Meistens kommt es anders als man denkt. Die bevorstehende Reise soll das Ziel haben, Deutschland eine Woche vor der Bundestagswahl den Puls zu fühlen. Der erste kurze Zwischenstopp ist an der deutsch-luxemburgischen Grenze.
Perl, Freitag um 18 Uhr: Ich kaufe mir eine Portion Fritten an der Imbissbude. Während ich warte, sehe ich auf dem neben mir parkenden Auto, dass der Fahrer etwas mit Wärmepumpen zu tun hat. Auch er ist dem Stau, der sich wegen der Grenzkontrollen auf der Moselbrücke gebildet hat, ausgewichen und hat sich zur Stärkung mit zwei halben Hähnchen eingedeckt. „Die sind noch günstig hier und schmecken richtig gut“, sagt er, nicht ahnend, dass ich mir an der Stelle schon oft etwas gekauft habe. „Heutzutage ist ja alles so teuer geworden“, so Hans-Peter aus Zweibrücken, wie sich der Mann mittleren Alters später vorstellt. Er spricht noch eine Weile über die Inflation, die es zu bekämpfen gelte. Dann sagt er: „Ich finde es gut, dass wieder Grenzkontrollen stattfinden, wegen der ‚illegalen‘ Flüchtlinge. Aber es nervt, wenn man schnell nach Hause will und in den Stau gerät.“
Auf meine Frage, wie das Geschäft mit den Wärmepumpen läuft, antwortet er: „Am Anfang sehr gut, dann hat es aber nachgelassen.“ In der Tat gab es im Jahr 2023 einen Boom mit 356.000 verkauften Geräten, die deutlich teurer sind als in den Nachbarstaaten, danach bracht der Absatz auf fast die Hälfte wieder ein. Dabei war das Ziel der Ampelkoalition eine halbe Million Wärmepumpen pro Jahr, um die Klimaziele umzusetzen. „Die Leute wissen nicht so recht, wie es weitergeht“, erklärt Hans-Peter. Manche haben in letzter Zeit noch eine bestellt, weil sie glauben, die neue Regierung würde die staatliche Förderung einstellen.“ Noch übernimmt der Staat bis zu 70 Prozent der Kosten für den Umstieg. Das Ampel-Aus und die Ankündigung des CDU/CSU-Spitzenkandidaten Friedrich Merz, das Heizungsgesetz der Ampel zu kippen, führte zu einem neuen Rekordhoch bei den Bestellungen. „Reine Torschlusspanik“, kommentiert Hans-Peter den neuen Trend.
Bad Bergzabern, Freitag um 19 Uhr 30: Die Gedanken an die Energiekrise, die fast die gesamte Regierungszeit der Ampelkoalition in der Folge des russischen Überfalls auf die Ukraine geprägt hat, beschäftigt mich noch eine Weile. Strom- und Heizungspreise umtreiben auch die Deutschen im Allgemeinen. Obwohl eine große Mehrheit der Deutschen den Klimawandel als menschengemacht anerkennt und den Ausbau der erneuerbaren Energien befürwortet, rufen die Energiewende, also der Umstieg von fossilen Energieträgern (und Atomenergie) auf erneuerbare wie Wind- und Sonnenenergie und die damit verbundenen Infrastrukturprojekte als „Triggerpunkte“ Unmut hervor. Vor allem die Windkraft wird stark angefeindet, Solarenergie dagegen kaum. Ein auf Fotovoltaik- und Solaranlagen spezialisierter Kleinunternehmer hatte mir im Sommer vergangenen Jahres im südpfälzischen Bad Bergzabern noch von seinen vollen Auftragsbüchern erzählt und mir kürzlich den positiven Trend bestätigt.

