Samstag25. Oktober 2025

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Budget EschDie Alzettestraße als Streitthema: Zu früh, zu spät oder gar nicht?

Budget Esch / Die Alzettestraße als Streitthema: Zu früh, zu spät oder gar nicht?
Fast acht Stunden lang wurde am Freitag im Escher Gemeinderat debattiert Foto: Editpress/Julien Garroy

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7 Stunden und 45 Minuten dauerte die Haushaltsdebatte am Freitag im Escher Gemeinderat, wobei über weite Strecken durchaus sachlich diskutiert wurde. Am Ende waren sich die schwarz-blau-grüne Mehrheit und die Opposition erwartungsgemäß dennoch nicht einig. Gegen die Stimmen von LSAP, „déi Lénk“ und ADR wurden die Haushalte des Jahres 2024 und 2025 angenommen. 

Kritik gab es von der Opposition in erster Linie wegen des geringen Prozentsatzes an realisierten Projekten, den fehlenden Investitionen in die Straßenrenovierung und der Kulturpolitik. „Ankündigungspolitik“ warf zum Beispiel LSAP-Fraktionssprecher Steve Faltz dem Schöffenrat vor. Der massive Unterschied zwischen den Versprechen an die Bürger und den realisierten Projekten habe nichts mit guter und seriöser Haushaltspolitik zu tun, so Faltz. Während andere Gemeinden 75 Prozent der Projekte in den Haushaltsentwürfen auch umsetzten, sei man in Esch bei einem Prozentsatz von 45. Der Wähler würde so hinters Licht geführt, sagte Faltz.

Auch Marc Baum („déi Lénk“) beanstandete die enormen Differenzen und wollte eine „neue Bescheidenheit“ aus der Haushaltsrede von Bürgermeister Christian Weis (CSV) vor zehn Tagen herausgehört haben. Was wohl daran läge, dass Weis die Scherben seines Vorgängers und jetzigen Ministers Georges Mischo (CSV) zusammenkehren müsse. Die Redner der Mehrheitsparteien verteidigten später das Budget als „verantwortungsvollen Umgang mit Geld“, während Weis auf die Jahre 2015, 2016 und 2017 unter LSAP-Führung verwies, in der das Verhältnis auch nicht anders gewesen sei. „Natürlich ist der Anspruch, ein besseres ,Réalisé‘ hinzukriegen (…), doch haben wir stets auf die Zahlen geguckt“, sagte Weis. Die Opposition könne nicht bei der Vorstellung des mehrjährigen Finanzplans die geplanten Schulden anprangern, und nun bei der Haushaltsdebatte fehlende Investitionen. Das sei ein Widerspruch, so der Bürgermeister. 

Streitpunkt Alzettestraße

Dass die bereits vor den Wahlen groß angekündigte Neugestaltung der Alzettestraße gestorben ist, gefällt der Opposition im Gemeinderat nicht. Einhelliger Tenor: Es ist in Hinblick auf die demnächst entstehenden neuen Stadtviertel „Rout Lëns“ und „Metzschmelz“ dringend notwendig, die längste Einkaufsstraße des Landes zu modernisieren, damit das Zentrum gegenüber der Neubaugebiete attraktiv bleibt. Das sieht die Mehrheit anders. Sie spricht von einem Aufschwung durch die Ansiedlung 22 neuer Geschäfte, den man nicht durch eine lange Baustelle in Gefahr bringen wolle. „Der Leerstand ist nicht komplett aufgehoben“, sagte der zuständige Schöffe Pim Knaff (DP) in seiner ersten längeren Rede im Gemeinderat seit seiner bekannt gewordenen Verurteilung wegen schweren Steuerbetrugs. „Wir sind noch immer in einer Krisensituation. Deshalb wollen wir die Geschäftsleute nicht mit einer solchen Baustelle belasten“, so Knaff.

Grünes Licht für Videoüberwachung am Bahnhof

Kritik gab es von der Opposition auch am vor den Wahlen vorgestellten „Plan local de sécurité“ (PLS). Eine Reihe vom Maßnahmen wie eine bessere Beleuchtung an neuralgischen Stellen sei noch nicht umgesetzt worden, so der Vorwurf. Bürgermeister Weis bestritt das und wartete mit der Neuigkeit auf, dass man in dieser Woche grünes Licht vom Innenministerium für die Videoüberwachung rund um den Bahnhof erhalten habe.

„Im Zentrum ist viel zu machen, und es geht bei weitem nicht nur um die Alzettestraße“, hatte zuvor Steve Faltz gesagt und dabei die fehlenden Investitionen in den Hoch- und Tiefbau kritisiert. Bei der Renovierung von Straßen stehe nichts Neues in der Haushaltsvorlage für 2025, sondern lediglich Projekte, die bereits Bestandteil des Budgets von 2024 waren. Er stellte prinzipiell die Frage nach der Effizienz der eingesetzten Gelder. So sollen vier gemeindeeigene Häuser für insgesamt 4,5 Millionen Euro renoviert werden, dabei müsse man 40 Häuser für 20 Millionen renovieren, so Faltz. Marc Baum bemängelte derweil die fehlenden Investitionen in die unterirdischen Netze. In diesem Tempo brauche es noch 150 Jahre, ehe sie modernisiert wären, so Baum. 

Seine wohl letzte Haushaltsrede hielt unterdessen Jean Tonnar, der sich aller Voraussicht nach im kommenden Jahr aus dem Gemeinderat zurückziehen wird. Zumindest ließen die Untertöne seiner Rede darauf schließen. Der langjährige Schöffe rechnete mit der „Event-Kultur“ von frEsch und den hohen Kosten für den Kulturbetrieb ab. Vor allem die Betriebskosten der „Konschthal“ nahm der frühere Schöffe in einem Vergleich mit dem „Centenaire-Pavillon“ auf die Schippe.  

Pim Knaff verteigte die „Event-Kultur“, die er lieber als „Kultur im öffentlichen Raum“ bezeichnet. Die sei nun mal als Erbe von Esch2022 beschlossen worden und sie habe ihren Preis. „Wenn man das nicht mehr will, dann soll man das sagen und so entscheiden“, sagte Knaff trotzig. Er verwies auf den Publikumserfolg der Kulturnächte und des Francofolies-Festivals, das immerhin das größte Musikfestival in Luxemburg sei. Und frEsch sei schließlich „eine ganz junge Asbl., die ‚au plus vite‘ Aufgaben übernehmen musste“. Zuvor hatten gleich mehrere Oppositionspolitiker die ständigen Negativ-Schlagzeilen rund um den Kulturverein, der 2025 ein Jahresbudget von 3,9 Millionen Euro hat, thematisiert.    

Die Mehrheitsparteien sehen einen Aufschwung in der Alzettestraße und wollen diesen nicht durch eine langfristige Baustelle gefährden
Die Mehrheitsparteien sehen einen Aufschwung in der Alzettestraße und wollen diesen nicht durch eine langfristige Baustelle gefährden Foto: Editpress/Hervé Montaigu