EnergieDie Macht der Sonne: Mit der EU-Kommission in Südspanien

Energie / Die Macht der Sonne: Mit der EU-Kommission in Südspanien
Die Thermosolaranlage „Gemasolar“ mit ihrem 140 Meter hohen „Leuchtturm“ Foto: EU-Kommission

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Mit dem Krieg in der Ukraine hat das Interesse der Politik an Alternativen zur traditionellen Energieversorgung deutlich zugelegt. Um zu zeigen, was mit der Kraft der Sonne alles möglich ist, hatte die EU-Kommission jüngst eine Reihe Journalisten aus unterschiedlichen Mitgliedstaaten nach Andalusien eingeladen.

Richtig beeindruckend ist die futuristisch anmutende Thermosolaranlage „Gemasolar“. Schon aus Kilometern Entfernung zieht sie die Blicke auf sich. Ein hoher und hell strahlender Turm steht irgendwo zwischen Feldern und Wiesen. Es ist das Herz der Stromproduktionsanlage. Mit seinen 140 Metern Höhe steht er in der Mitte von Tausenden Spiegeln, die im Kreis um ihn herum aufgestellt sind. Sie leiten die Strahlen der Sonne konzentriert auf den Turm. In seinem Inneren erhitzt sich dann „geschmolzenes Salz“ auf mehrere Hundert Grad. Mit der so gespeicherten Hitze kann die Anlage mittels Turbinen noch bis zu 15 Stunden später Strom erzeugen. „Wir können 24 Stunden ununterbrochen Solarstrom erzeugen“, so ein Sprecher des Werks, das im Rahmen der Visite besichtigt wurde.

Bis 2030 sollen in Europa mindestens 42,5 Prozent der Energie aus erneuerbaren Quellen stammen. Neben der Windenergie werden die verschiedenen Solartechnologien einen wichtigen Beitrag zu diesen Zielen leisten. Um zu zeigen, was es an Solar-Projekten so gibt, hatte die EU-Kommission vergangene Woche nach Sevilla geladen.

Sevilla ist die Hauptstadt der südspanischen Region Andalusien. Mit ihren 8,6 Millionen Einwohnern zählt sie zu den europäischen Regionen, in denen die Solarenergie am weitesten entwickelt ist. Auch sieht sie sich als besonders gut positioniert, um ihre Rolle als Vorreiter im Bereich der Solarenergie noch weiter auszubauen, wie Vertreter der Energieagentur „Agencia Andaluza de la Energía“ gegenüber den Journalisten erklärten. 

Bereits heute kommt der verbrauchte Strom in der Region zu mehr als 60 Prozent aus erneuerbaren Quellen, davon mehr als die Hälfte von der Sonne. Von Atomkraft hält man nichts. „Es gibt genügend Potenzial aus richtigen erneuerbaren Quellen“, so ein Sprecher der Energieagentur. In den kommenden Jahren will Andalusien den Anteil der Sonne am eigenen Verbrauch erneut verdoppeln. 

Die Anlage neben der Brauerei von Heineken España
Die Anlage neben der Brauerei von Heineken España Foto: Christian Muller

Eines der Vorzeigebeispiele wurde die Heineken-España-Brauerei in der Umgebung von Sevilla. Hier wurde die größte industrielle Solarthermieanlage Europas eröffnet. Produziert werden Energie und 200 Grad heißes Wasser. Mit ihrer Leistung und Speicherkapazität wird sie den Verbrauch von fossilem Gas der Brauerei um mehr als 60 Prozent senken. Insgesamt verwendet Heineken España dank dieser Anlage nun einen Energiemix aus 67 Prozent erneuerbaren Energien.

Hohe Startkosten

Eine der Hürden zur Umsetzung waren die notwendigen Investitionskosten des auf 20 Jahre angelegten Projekts. „Unser Kerngeschäft ist Bier“, so ein Unternehmenssprecher. Das Projekt kostete 21 Millionen Euro und wurde über ein öffentlich-privates Partnerschaftsmodell finanziert. Bis 2040 will man in der Brauerei „net zero“ sein. „Wir glauben an Nachhaltigkeit.“ Zudem macht man sich so unabhängiger von Energiepreisen auf dem Markt.

Das wohl beeindruckendste Werk, das während der Visite gezeigt wurde, war die im Anfang des Artikels beschriebene Thermosolaranlage „Gemasolar“. Mithilfe ihrer Technik, des „geschmolzenen Salzes“, löst sie eines der Probleme anderer Solaranlagen, es können 24 Stunden ununterbrochen Solarstrom erzeugt werden. Auch habe sich das Werk besser entwickelt als in der ursprünglichen Planung vorhergesehen.

Und doch: Obwohl das Werk vor bereits mehr als zehn Jahren errichtet wurde, gibt es bisher weltweit erst sechs dieses Typs. Behindernd wirkt unter anderem, dass die Sonneneinstrahlung an nur wenigen Orten passend ist, und die Technik komplex. Auch werden wenigstens 200 Hektar für Spiegel und eine Investition von rund 300 Millionen Euro benötigt.

Mit dieser Anlage kann auch noch nachts Solarstrom produziert werden
Mit dieser Anlage kann auch noch nachts Solarstrom produziert werden Foto: Christian Muller

Schon fast langweilig sehen, im Vergleich, „Las Corchas“ und „Los Naranjos“ von Enel/Endesa aus. 2020 wurden hier für 70 Millionen Euro bewegliche Fotovoltaikmodule über den Wiesen errichtet. Auf 90 Hektar produzieren sie genug Strom für eine Kleinstadt und vermeiden den jährlichen CO₂-Ausstoß von mehr als 94.000 Tonnen. Man versucht, sich lokal einzubinden: Lokalen Schäfern bot man Platz für Schafe, die gleichzeitig das Wachstum der Pflanzen in Schach halten. Einem Imker bot man das Aufstellen von Bienenstöcken an. Derzeit testet man, wie gut man den Schatten der Anlagen zum Anpflanzen von Gemüse nutzen kann.