Aus der Gegend stammt übrigens der letzte in der Regierung verbliebene FDP-Politiker aus der Ampelkoalition, Justiz-, Digital- und Transportminister Volker Wissing, der aus der liberalen Partei austrat. Überhaupt durchfahre ich nach dem Saarland, wo die SPD mit absoluter Mehrheit regiert, ein zweites Mal durch ein rotregiertes Bundesland. In Rheinland-Pfalz gibt es noch eine Ampelregierung. Auf der Fahrt nach Karlsruhe passiere ich Kandel. Der Ort war vor einigen Jahren in die Schlagzeilen geraten, als ein Afghane seine 15-jährige Ex-Freundin durch mehrere Messerstiche getötet hatte. Kandel wurde danach zum Schauplatz von Aufmärschen von Rechtspopulisten und Rechtsextremen ebenso wie von Gegendemonstrationen. Etliche Bürger wehrten sich gegen diese „Geiselhaft“ – mit Slogans wie „Singen gegen rechts“ und „Kein Platz für rechte Hetze“.
Karlsruhe, Freitag 20 Uhr: Am Hauptbahnhof trifft der ICE aus Mannheim ein. „Was für ein Wunder! Er ist pünktlich“, sagt eine junge Frau, die sich über die Unzuverlässigkeit der Deutschen Bahn (DB) beklagt. In der Bahnhofshalle herrscht Hochbetrieb. Viele Passagiere steigen aus den Zügen, um in eine der S-Bahnlinien umzusteigen. In der Buchhandlung sortiert eine Verkäuferin Zeitungen und Zeitschriften, nachdem sie einem Kunden ein Buch bestellt hat: „Er kommt morgen wieder vorbei, um es sich abzuholen“, sagt sie. Es gibt eine feste Stammkundschaft, so die Frau, die schon lange hier arbeitet. Manche meinen, die Stimmung am Bahnhof sei aggressiver geworden. Das könne sie nicht bestätigen. Allerdings gebe es mehr arme und bedürftige Menschen, die im Bahnhof betteln, sagt mir ein Mann namens Seki, der Crèpes verkauft. „Viele suchen Flaschen oder Essbares in den Abfalleimern“, fügt er hinzu. „Sie sind aber meistens friedlich.“
Die Gegend zwischen Karlsruhe und Stuttgart gilt als Vorzeigeregion für mittelständische Unternehmen. Die Gemeinden und ihre Ortschaften sind neben schmucken Ortskernen und Neubaugebieten geprägt von weiten Gewerbegebieten, die in den vergangenen beiden Jahrzehnten deutlich gewachsen sind. Zwar schlägt nicht nur hier das ökonomische Herz Baden-Württembergs, aber es könnte kaum typischer sein. Für das boomende Karlsruhe mit seiner Exzellenz-Universität ist das Hinterland die ideale Wohngegend, angebunden und vernetzt über den Karlsruher Verkehrsverbund (KVV). Doch auch hier schlägt sich die wirtschaftliche Krise Deutschlands nieder. Konjunkturumfragen haben das dritte Krisenjahr in Folge vorausgesagt. Auch die Region zwischen der Baden-Metropole und der Landeshauptstadt bekommt dies zu spüren. Als ich vor Ort bin, ist gerade die Insolvenz der Härter Group, Hersteller von Stanz-, Biege- und Ziehteilen sowie Stanzwerkzeugen, in aller Munde, was laut regionaler Medienberichte wohl zu weit mehr als den ursprünglich 180 Entlassungen in Pforzheim und Umgebung führen wird. Allgemein hält sich in der Region die Arbeitslosenquote mit 4,3 Prozent in Grenzen.
Pforzheim, Samstag 10 Uhr: Krise ist in der traditionsreichen Pforzheimer Schmuckindustrie kein Fremdwort. Der Sektor hat sich in der oft als „Goldstadt“ titulierten nordbadischen Industriestadt zwar wieder gefangen und neu aufgestellt. Doch an irgendetwas muss es liegen, dass Pforzheim zu einer Hochburg der AfD geworden ist. Bei den Europawahlen im vergangenen Jahr holte die zumindest in Teilen rechtsextreme Partei 23 Prozent und wurde zweitstärkste Partei. Dass die AfD in der Stadt der drei Flüsse schon länger Erfolge erzielt, erklären politische Beobachter mit den sozialen Problemen. Der schwierige Strukturwandel halte bis heute an. Viele Menschen fühlen sich abgehängt in der Stadt, die mit 31,7 Prozent den höchsten Anteil an Migranten in Baden-Württemberg hat. Allgemein beträgt der Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund etwa 60 Prozent.
