Donnerstag20. November 2025

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GesundheitsversorgungDie AMMD droht, die Konvention mit der CNS zu beenden. Für Luxemburgs Patienten wäre das fatal.

Gesundheitsversorgung / Die AMMD droht, die Konvention mit der CNS zu beenden. Für Luxemburgs Patienten wäre das fatal.
Die AMMD droht der CNS und der Regierung mit einem Ende der Konvention Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Kurz vor der Quadripartite des Gesundheitssektors geht die AMMD auf die Barrikaden. Die Ärzteschaft droht unverhohlen mit der Auflösung der Konventionen, falls die CNS ihren Forderungen nicht nachkommt. Was würde das für die Patienten bedeuten?

Ein Arztbesuch in Luxemburg ist unkompliziert. Karte vorzeigen, die Rechnung geht an die Krankenkasse. Doch diese Selbstverständlichkeit steht auf dem Spiel. Die Ärztevereinigung AMMD will am 8. Oktober entscheiden, ob sie die Konvention mit der CNS kündigt. Das hat ihr Präsident Chris Roller am Donnerstag in einer Einladung an die Mitglieder angekündigt. Radio 100,7 hatte zuerst darüber berichtet, dem Tageblatt liegt der Text ebenfalls vor. Für Patienten steht viel auf dem Spiel, denn ein Ende der Konvention hätte weitreichende Folgen: Unsicherheit über die Kosten beim Arztbesuch. Höhere Eigenanteile. Und möglicherweise ein Zwei-Klassen-System in der Gesundheitsversorgung.

Die Drohung wirkt, als würden Ärzte die Patienten als Geisel nehmen – und sie zeigt, wie sehr das Verhältnis zwischen Ärzteschaft und Krankenkasse zerrüttet ist. In ihrer Einladung spricht die AMMD von „mépris“ – Missachtung durch die CNS und das Gesundheitsministerium. Die jüngste Eskalation entzündete sich an der sogenannten „valeur lettre-clé“, dem Schlüsselwert, nach dem ärztliche Leistungen abgerechnet werden. Die Ärzte wollten eine Erhöhung von 2,68 Prozent, die CNS bot nur die Hälfte. Die Forderung ist nicht aus der Luft gegriffen, sondern bezieht sich auf die Berechnungen der IGSS. Was nach Prozentpunkten klingt, bedeutet über eine Arztkarriere hinweg fast 100.000 Euro Unterschied. Für die Ärzte ist das nicht nur eine Frage des Einkommens. Es ist auch Ausdruck des fehlenden Respekts, den sie der CNS ankreiden.

Leere Versprechen

Für AMMD-Präsident Roller geht das Problem nämlich weit tiefer. „Der Koalitionsvertrag hat vieles versprochen, aber wenig wurde umgesetzt“, sagt er. Er verweist auf den „virage ambulatoire“, also den Ausbau der ambulanten Versorgung, der seit Jahren angekündigt, aber nicht umgesetzt ist. Patienten warteten oft monatelang auf Termine, während Behandlungen im Krankenhaus teurer und weniger effizient seien. Auch die Digitalisierung hängt fest: Das elektronische Patientendossier funktioniert nicht, die Erstattung von Rechnungen sei halb digital, halb Papier – und ab Januar trotzdem Pflicht. Für Roller ist das ein Beispiel dafür, wie Politik und Krankenkasse auf Zeit spielen, während die Probleme wachsen. Die Ärzteschaft, das gibt er unumwunden zu, hatte sich von einer CSV-DP-Regierung mehr versprochen. 

Es ist scheinheilig, zu sagen, wir hätten keine Zwei-Klassen-Medizin

Chris Roller, AMMD-Präsident

Die Drohung, die Konvention zu kündigen, ist für Roller ein Weckruf: „Wir müssen die Patientenversorgung sichern – schneller, besser, effizienter. Es kann nicht sein, dass man für einfache Behandlungen ins Krankenhaus muss.“ Zugleich fordert er mehr Freiräume für Ärzte. Aus seiner Sicht diktiere die CNS mittlerweile die Bedingungen, während das Konventionssystem eigentlich ein Vertrag auf Augenhöhe sein sollte. Die Konvention lege Leistungen so streng fest, dass manche Behandlungen nicht angeboten werden könnten, obwohl Patienten sie wollten und bereit wären, dafür zu zahlen. „Es ist scheinheilig, zu sagen, wir hätten keine Zwei-Klassen-Medizin. Viele gehen längst ins Ausland, wenn sie etwas Bestimmtes brauchen.“

Ganz anders bewertet Mars Di Bartolomeo die Lage. Der LSAP-Abgeordnete und frühere Gesundheitsminister hält die Drohung der AMMD für gefährlich – für Ärzte wie für Patienten. „Die Konventionierung ist im Interesse des solidarischen Systems“, sagt er. Es gebe Sicherheit für Ärzte und Planbarkeit für Patienten. Ein Ausstieg aber würde das Gegenteil bewirken: „Wir reden dann über Tarifunsicherheit, über Patienten, die plötzlich aus eigener Tasche zahlen müssen, und über ein System, das in zwei oder drei Klassen zerfällt.“

Es wäre ein zweischneidiges Schwert. Sicher nicht gut für den Patienten – und am Ende auch nicht für die Ärzte.

