„Die Zukunft des Landes ist mir wichtiger, als Liebling der Nation zu werden“ – LSAP-Spitzenkandidat Etienne Schneider im Interview

„Die Zukunft des Landes ist mir wichtiger, als Liebling der Nation zu werden“ – LSAP-Spitzenkandidat Etienne Schneider im Interview

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Sein Büro in der obersten Etage des Wirtschaftsministeriums am Boulevard Royal bietet einen hervorragenden Ausblick auf die Stadt und das Viertel Kirchberg. Die von der Oktobersonne beschienene Rote Brücke trägt ein blasses Rosa … nur an einem Ende, dort, wo die Arbeit der Maler bereits fruchtet, ist wieder kräftiges Rot zu sehen. Symbolisch?

Eine etwa 60 Zentimeter hohe Nachbildung der Mondrakete von Tintin teilt sich den Platz mit Nachbildungen der nationalen Polizeifahrzeuge (Cactus lässt die Modelle, mit Erlaubnis der Polizeidirektion, produzieren, erklärt der Kandidat, der als Regierungsmitglied auch für die öffentliche Macht zuständig ist), das martialische Modell des Mehrzweckhubschraubers vom Typ Airbus 145 M (Luxemburg hat davon zwei für Polizei und Armee bestellt) räumt er allerdings vorsichtig weg. Der Politprofi weiß, das solches Gerät nicht unbedingt gut ankommt …

Von Nervosität ist bei dem Mann, der sich seine ersten politischen Sporen im Kayl/Tetinger Gemeinde- und Schöffenrat verdiente, einige Tage vor der Wahl, die auch über seine Zukunft als Politiker entscheiden wird, nichts zu spüren. Seine Antworten sind erfrischend kurz und präzise.

Tageblatt: Welches war der größte Fehler dieser Koalition: Das Referendum oder das Sparpaket?

Etienne Schneider: Beides war falsch, aber aus unterschiedlichen Gründen. Beim Referendum hatte ich den Eindruck, dass wir die Kritik von manchen CSV-Wählern zu spüren bekamen, die nach der Wahl enttäuscht waren. Vor der Wahl nämlich waren die Umfrageergebnisse viel besser, zum Beispiel in der Frage des Ausländerwahlrechts.

Auf das Zukunftspaket in der Form würden wir auch verzichten. Sollte Handlungsbedarf bestehen, würde ich heute eine klassische Steuererhöhung vorziehen. Wir hatten gedacht, es sei besser, die Sparanstrengungen auf viele Schultern zu verteilen; schließlich bekamen wir die Wut all dieser Menschen zu spüren.

Und was hat diese Koalition richtig gemacht?

2013 hatten wir ein Staatsdefizit von fast einer Milliarde Euro pro Jahr, die Einnahmen aus dem elektronischen Handel fielen weg, was rund 800 Millionen pro Jahr ausmachte, die Arbeitslosigkeit lag bei 7,4 Prozent, die Wachstumsrate bei nur noch einem Prozent … All diese makroökonomischen Parameter haben wir verbessert. Wir haben das Land fit für die Zukunft gemacht, auch dadurch, dass wir voll auf die neuen Technologien gesetzt haben, das Land modernisiert haben, und das nicht nur wirtschaftlich, sondern generell, auch gesellschaftspolitisch. Man kann definitiv behaupten, dass es dem Land besser geht als vor fünf Jahren.

Sie werden stark mit dem Begriff „Space Mining“ in Verbindung gebracht. Hat dies uns etwas gebracht?

Als ich das Projekt starten wollte, hat mein Kabinettschef gemeint, ich sollte die Finger davon lassen, die Menschen würden dies nicht verstehen und das Risiko bestehe, dass es sich negativ bei den Wahlen auswirkt. Ich bin allerdings der Meinung, dass ein Minister langfristige Visionen für sein Land haben muss, ansonsten würde ein Verwalter ausreichen.

