EditorialDie Hass-Pandemie erreicht Luxemburg

Editorial / Die Hass-Pandemie erreicht Luxemburg
Wenn das Vertrauen in Staat und Experten verloren geht Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Morddrohungen gegen den Premier, Stinkefinger in der Chamber sowie Raunen gegen „Mainstream“-Medien und Experten: Die Hass-Pandemie erreicht Luxemburg. Zu den Hintergründen eines toxischen Klimas.

Was haben Polit-Urgestein Mars di Bartolomeo und US-Chefimmunologe Anthony Fauci gemeinsam? Richtig: Beide erhalten den wenig schmeichelhaften Beinamen „Hitler“. Während Fauci seit Beginn der Pandemie den Hass der Corona-Leugner auf sich zieht, kam MdB jüngst in den Genuss der neuen politischen Gepflogenheiten. Im Tageblatt-Gespräch erzählte er vom Vergleich mit dem Diktator des planmäßigen Holocausts: vor der Chamber – auf einem Plakat.

Doch auch in der Abgeordnetenkammer geht es wenig zivilisiert zu. Blick nach oben. Erhobene Arme. Leichte Resignation. Spaziergang zurück zum Rednerpult. „Ich habe versucht, eine respektvolle Rede zu halten, die die zwei Lager nicht gegeneinander aufbringen, sondern näherbringen sollte – also die Leute, die sich haben impfen lassen, und die, die es nicht sind oder es nicht wollen.“ Was ist passiert? Die Chambersitzung wird unterbrochen. Eine aufgebrachte Zuschauerin verlässt den Saal – sie hat Gilles Baum den Mittelfinger gezeigt.

Wer Plakate und „Stinkefinger“ noch weglacht, sollte spätestens bei Morddrohungen aufwachen. Dass Premier Bettel wegen seiner Corona-Politik mit dem Tod gedroht wird, zeigt, wie gefährlich die Schlussphase dieser Pandemie ist. Fast amüsant, wäre die Lage nicht so ernst, die obligatorische Frage: Wie konnte es bloß so weit kommen? „An dat bei eis?“ Ja, liebe Freunde der Sonne, „dat gëtt et och bei eis“. Denn auch in Luxemburg entwickelt sich eine überschaubare, aber gefährliche Stimmungsmache gegen evidenzbasierte Politik und Expertise im weitesten Sinne.

Genährt wird sie von den vielen Opportunisten:

– Parteien, die haarsträubende Zusammenhänge zwischen dem Covid-Gesetz und der Verfassungsreform herstellen;

– Social-Media-Schwurblern, die mit Klagen Forscher und Journalisten mundtot machen wollen;

– Verschwörungstheoretikern, die Ungeimpfte mit Juden vergleichen, Antisemitismus unter dem Deckmantel eines inakzeptablen Geschichtsrevisionismus praktizieren, sprich Niedertracht in ihrer hemmungslosesten Form freien Lauf lassen;

– Quacksalbern in Weiß mit dem Hang zum Messianischen, die vor der Chamber gefeiert werden – weil sie ihre Berufsregeln unbekümmert mit Füßen treten;

– Corona-Trittbrettfahrern, die den Einsatz für Arbeitnehmer dazu instrumentalisieren, ihre Agenda durchzuboxen. Spoiler Alert: Ihnen geht es weder um die Gesundheit dieser Menschen noch um ein gerechteres, sozialverträglicheres Covid-Check-Regime.

Sie alle nähren ein Klima des Misstrauens in öffentliche Institutionen und Expertise. Aus falsch verstandener Skepsis wird jeder staatliche Mitarbeiter oder Forscher zum Feind hochstilisiert. „Bevor die den Mund auftun, weiß ich schon, was sie erzählen.“ Doch wehe dem, der rezente Einschätzungen öffentlich korrigiert. Dann heißt es: „Ha, die hohle Nuss hat sich geirrt, faaaaake!“ Das Ironische daran: Politiker und Experten sollten sich häufiger trauen, Fehler einzugestehen – denn was könnte in unserer eindeutigkeitssüchtigen Gesellschaft wissenschaftlicher sein?

Tarchamps
26. Oktober 2021 - 17.12

@Lucilinburhuc / "Ich würde gerne den Impfgegner ihre Meinung und Entscheidungsfreiheit gönnen. Das geht aber leider nicht. " Also so ein Lager im Ösling würde nicht die Welt kosten.

Lucilinburhuc
21. Oktober 2021 - 20.03

Ich würde gerne den Impfgegner ihre Meinung und Entscheidungsfreiheit gönnen. Das geht aber leider nicht. Wir brauchen eine höheren Anteil von Geimpften damit wir zusammen aus dieser Krise geraten. Liebe Impfgegner, vielleicht könnt ihr eure Angst und/ oder Zweifel überwinden mittels den Gedanken an einem solidarischen Beitrag an der Gesellschaft? Oder machen Sie es für ihre Nächsten...

Wieder Mann
21. Oktober 2021 - 15.08

@titu: Lieber auf der falschen Seite stehen als sich wie die Fähnchen nach dem Wind drehen.

titi
21. Oktober 2021 - 14.29

@ Wieder Mann: Sie stehen anscheinend immer auf der falschen Seite.

