Samstag1. November 2025

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Allerheiligen Ein letztes Mal zum Sehnsuchtsort: „Wonschkutsch“ erfüllt Wünsche von Schwerkranken

Allerheiligen  / Ein letztes Mal zum Sehnsuchtsort: „Wonschkutsch“ erfüllt Wünsche von Schwerkranken
Das kleinere der beiden Fahrzeuge der ASBL „Wonschkutsch“: Die beiden „Kutscher“ François Gobillot und Léa Baulesch haben viel zu erzählen Foto: Editpress/Julien Garroy

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Wenn am 1. November überall im Land die Gräber gesegnet werden, gedenken Familien ihrer Angehörigen. Manchmal schwer krank, hatten viele noch einen Herzenswunsch, der angesichts des Gesundheitszustandes nicht mehr zu verwirklichen war. Die ASBL „Wonschkutsch“ setzt alles daran, das zu ändern. Zwei „Kutscher“ erzählen.

„Viele denken, die Fahrten mit schwer kranken Menschen seien eine ganz traurige Angelegenheit“, sagt Léa Baulesch (65). „Aber das ist nicht so.“ Sie hat schon viele Wünsche erfüllt und weiß: Das Gegenteil ist meistens der Fall. Es sind Tage voller Erinnerungen, voller Gespräche, mit Lachen und Weinen. Neun von zehn Fahrten verlaufen in ihren Worten „top“. Genauso oft bekommen die „Kutscher“, wie sich die Fahrer nennen, zu hören: „Ich könnte das nicht, es würde mich viel zu sehr belasten.“

Die rund 30 Ehrenamtlichen, die hinter dem Steuer einer der zwei Fahrzeuge der ASBL die Wünsche umsetzen, können es und empfinden das, was von den Fahrgästen zurückkommt, als Belohnung. „Wir können an der Lage des Fahrgastes nichts ändern“, sagt François Gobillot (65), ein anderer „Kutscher“. „Wir können ihm aber noch ein paar schöne Stunden ermöglichen.“ Wenn es anschließend müde, aber zufrieden lächelnd im Heck des Fahrzeugs zurückgeht, ist die Mission erfüllt und die Fahrer sind zufrieden.

Neuschwanstein, Versailles oder Lourdes: Es ist alles dabei

Fränz und Léa haben viele Wunschtransporte hinter sich. Sie sind so unterschiedlich und vielfältig wie die Menschen, die dahinterstehen. Noch einmal die barocke Schönheit Neuschwansteins genießen oder den geschichtsträchtigen Prunk von Versailles, eine Wallfahrt nach Lourdes oder ein Tag im Zoo von Amnéville, die beiden Kutscher könnten stundenlang erzählen. Manchmal sind es auch so alltägliche und für Gesunde so selbstverständliche Dinge wie eine Feier im Kreise der Familie, weil der Enkel Geburtstag hat.

Das haben die „Kutscher“ aus Luxemburg gerade erst einer saarländischen Seniorin ermöglicht. Die Großmutter wäre physisch nicht mehr in der Lage gewesen, die Reise aus dem Hospiz in Saarbrücken zu ihrem Enkel anzutreten. Das geht aus dem Beitrag der ASBL auf Facebook hervor. Den Tag, an dem ihr Enkel vier Jahre alt wird, kann sie so noch im Kreis der Familie miterleben. Die Frau muss liegend transportiert werden, was seit der Anschaffung der zweiten Ambulanz 2024 kein Problem für die Kutscher ist.

Ohne die Ehrenamtlichen geht es nicht

Das Maskottchen des Vereins, der ausschließlich von Spenden lebt
Das Maskottchen des Vereins, der ausschließlich von Spenden lebt Foto: Editpress/Julien Garroy

Am Wunschziel angekommen, ziehen sie sich respektvoll zurück, bis es wieder zurück zum Abholort der Fahrgäste geht. Die meisten Menschen, die sie transportieren, sind schwer krank. Jung wie Alt, es kann jeden treffen. Für die Kutscher ist es ein Engagement in ihrer Freizeit oder in der Pension. Viele haben Jahrzehnte im Rettungswesen oder der Gesundheitsfürsorge im Land hinter sich und bleiben dem Metier in dieser Form treu. „Die soziale Ader“, sagt Léa.

Die gelernte „Aide-soignante“ arbeitete zum Schluss ihrer Berufskarriere in einer Pflegeeinrichtung für Senioren. Fränz war zeit seines Berufslebens Disponent beim zentralen, nationalen Notruf 112. In dieser Funktion war es immer das Wichtigste, die Sachlage genau zu kennen. So arbeitet er auch heute bei der „Wonschkutsch“. Deshalb ist er umso mehr erstaunt und überrascht, als sich der Fahrgast mit dem Wunsch „noch einmal das Meer sehen“ als alter Schulfreund entpuppt.

50 Jahre haben sich die beiden nicht gesehen und das Wiedersehen, um ins belgische De Haan zu fahren, steht unter einem ernsten Stern. Der Freund weiß, dass er nicht mehr lange zu leben hat. „Eine Woche später ist er gestorben“, sagt Gobillot, für den gerade diese Fahrt zwischen all den anderen unvergesslich bleibt. Für Baulesch ist es eine der ersten Fahrten, die ihr besonders im Gedächtnis geblieben ist. Sie holt eine Frau aus der Palliativstation eines Krankenhauses ab, die ihren Ehemann noch einmal sehen möchte.

Wünsche, die in Erinnerung bleiben

Er ist schwer herzkrank und konnte sie nie besuchen. „Das Wiedersehen der beiden war so emotional, da haben sogar wir geweint“, sagt die „Kutscherin“. Der Koordinator hinter all dem ist Carlo Birscheidt (71), der Präsident der ASBL. Er war während seines Berufslebens „Chef de la Base nationale“ des Rettungswesens in Lintgen, heute CGDIS. Die ASBL arbeitet ausschließlich über Spenden und es gibt eine einzige Einschränkung bei der Erfüllung der Wünsche: „Wir dürfen keine Medikamente verabreichen“, sagt Gobillot.

 Carlo Bierscheidt, Präsident der ASBL
 Carlo Bierscheidt, Präsident der ASBL Foto: Editpress/Julien Garroy

Die Versorgung damit muss vor der Fahrt sichergestellt sein – entweder durch den Fahrgast selbst oder medizinisches Personal. Die Geschichte der „Wonschkutsch“ beginnt mit einem Buch, das der Gründer der ASBL verfasst. 2017 erscheint der Ratgeber „Stierwen zu Lëtzebuerg: Vum gudden Ëmgang mam Doud“ von Jeff Herr. Das Buch bringt den Autor in Berührung mit dem Arbeiter-Samariterbund in Deutschland, der den „Wünschewagen“ betreibt.

Herr bringt die Idee 2018 nach Luxemburg. Seitdem realisieren die „Kutscher“ ein bis zwei Wünsche pro Monat. Sie erfüllen sie für Menschen, die es aufgrund ihres gesundheitlichen Zustandes selbst nicht mehr können. Und wenn man die „Kutscher“ und ihre Erlebnisse so hört, entsteht der Eindruck: Geht nicht, gibt es bei der „Wonschkutsch“ (fast) nicht.

Kontakt und Spendenkonto

Kontakt: [email protected]; Tel.: 00352 621 733 677
Spenden: LU83 0019 5155 5838 6000

I. Meierle
1. November 2025 - 11.11

Dürfte nicht von Spenden alleine leben, dafür ist die Wonschkutsch zu wichtig!