Die Reaktionen aus dem Ausland – nicht nur im Rahmen des „Nation Branding“, wir sind in allen Medien vertreten – zeigen, dass wir nicht so falsch liegen.Rund 20 Firmen aus dem Bereich sind schon nach Luxemburg gekommen, weitere 15 wollen sich kurzfristig entscheiden und 150 weitere sind in der „Pipeline“. Der Sektor entwickelt sich zu einem wichtigen Bereich für Luxemburg, auch wenn die Früchte andere ernten werden.

Die Initiative heißt „Space Resources“, weil viele Geschäftsfelder damit zusammenhängen, so etwa Erdobservation, Betanken von Satelliten, Umwandlung von Wasser auf Asteroiden in Wasserstoff, Weltraumtourismus und vielleicht in 20 Jahren die Nutzung von Rohstoffen im Weltall, um dort günstiger Satellitenteile produzieren zu können. Wir haben hier eine Vorreiterrolle eingenommen; das Gleiche gilt für den Rifkin-Prozess, der wegweisend für eine nachhaltige Orientierung der gesamten Wirtschaft sein kann.

Langfristige Sichtweisen sind meiner Meinung nach politisch wichtig; deshalb kam der Vorschlag zu einer Begrenzung der Mandate auch von mir. Wenigstens in einer zweiten Amtsperiode könnte so ohne Angst vor einer verlorenen Wahl eine mutige, zukunftsweisende Politik entwickelt werden.

Die Zukunft des Landes war mir immer wichtiger, als „Liebling der Nation“ zu werden.

Das LSAP-Wahlprogramm setzt starke soziale Akzente; weshalb wurde nicht eher eine solche Politik gemacht?

Zu Beginn der Legislatur war dies wirtschaftlich und finanziell nicht möglich, wie vorhin erwähnt. Wir haben immerhin noch eine ursprünglich nicht vorgesehene Steuerreform nachgeschossen, weil wir eher Erfolg hatten als gedacht.

Wenn wir allerdings jetzt nicht die sozialen Akzente setzen, wann sollen wir es dann tun? Wir wollen die nächsten Jahre nutzen, um die Schere zwischen Arm und Reich zu verkleinern, was schließlich im Interesse aller ist. Dies sichert das Zusammenleben aller ab, alle müssen vom Wachstum profitieren, wie dies Tradition im Land ist.

Die Digitalisierung, die Robotisierung wird mehr Wachstum mit weniger Jobs generieren. Die Produktivitätsgewinne müssen mit dem Salariat geteilt werden … Sechste Urlaubswoche, Mindestlohnerhöhung usw. sind Notwendigkeiten, jetzt. Die von CSV und DP geforderten Steuererleichterungen für Betriebe habe ich übrigens so nie als Forderung von den Arbeitgeberorganisationen gehört.

Ist die Fortsetzung der Koalition mit der DP oder eine CSV-LSAP-Koalition unter diesen Voraussetzungen denn überhaupt möglich?

Wer will, dass das soziale Moment in einer nächsten Koalition eine Rolle spielt, der muss LSAP wählen, auch wenn dann Kompromisse mit den Partnern eingegangen werden müssen. Ohne uns wird es diese soziale Komponente nicht geben.

Wird die aktuelle Koalition, wenn sie mehr als 30 Mandate erreicht, weitermachen?

Wenn diese Koalition eine Mehrheit bekommt, ist sie in meinen Augen vom Bürger bestätigt worden.

Andererseits sehe ich auch den „Plan“ der CSV nicht. In dem Programm sind Widersprüche, findet sich keine Alternative und es steht mindestens 80-mal geschrieben, man werde dies und das prüfen: Das ist kein Plan. Die CSV verbreitet Zukunftsangst – so wird keine Zukunft gestaltet!

Und falls die LSAP stärkste Partei dieser Dreierkoalition sein wird, werden Sie dann Staatsminister?

„Esou ass et emol geduecht …“ (eine Übersetzung würde der Aussage nur unzureichend gerecht, deshalb die Originalversion) Aber nochmals: Es geht nicht um mich, es geht um das Land.

Sollte die CSV die Regierung übernehmen, so würden erneut die Visionen fehlen, den Wettbewerbsvorsprung, den wir uns erarbeitet haben, würden wir verlieren.

