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ItalienDie Regierungsbildung kommt nicht richtig voran

Italien / Die Regierungsbildung kommt nicht richtig voran
Giorgia Meloni während einer Veranstaltung der Vereinigung der italienischen Landwirte Foto: Piero Cruciatti/AFP

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Mit deutlichem Erfolg und eben solchen Mehrheiten in beiden Kammern des Parlaments hat die Rechtskoalition, geführt von Giorgia Meloni und ihren Fratelli d’Italia, die Wahlen in Italien gewonnen. Doch jetzt beginnen die Mühen einer Regierungsbildung sowie die einer Lösung der gravierenden wirtschaftlichen Probleme.

Viel Zeit bleibt Giorgia Meloni, der Ende September noch strahlenden Wahlsiegerin in Italien, nicht, um eine funktionsfähige Regierung aufzustellen. Am 13. Oktober tritt das neue Parlament in beiden Kammern zur ersten Sitzung zusammen. Dann sollte die wahrscheinliche Koalition aus Fratelli d’Italia (FdI), Lega und Forza Italia (FI) eine Ministerriege präsentieren, die von der Mehrheit der Abgeordneten akzeptiert wird. Dies allein dürfte nicht schwerfallen, da die Rechtskoalition sowohl im Abgeordnetenhaus als auch im Senat über komfortable Mehrheiten verfügt.

Schwieriger dürfte eher sein, die Ressorts mit qualifizierten Personen zu besetzen. Die Fratelli zeichnen sich nicht gerade durch ein großes Reservoir an geeignetem Personal aus. Meloni, die anfangs kategorisch die Bestallung „technischer Minister“ abgelehnt hatte, lenkt inzwischen ein: „Sollte sich kein geeigneter Kandidat aus dem politischen Umfeld finden, werden wir auch auf Fachleute zurückgreifen“, erklärte die FdI-Chefin Mitte dieser Woche.

Matteo Salvinis Lega reklamierte bereits vier Ministerposten für sich, darunter das wichtige Ressort der Innenpolitik. Dieses Amt würde der Lega-Chef am liebsten selbst wieder ausüben. Doch hier zeigt sich Meloni mehr als zurückhaltend: Die FdI-Chefin und mögliche neue Ministerpräsidentin möchte nicht riskieren, dass Staatspräsident Sergio Mattarella Salvini von der Liste der Minister streicht. Dies könnte umso leichter passieren, als dem Lega-Chef noch Rechtsverfahren aus seiner früheren Amtszeit im Viminale anhängen, darunter Prozesse wegen Freiheitsberaubung und Amtsmissbrauch während seiner Politik der „geschlossenen Häfen“.

Salvini weiß, dass er einerseits hoch pokern kann. Denn ohne seine Lega hat das rechte Bündnis im Parlament keine Mehrheiten hinter sich. Andererseits haben die Wähler seiner restriktiven Politik auch eine Abfuhr erteilt und der Lega – die sich einmal an der Spitze der rechten Bewegung gesehen hatte – gerade einmal neun Prozent der Stimmen gegönnt. Schon deswegen dürfte der „Carroccio“ – wie die einstige Separatistenbewegung auch genannt wird – mehr Bescheidenheit zeigen. Jüngsten Meldungen zufolge soll sich Salvini auch mit einem anderen Ministerposten zufriedengeben. Ihrerseits lenkt Giorgia Meloni ein und überlegt, dem Koalitionspartner den Posten eines stellvertretenden Regierungschefs zu offerieren.

Schließlich jedoch will auch der dritte Koalitionspartner, Silvio Berlusconis Forza Italia, einen repräsentativen Posten im Kabinett erhalten. Hier steht die Personalie Antonio Tajani im Gespräch. Der frühere Präsident des Europaparlaments ist in Brüssel gut vernetzt und könnte in Rom das Außenamt bekleiden. Damit dürfte Meloni auch ein Signal an die EU senden, dass eine Regierung unter ihrer Führung nicht sofort gewillt ist, alle Brücken zur Union abzubrechen. Auch hatte die FdI-Chefin in einem Antworttelegramm auf die Glückwünsche Wolodymyr Selenskyj versichert, Italien werde an der von Mario Draghi formulierten Politik – Unterstützung der Sanktionen gegen Moskau, Lieferung auch schwerer Waffen an Kiew – nichts ändern.

