Die zivilgesellschaftliche Vereinigung Voĉo hat auf einer Pressekonferenz auf die Änderungen am Gesetzesprojekt des „Platzverweis renforcé“ reagiert. Diese waren nötig geworden, weil der Staatsrat gleich mit mehreren „oppositions formelles“ drohte. Die Änderungen aber stellen die Vertreter von Amnesty International und „Solidaritéit mat den Heescherten“ nicht zufrieden. „Es wurde auf minimalistische Weise auf die Anmerkungen vom Staatsrat reagiert“, moniert Esmeralda Wirtz, Mobilisierungsbeauftragte von Amnesty International. „Wir wundern uns, wie dieses Gesetzesprojekt mit rechtsstaatlichen Prinzipien vereinbar ist. Aus unserer Sicht wäre es das Beste, dieses Gesetzesprojekt einfach aufzugeben.“
Guy Foetz von „Solidaritéit mat den Heescherten“ kritisiert seinerseits, dass das Gesetz noch immer auf einem Dekret von 1789 fuße, das den Luxemburger Kommunen zuschreibt, für „tranquillité, salubrité ou la sécurité publique“ zu sorgen. Begriffe, die jedoch so allgemein und vage gehalten sind, dass sie nicht zur Einschränkung öffentlicher Freiheiten dienen. „Das ist zumindest die Einschätzung der Anwaltskanzlei Thewes & Reuter in ihrem Rechtsgutachten für die Stadt Luxemburg im Rahmen des Bettelverbots“, sagt Foetz. So sieht es auch der Staatsrat, dem Marc Thewes mittlerweile vorsteht, in seinem Gutachten. Und so bleiben für Foetz auch die Änderungen am Gesetzestext vage. Zwar wurde die Geldbuße von 250 Euro und somit eine strafrechtliche Dimension aus dem Gesetzesprojekt gestrichen. Andere Maßnahmen, bei der die Vorhersehbarkeit und Zugänglichkeit einer Einschränkung öffentlicher Freiheit laut Voĉo nicht gegeben sei, seien jedoch nicht abgeändert worden. „Ich hoffe, dass der Staatsrat sich nicht blenden lässt“, erklärt Foetz.
Etwas klarer haben die Abgeordneten das strafbare Verhalten definiert. So soll künftig nicht mehr die „Belästigung von Passanten im öffentlichen Raum“ („se comporte à importuner des passants sur la voie publique“) bestraft werden können, sondern der der „wissentlich beunruhigt oder belästigt durch Worte, Handlungen oder Gesten im Freien an einem der Öffentlichkeit zugänglichen Ort.“ Doch auch hier sieht Voĉo ein Problem. „Die Menschen, gegen die sich diese Regelungen richten, stehen oft unter Alkohol- oder Drogeneinfluss“, sagt Foetz. Ob es also ein „wissentliches“ Verhalten sei, sei dahingestellt. Andere Forderungen der Voĉo seien ignoriert worden: Demnach werde am Entfernungsradius von einem Kilometer festgehalten, ebenso wie die maximale Entfernungsdauer von 48 Stunden – trotz Bedenken seitens des Staatsrats. Auch gebe es weiterhin keine Einspruchsmöglichkeit für die Betroffenen.
Die Entscheidungsgewalt des Bürgermeisters wird laut Voĉo ebenfalls nur bedingt eingeschränkt. Der Staatsrat hatte in seinem Gutachten vorgeschlagen, den Artikel 5ter aus dem Gesetzesprojekt zu streichen. Dieser schreibt dem Bürgermeister das Recht zu, unter bestimmten Umständen ein Aufenthaltsverbot von maximal 30 Tagen auszusprechen. Dieser Empfehlung ist die Chamberkommission nicht nachgekommen. „Diese Maßnahmen müssen hieb- und stichfest sein und nicht von einem Bürgermeister getroffen werden, der sich von seiner Wählerschaft beeinflussen lässt“, sagt Foetz. Dieser könne in dem Sinne keine objektive Entscheidung treffen, wie es Gerichte und die Staatsanwaltschaft tun. „Diese werden in diesem Gesetzesprojekt komplett umgangen.“ Ein Gesetz für die „Mülltonne“, so die Schlussfolgerung von Esmeralda Wirtz.
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Den Platzverweis gibt es schon lange in Deutschland und anderen Ländern....also Luxemburg bräuchte nur abschreiben stat etwas in eigener Regie erarbeiten ......aber so ein Gesetz ist notwendig....