25. Oktober 2025 - 14.28 Uhr
Akt.: 25. Oktober 2025 - 14.29 Uhr
Schwerelos über Schifflingen Die präzise Choreografie hinter dem schönsten Weihnachtsbaum für Luxemburg-Stadt
Samstag, 25. Oktober, 7 Uhr früh in Schifflingen. In der Rue Belair ist es noch still, als plötzlich mehrere orange blinkende Fahrzeuge des Service Parcs der Stadt Luxemburg vor dem Haus der Familie Pleim halten. Ihr Auftrag: eine zwölf Meter hohe Nordmann-Tanne fällen. Ihr nächster Halt? Die Place d’Armes – als künftiger Hauptbaum des Weihnachtsmarkts.

Doch warum so früh? „Wir fangen um halb sieben morgens an zu arbeiten“, erklärt Christian Joly vom Service Parcs. „Wenn wir um sieben loslegen, sind wir um neun bereit für die Abfahrt. Erst dann dürfen wir mit dem Sonderkonvoi über die Autobahn fahren.“
Kurz nach sieben beginnt die Arbeit. Der Kran hebt sich langsam, das achtköpfige Team prüft Seile, Gurte, Motorsägen. Joly steht zwischen den Fahrzeugen und zeigt nach oben: „Der Baum wird mit dem Kran festgehalten, dann unten abgesägt. So verhindern wir, dass Äste abbrechen.“
Ein Kollege klettert in die Krone, um die Schlingen zu befestigen. Der Kran bringt Spannung auf die Seile, während unten die Motorsäge ansetzt. „Das ist Gefühlssache“, sagt Joly. „Der Kranführer muss genau wissen, wie der Baum reagiert.“ Dafür ist er per Mikrofon mit dem Mann an der Säge verbunden, damit sie sich trotz des Lärms verstehen. Dann hebt sich der Stamm, langsam, knirschend, aber kontrolliert.
Ein Baum mit Geschichte
Die Besitzerin des Grundstücks, Rita Pleim-Zurek, steht am Rand des Gartens und schaut dem Treiben zu. „Der Baum war schön“, sagt sie ruhig. „Wir haben ihn vor fast vierzig Jahren gepflanzt.“ Dann zögert sie kurz. „Aber die Sicherheit geht vor.“ Vor einer Weile hatte sie einen Wasserschaden im Haus, genau dort, wo die Wurzeln des Baumes hinwachsen. „Das wurde zumindest vermutet. Außerdem ist er so hoch, dass ich bei Wind immer Angst habe, dass er irgendwann aufs Haus fällt“, sagt sie. Die Fällarbeiten des Service Parcs sind für die Familie kostenlos. Es ist ja schließlich für den guten Zweck.
Um zwanzig nach acht schwebt die Tanne dann wirklich – majestätisch, schwerelos – über den Köpfen des Teams. Als wäre sie leicht wie ein Blatt Papier. „Es ist jedes Jahr eine Herausforderung“, sagt Joly und schaut nach oben, „Wir müssen den Baum im Ganzen transportieren, ohne dass er Schaden nimmt.“
Nur knapp 15 Minuten später liegt die Tanne auf dem Lkw, der Stamm mit dicken Spanngurten gesichert, die Äste eng an den Körper gezogen. „Wir binden alles so schmal wie möglich zusammen“, erklärt Joly, „damit der Transport auf der Autobahn nicht mehr als eineinhalb Spuren breit ist.“

Doch was nach einem einzigen Vormittag Arbeit aussieht, ist das Ergebnis monatelanger Vorbereitung. „Wir bekommen jedes Jahr rund dreißig Bewerbungen“, erzählt Joly. „Die Leute können sich bei uns melden, wenn sie einen Baum im Garten haben, der zu groß geworden ist. Wir wählen dann die passenden aus.“
Von Schifflingen in die Stadt
Gegen Viertel vor neun trifft die Polizei ein, um den Transport zu begleiten. Dann rollt die Kolonne los, Richtung Hauptstadt, über die A4, mit maximal 70 km/h. Polizist Kevin Streumer erklärt: „Wir fahren durch Hollerich, über die Escher Straße, vorbei an der Gëlle Fra, dann Richtung Rue Notre-Dame. Die Route ist erprobt. Die Kollegen vom Service Parcs machen das jedes Jahr.“ Cafés entlang der Strecke müssen ihre Terrassen einräumen, Markisen einfahren und Verkehrsschilder sind abmontiert, damit der Baum ungehindert passieren kann.
Der Stamm wurde bereits in Schifflingen passend gesägt und wird einfach in den vorbereiteten Ständer gesetzt, mit Holz verkeilt und fixiert. Schon steht er da, mitten in der Stadt, wo in wenigen Wochen Lichterketten, Kugeln und Glühweinduft dazukommen werden.
Und dort bleibt er stehen, bis Mitte Januar. Danach, sagt Joly, werden alle elf Weihnachtsbäume der Stadt eingesammelt und gehäckselt. „Das Holz wird dann in Heizungsanlagen wiederverwendet. Es ist ein Kreislauf. Nichts wird verschwendet.“
De Maart




















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