Ich sag es nur ungern, aber Claude Wiseler war zehn Jahre Minister einer Regierung. Wer weiß denn heute noch, von welchem Ministerium, geschweige denn, was er geleistet hat. Und dieser Mann soll nun alles besser machen …?

Nomi
13. Oktober 2018 - 13.54

"Wou war LSAP an deenen leschten 20 Joer?"

super biker
13. Oktober 2018 - 10.52

Die LSAP hat mich sehr enttäuscht , als sie als Partei für den CETA-Vertrag gestimmt hat.

Réalo
12. Oktober 2018 - 22.26

Er wird wohl Premier auf dem Mond oder kurz dahinter werden, aber hoffentlich nicht hier! Einfach spinnert !!!

roger wohlfart
12. Oktober 2018 - 18.06

Liebling der Nation war er nie und wird es wohl kaum werden. Man darf auch bezweifeln, dass die Zukunft des Landes ihm wichtiger ihn als seine persönliche. Der Traum vom Premier dürfte für Schneider ausgeträumt sein. Am 14. Oktober wird es wahrscheinlich ein böses Erwachen geben. Ob Schneider, im Falle einer Niederlage, die Rolle des Oppositionsführers übernimmt bleibt abzuwarten. Möglicherweise wartet jetzt schon ein hochdotierter Posten in der Wirtschaft auf ihn. Und in Zukunft soll sich die LSAP stärker für die sozialen Werte einsetzen, statt Luftschlösser im Weltall zu bauen.

Hase
12. Oktober 2018 - 17.34

Ech giff soen den Etienne as wielbar an de Claude nit. Do kan jo elo nidereen machen wie en woellt, leiwer an Zukunft kuken wei Stillstand.

Klein Fips
12. Oktober 2018 - 9.28

De Referendum war net falsch. Wier dee gestallt gin ewei versprach dann wier Gambia e Sonndeg haut la main eremgewielt gin. Dei net gestallte Froo huet hinnen Geneck gebrach, well vill Leit einfach 3 Mool Nee aus Enttaeuchung ugekreizt hun. A genee daat ass de Grond virwaat e Sonndeg CSV massiv waert gewielt gin. Allerdings haengt et dann un der CSV vir ze verhenneren dass bei deenen naechste Wahlen net abeemol riets oder lenks Parteien wei Adr asw. d'Land regeieren . Elo ze soen bei enger eventueller Koalitioun geet et mat der LSAP net ouni de soziale Moment ze beruecksichtegen ass lachhaft. Wou war LSAP an deenen leschten 5 Joer? Also gleewen kann een Gambia no der affaire Referendum op jiddefall net mei.

Jang
12. Oktober 2018 - 8.47

Den Normalverdinger an Mettelständler huet guer neischt vun daer dooten Politik gehaat,Zukunft am Land gëtt ëmmer manner fir déi schaffend Leit.Vir eéi domm ginn mir gehaal.

Rachel
12. Oktober 2018 - 8.45

Bla Bla Bla..... liewen wei Gott an Frankreich,sech selwer nömmen daat bescht kaafen an gönnen,mam Privatjet an Vakanz.... as ömmer gut schwätzen,wann een vun allem genuch huet... kuckt iech dach mol all un...no en puer Joer an ärem Amt,gid dir auserneen wei Hiefekichelcher,dobäi as en groussen Deel vun Letzebuerger op eng Banque Alimentaire ugewisen,ech schwätzen vun Letzebuerger!!! Dass dir alleguer nach roueg schlofen könnt... Et änert sech dach souwisou näicht.

Le républicain
12. Oktober 2018 - 7.55

Die aktuelle Regierungskoalition hat erreicht in den letzten 5 Jahren dass die Armutsschere noch mehr auseinander klafft als zu Beginn der neuen Regierung...das, mit der Problematik bezahlbarer Wohnungsraum, sind die Probleme die den Wähler am meisten auf dem Magen liegen...und am 14 Oktober wird das die Wahl beeinflussen...