EnscheringenDie „Rackés Millen“ – ein historisch wertvolles Gebäude

Enscheringen / Die „Rackés Millen“ – ein historisch wertvolles Gebäude
Die hölzernen Zahnräder leiten die Energie vom Schaufelrad auf die Mühlanlage weiter Foto: Editpress/Roger Infalt

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Im Rahmen der diesjährigen „Journées européennes du patrimoine“ besichtigten wir die „Äischer Millen“, die bereits 1334 in Dokumenten erwähnt wurde. Das heute noch bestehende Mühlengebäude entstand 1824 im Rahmen eines Neu- bzw. Ausbaus. Erst 1919 kam sie in den Besitz der Familie Racké und trägt seitdem den Namen „Rackés Millen“.

Die Volkszählungen aus den 1820er-Jahren sprechen von einem wahren Höhepunkt der Mühlen in unserem Land. Damals wurden insgesamt 660 Mühlen gezählt, von denen allein 115 im Ösling standen. Hundert Jahre später gab es im ganzen Land nur noch etwa 100 Wassermühlen.

Das Mühlenrad wird vom Wasser der Klerf angetrieben
Das Mühlenrad wird vom Wasser der Klerf angetrieben Foto: Editpress/Roger Infalt

Die Mühle in Enscheringen, auf Luxemburgisch „Äischer“ genannt, wurde im Laufe der Zeit zahlreichen technischen Veränderungen angepasst. Ursprünglich wurde die gesamte Anlage durch zwei Wasserräder mit einem Durchmesser von 3,80 m angetrieben, die nach dem System der Versorgung von unten funktionierten. Das heißt, das Wasser läuft nicht von oben auf das Schaufelrad herab, sondern das Rad wird vom darunter fließenden, kurz vorher gestauten Wasser der Klerf bewegt. Heutzutage ist nur noch ein Rad mit insgesamt 30 Schaufeln vorhanden, das neben dem Antrieb der Mühlanlage auch noch Strom erzeugt.

Apropos Wasser: Als die Mühle gebaut wurde, hob man ein rund 800 Meter langes Nebenbett für die Klerf aus, durch welches das Wasser zum Mühlenrad geleitet wurde. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Nebenbei bemerkte Thomas Spautz, dass durch das oben erwähnte System der Versorgung von unten leider nur 35 Prozent der Fließenergie des Wassers, beim System des von oben auf das Schaufelrad fallenden Wassers aber 75 Prozent dieser Kraft gewonnen werden können.

In den Jahren 1902 und 1932 wurde die Mühle zweimal renoviert, bis 1954 wurde Brotmehl hergestellt, anschließend wurde nur noch Futtermittel produziert. 1967 war auch damit Schluss, so der deutsche Maschinenbautechniker Thomas Spautz, der uns am Sonntag durch die Mühle führte. Willy Racké bemühte sich nach der Schließung der Mühle darum, dass die gesamte Anlage funktionsfähig blieb, bis die Mühle mithilfe des Tourismusministeriums vom Interessenverein Munshausen gekauft wurde. Sie wurde abermals renoviert und ins Programm des „Domaine touristique du cheval de trait ardennais Munshausen“ aufgenommen. Heute ist sie Teil des Programms der „Robbesscheier“ sowie des „Cornelyshaff“.

Holz- statt Stahlzahnrad

Der Maschinenbautechniker Thomas Spautz erklärt die Funktionsweise des Walzenstuhls
Der Maschinenbautechniker Thomas Spautz erklärt die Funktionsweise des Walzenstuhls Foto: Editpress/Roger Infalt

Im Erdgeschoss des dreistöckigen Gebäudes sieht der Besucher ein Sammelsurium von Zahnrädern, Antriebswellen und die dazugehörigen Lederriemen, die die Energie von einem Rad zum nächsten weitergeben. „Die Zahnräder wurden übrigens aus Holz angefertigt“, so Thoms Spautz, „und das hat einen guten Grund. Sollte es irgendwo in der Mahlanlage zu einer Blockade kommen, brechen vielleicht zwei oder drei der hölzernen Zähne ab, die später leicht in Eigenregie ersetzt werden konnten. Das wäre bei einem stählernen Zahnrad nicht möglich gewesen.“

Die „Rackés Millen“ verfügt heute noch über zwei Mühlsteine, daneben gibt es seit vielen Jahren auch einen sogenannten Walzenstuhl. Hier wird der Mehlkern in mehreren Arbeitsgängen von den Schalenteilen gelöst. Das dabei entstehende Gemenge wird zur Trennung auf einen Plansichter geleitet und die so ausgesiebten groben Teilchen, die noch im Mehl sind, werden ein weiteres Mahl auf den Walzenstuhl geleitet.

„Beim ‚Schroten‘ werden die Körner durch Riffelwalzen aufgebrochen, beim ‚Auflösen‘ die Mehl- und Schalenteile voneinander getrennt und beim ‚Ausmahlen‘ werden die letzten Mehlteilchen von der Schale abgelöst“, so liest man auf einer Infotafel am Walzenstuhl.

Ausgeklügelte Technik von damals
Ausgeklügelte Technik von damals Foto: Editpress/Roger Infalt

Wie Thomas Spautz zum Schluss seiner Führung durch die dreistöckige Mühle hinzufügte, ist die Mühle wohl noch voll funktionsfähig, doch leider könne zurzeit weder Mehl noch Futtermittel hergestellt werden, da die bestehenden strengen gesetzlichen Vorgaben für eine Produktion zum heutigen Zeitpunkt nicht erfüllt werden können.

Die „Rackés Millen“ ist heute ein touristisches Zentrum. In der Herberge können bis zu 16 Personen übernachten. Absolut empfehlenswert ist das Restaurant der „Rackés Millen“. Die Küche ist vollständig in die Mühle eingebaut und bietet den Besuchern die Möglichkeit, eine ländliche Küche zu entdecken, die auf Getreide- und lokalen Produkten basiert. „Fleisch, Süßwasserfische werden hier immer mit Buchweizen, Weizen oder auch mit lokalen Nudeln serviert“, so steht es auf der Internetseite der „Rackés Millen“ zu lesen.

Die „Rackés Millen“ (l.) mit der angeschlossenen Herberge und dem Restaurant (r.)
Die „Rackés Millen“ (l.) mit der angeschlossenen Herberge und dem Restaurant (r.) Foto: Editpress/Roger Infalt