Dienstag16. Dezember 2025

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BudgetredeBerichterstatter Maurice Bauer verteidigt Regierungspolitik im Kampf gegen Armut

Budgetrede / Berichterstatter Maurice Bauer verteidigt Regierungspolitik im Kampf gegen Armut
Haushalts-Berichterstatter Maurice Bauer vor dem versammeltem Plenum Foto: Chambre des députés

Maurice Bauer (CSV) macht am Dienstag den Auftakt einer Marathon-Sitzungswoche in der Chamber inklusive Haushaltsenwurf, Rentenreform und Öffnungszeiten im Handel. In seiner Budgetrede verteidigt er vor allem die Regierungspolitik – und will Neugeborene zu Investoren machen.

„Du hues dat am Grëff“. Gilles Baum, Fraktionschef der DP, ruft dem CSV-Budgetberichterstatter Maurice Bauer vor Beginn der Sitzung am Dienstag einige letzte ermutigende Worte zu. Nötig waren diese nicht, wie sich anderthalb Stunden später herausstellen sollte. Maurice Bauers Rede, die er dem Thema „Kampf gegen Armut“ widmete, war kein Weckruf oder Plädoyer für mehr Soziales. Vielmehr wurde mit unzähligen Hinweisen auf den kürzlich vorgestellten Aktionsplan gegen Armut die Regierungspolitik als unumstößlich dargestellt. Ein merklicher Unterschied zu den bisher deutlich kritischeren Tönen eines CSV-Fraktionsvorsitzenden Marc Spautz, der der Budgetrede erstmals von der Regierungsbank als neuer Arbeitsminister beiwohnte.

Maurice Bauer stellte die Regierungspolitik in seiner Budgetrede in den Vordergrund
Maurice Bauer stellte die Regierungspolitik in seiner Budgetrede in den Vordergrund Foto: Chambre des députés

Bevor jedoch der CSV-Abgeordnete ans Rednerpult treten konnte, dominierte die Tagesordnung der letzten Chamberwoche (siehe Kasten) in diesem Jahr die Diskussionen im Plenum. Denn für Dienstag stand neben der Budgetrede, die letzten Endes nur eine knappe Stunde vereinnahmte, nur noch der Besuch des armenischen Außenministers auf der Tagesordnung der Chamber. Am Mittwoch und Donnerstag wird die Chamber voraussichtlich für jeweils zwölf Stunden zusammenkommen, um zahlreiche Gesetzesprojekte – darunter auch die Rentenreform (ohne steuerliche Maßnahmen) sowie die Liberalisierung der Handels- und Sonntagsöffnungszeiten – noch vor Jahresende zu evakuieren.

Streit um Tagesordnung

„22 Gesetzesprojekte müssen noch gestimmt werden, darunter auch politisch brisante Dossiers von großer gesellschaftlicher Relevanz“, monierte LSAP-Fraktionschefin Taina Bofferding. Da solle man nicht „schnell derduerch bretschen“. Dem schlossen sich dann auch alle Oppositionsparteien an, die vor allem politisches Kalkül hinter dem vollen Chamberprogramm vermuten. „Es ist mir zu Ohren gekommen, dass die Regierung diese Dossiers noch im Jahr 2025 evakuieren will, weil diese all das vereinen, was im Jahr 2025 schiefgelaufen ist“, vermutet der Linken-Abgeordnete Marc Baum. „Wir sollten als Chamber nicht auf die Befindlichkeiten der Regierung hören.“
Argumente, die bei den Mehrheitsfraktionen CSV und DP wenig Anklang fanden. Bei der geforderten Abstimmung zum Chambermenü der Woche wichen die 34 Mehrheitsabgeordneten (nach dem Wechsel von Marc Spautz in die Regierung wird Georges Mischo nach seinem Ausscheiden aus der Regierung erst im Januar wieder in der Chamber vereidigt) nicht von der Regierungslinie ab, sodass das Parlament wie vorgesehen über alle Dossiers in dieser Woche abstimmen wird.

Dann aber war es endlich an Maurice Bauer. Es dauerte allerdings, bis der Berichterstatter zum Kernthema seiner Ausführungen kam. Erst nach knappen 20 Minuten, also in etwa der Hälfte seiner Ausführungen, fällt das in den vergangenen Wochen omnipräsente Schlagwort „Kampf gegen Armut“ erstmals. Zum Vergleich: Vorjahresberichterstatterin Corinne Cahen erwähnte das übergreifende Thema „Künstliche Intelligenz“ bereits nach wenigen Minuten auf Seite vier ihrer Rede.

Anlaufschwierigkeiten

Vorher zeichnete Bauer einen Abriss der globalen und nationalen Wirtschaftslage und beschwor die nationale Einheit gegenüber den Herausforderungen der Zeit herauf: „Mir wäerten eis op déi grouss Linne vun der globaler weltwäiter Wirtschaft astellen, fir d’Stabilitéit, de sozialen Zesummenhalt an eis wirtschaftlech Nohaltegkeet zu Lëtzebuerg ze sécheren.“ In diesen Kontext der Einheit bettet sich auch Bauers rote Linie seiner Budgetrede ein. Immer wieder werden die von der CSV-DP-Regierung getroffenen Maßnahmen hervorgehoben und die Weitsicht von Parteikollege und Finanzminister Gilles Roth gelobt. Um den nach der Regierungsumbildung nach außen demonstrierten Parteifrieden innerhalb der CSV nicht zu gefährden, beschränken sich die Vorschläge seitens Bauer an die Regierung auf nicht allzu kontroverse Themen: die Ausweitung der automatischen Auszahlung auf die „subvention loyer“ oder ein für die Bürger transparent aufgeschlüsseltes Informationsblatt nach dem Vorbild Neuseelands, wie die gezahlten Steuergelder verwertet werden. Forderungen, die vielmehr konsolidieren als neue Baustellen schaffen sollen. Das machen auch die zahlreichen Verweise auf den von der Regierung ausgearbeiteten und am vergangenen Montag vorgestellten Armutsplan immer wieder deutlich.