Wieder Mann
21. Oktober 2021 - 13.18

@HTK: Zu Zeiten der großen Friedensdemozeit stand ich auf der uniformierten Seite und ein Stinkefinger wäre noch das Harmloseste gewesen was zu erwarten gewesen . „ Mäerder an Uniform , Kriichsdreiwer „wurden wir betitelt und die diese Zeit die geistigen Anführer waren sitzen heute europaweit an den Schalthebeln der Macht. „ Och wenn se dat an nach méi vergiess hun, ech vergiessen et net.“

Datdoasssuper
21. Oktober 2021 - 11.46

Corona-Trittbrettfahrern, die den Einsatz für Arbeitnehmer dazu instrumentalisieren, ihre Agenda durchzuboxen. Spoiler Alert: Ihnen geht es weder um die Gesundheit dieser Menschen noch um ein gerechteres, sozialverträglicheres Covid-Check-Regime. Mengen, Gewerkschaften hun d’Pflicht an d’Recht fir sech d’Arbeitnehmer anzesetzen ! Ären Kommentar fannen ech total déplacéiert !

HTK
21. Oktober 2021 - 11.34

Mündige Bürger die den Stinkefinger zeigen und gröhlend den Saal verlassen sind eben keine mündigen Bürger.Geschweige denn solche die Drohungen aussprechen.Wir verfallen zusehends einer Brutalisierung der Gesellschaft durch eben jene "social media-Verblödung",wo sogar Ärzte ihre Chance sehen ins Gespräch zu kommen. Guter Artikel jedenfalls.Unser System funktioniert sehr gut und das schon sehr lange.Die Demokratie gerät nicht durch die gewählten Politiker in Gefahr sondern durch jene Fackelträger und "Schreiberlinge" die ihr Halbwissen stolz zutage tragen.

carla
21. Oktober 2021 - 11.26

@Wieder Mann "Mündige Bürger müssen das Recht haben ihre Meinung zu vertreten, alles Andere wäre Zensur." Zensur ist nur wenn der Staat es tut, alle anderen dürfen Impfgegner nach Lust und Laune zensieren. Ungeimpfte Handwerker kommen bei uns zu hause nicht rein und im Betrieb stellen wir keine ein, die Impfgegner haben wir bereits entlassen. Die Stimmung im Volke von Medien , Politik angeheizt , hoffe ich dies nicht in eine Hexenjagd ausartet, die Impfverweigerer nicht zu den Aussätzigen unserer Zeit verstoßen werden. Menschenverachtende Hetze , Gewalt ist zu verurteilen , bei Impfgegner, wie Impfbefürworter.Kontroverse Diskussionen und Respekt auf gleicher Augenhöhe, scheitert diese ist auch unsere demokratische Gesellschaft gescheitert.

Gast de la Piquouse
21. Oktober 2021 - 10.31

Ich würde eher von einer unbeantworteter Frage-Epidemie sprechen, oder ?

grenzgegner
21. Oktober 2021 - 9.51

@Markus Heinz: In ihrem hochgradig polemischen Beitrag erwähnen Sie allerdings nicht, um welche "Fehler" es sich handeln soll. Es ist bequem, einfach irgendetwas in den Raum zu stellen, dass dann unbegrenzten Raum für Spekulation lässt! Etwas genauer bitte! Von "Corona-Anhängern" zu sprechen, will ich jetzt nicht weiter kommentieren - ich hoffe mal, das war nur eine verunglückte Formulierung... Ich persönlich halte jene Impfgegner, die aus prinzipiellen Gründen (nicht aus medizinischen) eine Impfung ablehnen, für asozial. Davon abgesehen muss, wer Impfungen und andere Maßnahmen kritisiert, auch akzeptieren, selbst kritisiert zu werden.Dann davon zu sprechen, man werde "bekämpft" und "verfolgt", ist einfach nur noch peinlich.

Wieder Mann
21. Oktober 2021 - 8.20

Mündige Bürger müssen das Recht haben ihre Meinung zu vertreten, alles Andere wäre Zensur. Die Stimmung im Volke von Medien , Politik angeheizt , hoffe ich dies nicht in eine Hexenjagd ausartet, die Impfverweigerer nicht zu den Aussätzigen unserer Zeit verstoßen werden. Menschenverachtende Hetze , Gewalt ist zu verurteilen , bei Impfgegner, wie Impfbefürworter.Kontroverse Diskussionen und Respekt auf gleicher Augenhöhe, scheitert diese ist auch unsere demokratische Gesellschaft gescheitert.

Claude Clemens
21. Oktober 2021 - 7.59

Sie haben was die nahrung angeht leider nur eine seite aufgezählt, die "gegenseite" leider vergessen. Schade, aber es passt: wenn alles nur noch in eine richtung geht und auch die medien quasi exlusiv nur diese eine seite der medaille beleuchten, dann muss man sich auch über Ihre einseitige aufzählung nicht wundern. Nichts für ungut

Klod
21. Oktober 2021 - 7.12

Einem grossartigen zeitgenossen wie Baum den mittelfinger zu zeigen...das geht nun wirklich auf keine kuhhaut.