Schwierigkeiten mit dem Geld

Nach anfänglich schwerer Kritik an der Finanz- und Wirtschaftspolitik der Regierung Mario Draghis lenkt Giorgia Meloni inzwischen auch auf diesem Gebiet ein und erklärt, den eingeschlagenen Weg der Vertrauenswürdigkeit des Ex-EZB-Chefs erst einmal fortzusetzen. Denn um weitere EU-Mittel erhalten zu können, muss Italien Mitte Oktober einen Haushaltsplan in Brüssel vorlegen. Zu diesem Zeitpunkt dürfte – wenn überhaupt – eine Rechtsregierung aber erst wenige Tage im Amt und natürlich überhaupt nicht in der Lage sein, ein Budget vorzulegen.

Im Wahlkampf hatten die Fratelli der amtierenden Regierung vorgeworfen, mit der Annahme des EU-Wiederaufbauplans sich in weitere Abhängigkeiten von Brüssel zu begeben. Inzwischen lenkt Meloni ein und akzeptiert, dass die beschlossenen Maßnahmen die einzige Möglichkeit einer wirtschaftlichen Erholung nach Covid-Pandemie und Ukrainekrise darstellen. Doch schon stehen neue Probleme vor der sich zu bildenden Regierung: Die Zahlen hinken der Realität hinterher. Zwar versicherte Draghi, Italien habe „alle bislang gestellten Ziele erreicht“, doch kontert Meloni: „Wir treten ein schweres Erbe an, denn beim nationalen Wiederaufbauplan sind große Defizite zu verzeichnen.“ Dies bestätigte auch ungewollt der noch amtierende Wirtschaftsminister Daniele Franco in einer Erklärung. Laut Haushaltsplan sollte Italien in den Jahren 2020 und 2021 13,8 Milliarden Euro sowie in diesem Jahr weitere 27,8 Milliarden Euro an Investitionspotenzial festgeschrieben haben. Doch lediglich die Hälfte der Summe, nämlich 20,5 Milliarden Euro, tauchen im Budget auf.

Draghis Antwort darauf ist eher lakonisch: Man habe die qualitativen Ziele erreicht, um die quantitativen müsse sich die Nachfolge-Regierung kümmern. Was schließlich bedeutet, dass die neue Regierung einen Nachtragshaushalt vorlegen muss, in dem alle von Brüssel geforderten Reformen – für die die EU Mittel bereitstellt – aufgelistet sind. Naheliegend ist, dass eine Meloni-Regierung nicht in der Lage sein wird, einen solchen Haushaltsentwurf vorzulegen, ohne auf die Erfahrungen der Draghi-Regierung zurückzugreifen.

Opposition auf der Lauer

Die zahlenmäßig im Parlament stark vertretenen Oppositionsparteien Partito democratico (Pd) und Movimento 5 Stelle beobachten sowohl die personellen als auch fachlichen Probleme der „Regierung in spe“ mit Argusaugen. Nach Überzeugung eines der Führer des Pd und Gouverneurs von Apulien, Michele Emiliano, hat die Rechtsregierung „keine großen Überlebenschancen“. Emiliano erklärte am Rande der Kongressvorbereitungen der Sozialdemokraten, man sehe jetzt schon Widersprüche zwischen den Wahlversprechen der rechten Parteien und ihren ersten Bemühungen, diese in die Realität umzusetzen. Er gehe eher davon aus, so der linksorientierte Pd-Politiker, dass man schon bald zu Neuwahlen werde schreiten müssen.

In Voraussicht dieser regte der frühere Ministerpräsident Massimo D’Alema ein Bündnis aus Pd und M5S an, um den rechten Block im Falle von Neuwahlen schlagen zu können. Auch der aus dem Amt geschiedene Kammerpräsident Roberto Fico (M5S) rief zu einem linken Bündnis auf. „Keinesfalls wieder mit der Rechten“, proklamierte Fico mit Rückblick auf die Koalition der Regierung Conte zwischen den Pentastellati und der Lega.

Mit welcher Personalliste Giorgia Meloni zum Staatspräsidenten in den Quirinalspalast gehen wird, muss der kommende Donnerstag zeigen.

Grober J-P.
10. Oktober 2022 - 9.32

Schon bemerkenswert, das mit der Meloni, Vater Kommunist, lässt die Familie im Stich, danach wird Giorgia schon mit sehr jungen Jahren Fan von Benito. Was sagt uns das?