Nur ein Vorschlag des Berichterstatters fällt etwas aus dem orthodoxen Rahmen der Budgetrede. Unter dem Kapitel „Triple A fir Triple S“ sinniert Bauer über die Möglichkeit, Neugeborenen 500 Euro als Investmentkapital zu schenken. „Das würde unserer Wirtschaft zugutekommen und wäre auch im Sinne einer verbesserten Finanzbildung“, erklärt der CSV-Abgeordnete seinen Vorschlag. Als Banquier zur Welt kommen: Viel einfacher lässt sich der liberale Kurs, den sich die CSV-DP-Regierung vor zwei Jahren gegeben hat, kaum auf Familien-, Bildungs- und Finanzpolitik herunterbrechen. Die Vorschläge Bauers hinsichtlich eines „green budgeting“ werden ob der Regierungsmaxime, dass Umweltpolitik „nicht nerven soll“, wohl nur Vorschläge bleiben.

Regierungskompass

Dass Maurice Bauer darauf bedacht war, keine Kontroversen auszulösen, lässt sich auch daran erkennen, dass die großen politischen Dossiers der vergangenen Monate kaum eine Rolle spielten. Solide Staatsfinanzen (trotz steigender Schuldzinslast), eine zukünftig sinkende Arbeitslosigkeit (trotz gegenteiligen Entwicklungen) und eine sich erholende Wirtschaft waren Aspekte, auf die der Berichterstatter verwies. Die im Mehrjahresbudget nicht festgeschriebenen Ausgaben für die steigenden Verteidiungsverpflichtungen und die angekündigte Steuerreform wurden nicht erwähnt.

Dass die Europäische Kommission Luxemburg in ihrer Risikoanalyse eine eher schlechte Zensur ausstellt, macht Maurice Bauer vor allem an den steigenden Kosten im Gesundheits-, Pflege- und Rentensektor fest. „Dofir klasséiert d’Europäesch Kommissioun eis am Gesamtbild als Land mat héijem Risiko fir d’laangfristeg Soutenabilitéit. Dat ass keen Alarmismus – mee eng Warnung, déi mir eescht huelen“, beschwichtigt Bauer. „Dowéinst huet dës Regierung och, ënnert anerem, d’Consultatioun fir eng Pensiounsreform lancéiert an éischt Mesurë proposéiert, fir d’Situatioun vun eisem Pensiounssystem ze verbesseren.“ Dabei hat selbst die Regierung Frieden sich mittlerweile eingestanden, dass die angekündigten Maßnahmen das Luxemburger Rentensystem allenfalls bis zu den kommenden Wahlen stabilisieren werden. Am eigens gesetzten Ziel einer mittelfristigen Stabilisierung des Rentensystems scheiterte die Regierung bekanntlich.

Nur in einem Punkt weicht Maurice Bauer vom vorgegeben Kurs der Regierung ab. Während CEO Luc Frieden (CSV) immer wieder auf eine starke Wirtschaft pocht, um eine starke Sozialpolitik zu ermöglichen, kehrt Bauer die Kausalität um. „Was sozial Sinn ergibt, ergibt auch wirtschaftlichen Sinn“, meint der Zentrums-Abgeordnete. 46 Prozent des Budgets würden für Sozialtransfers zur Verfügung stehen (eine Zahl, die die „Chambre des salariés“ in ihrem Gutachten zum Haushaltsentwurf infrage stellt). „En niddregen Aarmutsrisiko stäerkt d’sozial Kohäsioun. D’sozial Kohäsioun dréit zum soziale Fridde bäi. Soziale Fridden ass e Standuertfaktor a Virdeel.“ Ein feiner semantischer Unterschied, der vielleicht auf das neu entdeckte Sozialgewissen der CSV hindeuten könnte, letzten Endes aber nicht mehr als eine Fußnote im realpolitischen Alltag dieser Woche bleiben wird.

Keine Fußnote und durchaus lobenswert ist der Umstand, dass sich die Umkehr von Sozialbittstellern zu Hilfeempfängern ob der automatischen Auszahlung einiger Hilfen gelohnt hat. Laut Bauer beziehen 25 Prozent mehr Haushalte (fast 3.000 in absoluten Zahlen) als noch im Vorjahr bestimmte Sozialhilfen.

Mit einem Augenmerk auf die Zahl 25 schließt Maurice Bauer seine Rede. Mit „vill Hëllefen a Moossnamen“ und einem „ambitiéisen Aarmutsplang“ hofft der Berichterstatter die 25 Oppositionsabgeordneten von der Regierungspolitik überzeugen zu können. Angesichts des politisch brisanten Restprogramms der Woche wird dies wohl ein frommer Wunsch bleiben. Der CSV kann das egal sein.