren werden. Von der Regierung wird es wohl kaum konkrete Pläne geben. Schließlich ist die zweite Phase des Konsultationsprojekts „Schwätz mat“ von Ministerin Martine Deprez noch nicht abgeschlossen. Bei den Expertenrunden im März und April zu den Themen Renteneintrittsalter, Fairness und Nachhaltigkeit sitzen auch Vertreter der Jugendparteien mit am Tisch.
Nicht mit am Tisch im Independent Café sind an diesem Tag zwei Organisationen, deren Mutterparteien jedoch auch im Parlament sitzen. ADRenalin, die Jugendpartei der ADR, und die Piraten. Jungsozialist Max Molitor kommentiert das am Ende knapp: „Die einen haben wir nicht gefragt, bei den anderen wussten wir nicht, ob es sie überhaupt noch gibt.“
De Maart

@Guy Mathey
Bis zur ersten Stahlkrise war es in Luxemburg normal bis 65 Jahre zu arbeiten und dann in Rente zu gehen. In dieser Zeit wurde fast die ganzen Arbeiten ohne mechanische Hilfsmittel erledigt. Oder wollen sie sagen dass mindestens 8 Stundenschichten mit schwerem Arbeitsgeräten neben 1400°C heißen Roheisen leichter waren als heute 8 Stunden vor einem Computer im Büro zu sitzen . Vielleicht sollten sie mal Hochöfen , Stahl oder Walzwerke bei Youtube anschauen
Harmonisierung der beiden Pensionssysteme gibt es schon seit dem 1.1.1999. Mit dem kleinen Unterschied dass im Privaten der Maximal Beitrag bei 5 mal dem Mindestlohn entsprechen und bei den Beamten nicht. Aber die Maximallöhne beim Staat sind auch niedriger als im Privaten.
Grundsätzlich begrüssenswert, wenn die demokratischen Jugendparteien diese wichtige Thematik gemeinsam besprechen, nur aus konstruktiven Diskussionen ergeben sich tragbare Lösungen.
Dem Grundgedanken einer Harmonisierung der öffentlichen und privaten Rentensysteme kann man selbstverständlich zustimmen, wäre eine solche aus Gerechtigkeitsgründen doch absolut angebracht.
Dass es sich jedoch keinesfalls um eine "Harmonisierung nach unten" handeln darf, sollte jedem Akteur klar sein, oder etwa nicht?
Allerdings wird eine Harmonisierung beider Systeme, soll sie dann wirklich gerecht sein, eine sehr komplexe Aufgabe darstellen, auch in Anbetracht der unterschiedlichen Lohnstrukturen.
Dass eine Erhöhung des Renteneintrittsalter abzulehnen ist sollte indiskutabel sein, insbesondere, da in der modernen Arbeitswelt die Belastungen der Beschäftigten stetig zunehmen. Vielmehr sollte eine Absenkung des Renteneintrittsalters auf 60 Jahre ernsthaft in Betracht gezogen werden.
Nur das derzeit bestehende Rentensystem ist dazu geeignet auch künftigen Generationen eine angemessene Rente zu garantieren, die von der Regierung angestrebten Stärkungen von "Betriebsversicherungen" und "Privatversicherungen" sind konsequent abzulehnen. Im Bedarfsfall bietet das Bestandssystem übrigens ausreichend Möglichkeiten um Anpassungen vorzunehmen.
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