Mars Di Bartolomeo, LSAP-Abgeordneter

Di Bartolomeo versteht dabei durchaus, dass die Ärzte unzufrieden sind. Die Regierung habe den versprochenen Umbau hin zu mehr ambulanter Versorgung verschleppt. Auch die digitale Infrastruktur bleibe unzureichend. Doch die Drohung mit einem Bruch trifft aus seiner Sicht die Falschen: nicht die Politik, sondern die Patienten. „Es wäre ein zweischneidiges Schwert. Sicher nicht gut für den Patienten – und am Ende auch nicht für die Ärzte.“

Das Interesse des Patienten

Die AMMD hält dagegen, dass viele Probleme gerade im Interesse der Patienten gelöst werden müssten. Sie fordert kürzere Wartezeiten, mehr Investitionen in Praxen, eine Reform der Abrechnungslogik und einen rechtlichen Rahmen, der medizinische Gesellschaften ermöglicht. Dass andere Bereiche des Gesundheitssystems – vom Pflegepersonal bis zum Krankenhaus – zuletzt Gehaltserhöhungen durchgesetzt hätten, während Ärzte mit kleinen Prozenten abgespeist würden, verstärke das Gefühl der Ungleichbehandlung.

Für die Patienten aber bleibt vor allem eines: Unsicherheit. Bisher gilt Luxemburg als Land mit sehr niedrigen Eigenanteilen. Wer zum Arzt geht, zahlt sehr wenig. Fiele die Konvention weg, wäre dieses Prinzip in Frage gestellt. Manche Ärzte könnten sich außerhalb des Systems höhere Honorare erlauben, andere würden im Kassenrahmen bleiben. Für Patienten entstünde ein Flickenteppich – und die Notwendigkeit, jedes Mal zu prüfen, was übernommen wird und was nicht.

Und was sagen CNS und Regierung? Auf Nachfrage per Telefon und per E-Mail war bis Redaktionsschluss von der CNS keine Antwort zu bekommen. Ministerin Martine Deprez (CSV) war derweil am Freitag in New York und hielt eine Rede bei der Generalversammlung der Vereinten Nationen. Auch sie war für ein Statement nicht zu erreichen, eine schriftliche Antwort ist dem Vernehmen nach in Arbeit, stand aber bis Redaktionsschluss noch aus. „Déi Lénk“ hat unterdessen den Antrag gestellt, das Thema bei der nächsten parlamentarischen Gesundheitskommission auf die Tagesordnung zu stellen.

Derweil: Entschieden ist noch gar nichts. Am 8. Oktober werden die Mitglieder der AMMD diskutieren und abstimmen. Das Ergebnis könnte den Gesundheitsminister und die gesamte Regierung zu einem Kurswechsel zwingen – oder aber den ersten Riss im solidarischen System bedeuten. Viel hängt davon ab, wie geschlossen die Ärzteschaft hinter dem Vorstoß ihres Präsidenten steht. Denn Di Bartolomeo erinnert auch daran: „Die große Mehrheit der Ärzte lebt gut mit dem System.“

Alain
28. September 2025 - 22.56

Wat soll een eigentlech nach vun där Ministesch halen. Doheem brennt de Bam - Renten, CNS - a sie turnt zu NYC ronderëm, wéi wann sech do iergendeen fir d'Ried vun enger lëtzebuergescher Sozialministesch géif intresséiren. Sie soll mam A.... doheem bleiwen an hir Aarbecht maachen, dat géif de Steierzueler en plus vill Suë spueren. Ween huet se iwwerhaapt an d'Regierung geholl, sie stung emol op kengem Walziedel?

Alain
28. September 2025 - 22.48

All Zänndokter, wou ech bis elo war, huet mir d'office 50 EUR CP - convenance personnelle - verrechent, well ech op RV komm sinn. Wéi wann dat nëmmen fir méng Convenance gewiescht wär. Am Endeffekt hunn ech mech jo ausschliesslech no séngen Disponibilitéiten geriicht. A wann et fäerdg war, souz ech awer an der Salle d'attente ze waarden. 15min, 30min. An dann fänk emol dono un, iwwer d'Rechnung ze streiden ...

Nomi
27. September 2025 - 18.17

Hun firun e puer meint 90€ bei engem Generalist bezuehlt fir 15 Minuten.

Daat sinn 360€ Stonn.
An dofir wollten nemmen mein Geld an mech nemmen miserabel behandelen !

Oder mussen och d'Wardenzeiten an der salle d'attente bezuehlt ginn ?

JJ
27. September 2025 - 9.27

War in Frankreich beim Arzt. 24€ bekommt der für eine normale Visite.Habe ihn gefragt warum er nicht nach Luxbg auswandert. Er sagte er wolle nicht unzufrieden sein.

Grober J-P.
27. September 2025 - 0.20

"Das Interesse des Patienten" 2 Klassen Patienten oder?
Mein spezielles Interesse wäre es den Hausarzt von nebenan bei Notfällen anfordern zu können, anstatt ewige Zeit, schon mitgemacht, auf den über 112 gewünschten Notarzt zu warten. Anderer Fall gehabt, Kehlkopfdiphtherie, war am Ersticken, damals durfte der Onkel noch nach Hause. Innerhalb 4 Minuten hatte ich meine erlösende Spritze.
"ersten Riss im solidarischen System."
Der Riss ist bereits da, oder wie nennt man es, wenn ein Onkel Doktor seine Tarife für seine neuen Apparaturen nach Belieben verrechnen kann?
"Auch die digitale Infrastruktur bleibe unzureichend." Bin zu alt für zu viele "Strukturen".
Vorletzte Woche zum ersten Mal "digital" bezahlen müssen, keine andere Wahl gegeben. Wollte wissen was denn nun verrechnet wurde, leider kein Beleg dafür möglich. Müsste jetzt die CNS befragen, oder? Nomenklatura wird abgeschafft.
"Es ist scheinheilig, zu sagen, wir hätten keine Zwei-Klassen-Medizin"
Der Chris hat es herausgefunden und will es noch vorantreiben.
Die "Auktionshäuser" werden eröffnet werden. Amerikanische Verhältnisse.