Noch in den Kinderschuhen

Dies ist derzeit die wohl gewinnträchtigste Art der Stromerzeugung durch die Sonne. Die Investition soll – auch ohne staatliche Zuschüsse – innerhalb von einem Jahrzehnt abbezahlt sein. Wie lange die Lebensdauer der Anlage sein wird, weiß man nicht. 25 Jahre? 30 Jahre?

Die derzeit kostengünstigste Art, um mit der Sonne Strom herzustellen
Die derzeit kostengünstigste Art, um mit der Sonne Strom herzustellen Foto: Christian Muller

Es wird deutlich, dass der ganze Sektor eigentlich noch in den Kinderschuhen steckt. Die Geschichte der Solarenergie ist noch lange nicht fertig geschrieben. Über ein Recycling der in den Solarmodulen verarbeiteten Rohstoffe kann man wohl nachdenken. Doch bis das möglich ist, werden noch viele Jahre vergehen. Noch gibt es europaweit kaum Material zum Recyceln.

Das Zeitalter der Sonnenenergie hat jedoch begonnen. Insbesondere die Fotovoltaik ist derzeit der am schnellsten wachsende Sektor der erneuerbaren Energien in der EU, berichtet die EU-Kommission. In den letzten drei Jahren habe es Rekordzahlen bei den jährlichen Installationen gegeben. „Die Kosten der Fotovoltaik sind zwischen 2010 und 2020 um 82 Prozent gesunken, sodass sie in vielen Teilen der EU die wettbewerbsfähigste Stromquelle geworden ist.“

Ein weiterer Punkt derweil, der immer wieder für Diskussionen sorgt, ist die Abhängigkeit von importierten Solaranlagen, vor allem aus China. Im Jahr 2023 werden in der EU etwa 55 GW Solarstrom installiert sein, von denen schätzungsweise zwei GW durch in Europa hergestellte PV-Anlagen abgedeckt wurden (drei Prozent der gesamten EU-Installationen). Der überwiegende Teil (etwa 95 Prozent) stammt aus China.

Während des Besuchs wurde auch darauf hingewiesen, dass die Sonne für mehr als „nur“ zur Herstellung von Strom genutzt werden kann. Im Werk der Unternehmensgruppe Termicol, das solarthermische Anlagen zum Heizen von Wasser durch die Sonne (für Haushalte und Industrie) herstellt, wurde vor allem die Effizienz der Methode hervorgehoben. In nur drei Jahren habe der Kunde die Investitionskosten eingeholt, so das Unternehmen. Man brauche deutlich weniger Quadratmeter für diese Technologie, als man für die Herstellung von Strom zum Wasserheizen brauche.

Die EU-Mitgliedstaaten haben sich verpflichtet, bis Mitte des Jahrhunderts klimaneutral zu werden. Eine der zentralen Säulen zur Erreichung dieses Ziels ist die Entwicklung von mehr erneuerbaren Energien. Dies sowohl zur Verringerung der Emissionen als auch, um die Abhängigkeit von fossilen Energieimporten, insbesondere aus Russland, zu verringern. Gleichzeitig soll die Wende Wachstum und Beschäftigung in der Staatengemeinschaft fördern.

Luxemburg

Luxemburg ist eines der europäischen Länder, die in puncto Energie am meisten abhängig von Importen aus dem Ausland sind. 2020 hatte das Großherzogtum satte 92,5 Prozent der Bedürfnisse seines Energiebedarfs durch Importe abgedeckt. Nur in Zypern und in Malta war die Quote noch höher. Beim Gas, wie wohl auch beim Öl, musste Luxemburg zuletzt 99,99 Prozent des Verbrauchs im Ausland einkaufen. Beim Strom (2022) beliefen sich die Importe zuletzt auf 80,7 Prozent, nach 84,1 Prozent im Vorjahr.
Trotzdem hat auch hierzulande die installierte Solar-Kapazität in den letzten paar Jahren stark zugelegt. Sie stand bereits 2022 für mehr als die Hälfte der installierten nationalen Stromerzeugungskapazität. Mittlerweile gibt es Anlagen auf den Dächern von Privathäusern, Produktionshallen, Carports (über Parkplätzen) und selbst ein schwimmendes Solarkraftwerk. Mittelfristig (bis 2030) will Luxemburg 40 Prozent seines Stromverbrauchs aus erneuerbaren Quellen selber herstellen.
Bleibt noch zu erwähnen, dass der hierzulande produzierte Solarstrom 2022 gerade mal 4,3 Prozent des gesamten verbrauchten Stroms ausgemacht hat, aber immerhin rund 27 Prozent des Verbrauchs der Haushalte entsprach – wenngleich die Industrie der größte Verbraucher des Landes ist. Trotz des eigentlich kleinen Anteils sind die Zuwachsraten beachtlich: Im Jahr 2018 stand die Solarenergie erst für 1,8 Prozent des gesamten Verbrauchs und für 12,7 Prozent des Verbrauchs der Haushalte.

Merkur
25. Mai 2024 - 8.42

Schade,dass das Ding nur am Tage scheint. Oder doch besser nicht?