Unter ihnen befinden sich viele Spätaussiedler aus den ehemaligen Staaten der Sowjetunion. Viele der sogenannten Russlanddeutschen, von denen ein Großteil in der Trabantenstadt Buckenberg-Haidach leben, wählen rechts. Sie machen etwa 70 Prozent der Bevölkerung in dem Stadtteil aus, der von anderen schon Klein-Moskau oder Klein-Kasachstan genannt wurde. Unter ihnen ist der Anteil der AfD-Wähler überdurchschnittlich hoch. Auch die aktuelle Kandidatin der Partei für das Direktmandat in dem Wahlkreis gehört dazu, ist Nachfahrin von Spätaussiedlern. Ihr wichtigstes Thema, wie sie in einem Fragebogen der Badischen Neusten Nachrichten (BNN) äußert, ist die Migrationspolitik.
Die Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel und den öffentlichen Personennahverkehr müsste abgeschafft werden
Bei vielen Russlanddeutschen stellt sich die Identitätsfrage. Mit deutscher Staatsbürgerschaft und doch nicht ganz anerkannt, mit Vorurteilen behaftet und selbst offen mit italienischen und türkischen Immigranten rivalisierend, deren Familien häufig schon seit mehreren Generationen in Pforzheim leben, ist es auch eine Frage der Zugehörigkeit. Das Problem ist nicht geringer geworden, seit in den vergangenen Jahrzehnten noch Rumänen, Iraker und Syrer als größere Gruppen hinzugekommen sind. Es hat sich verschärft durch den Krieg in der Ukraine. Viele der Spätaussiedler haben sowohl in Russland als auch in der Ukraine Verwandte. Überhaupt ist die Sorge um den Weltfrieden durch die russische Bedrohung bei vielen Deutschen auf der Prioritätenliste. „Viele ältere Menschen haben noch den Krieg in Erinnerung“, sagt zum Beispiel die 83-jährige Renate, die sich verständnisvoll zeigt für die vorsichtige Haltung des aktuellen Bundeskanzlers Olaf Scholz (SPD). Andere wiederum fordern ein mehr selbstbewusstes Auftreten von einem Kanzler.
Die Stimmung im Wahlkampf sei aggressiver geworden, heißt es, und richte sich nicht zuletzt gegen linke Kandidaten. Der Linken-Kandidat Helmut Kuntschner, Diplomingenieur und Musiker der Punkband The Lennons, sorgt sich über die gestiegenen Lebenshaltungskosten. „Die Preise und Mieten müssen reguliert und begrenzt werden“, so der 58-Jährige im BNN-Fragebogen. „Die Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel und den öffentlichen Personennahverkehr müsste abgeschafft werden.“ Ihn sorgt aber auch, dass die AfD im Pforzheimer Gemeinderat die stärkste Kraft ist. Den Rechtsruck in der Gesellschaft habe er selbst zuerst unterschätzt. Er bedauert, dass einige Parteien ihre Abgrenzung nach rechts aufweichen.
Mühlacker, Samstag 13 Uhr: Drei junge Männer mit afrikanischem Migrationshintergrund fahren mit dem Zug nach Stuttgart. Eine Gruppe von Jugendlichen pöbeln das Trio im Outfit eines Lieferdienstes an. Zwar sind die Äußerungen nicht direkt rassistisch, aber einer sagt: „Ich kann mir alles erlauben, denn ich bin Deutscher.“ Einer seiner Kumpels ruft: „Digger, bist du blöd. Du bist doch Türke.“ Einer scheint deutscher als der andere sein zu wollen.

Stuttgart, Samstag 13 Uhr 30: Schon von weitem ist der Mercedes-Stern zu sehen. Tausende strömen aus den Zügen am Bahnhof. „Stuttgart 21“, so der Name der Dauerbaustelle, die schon längst zu einem Synonym für nie endende und immer teurer werdende Großprojekte geworden ist. Dabei hat die Schwaben-Metropole nicht erst seit heute ein dickes Verkehrsproblem. Waren es früher vor allem die Feinstaubwerte, die Rekordwerte erzielten, tat dies dem schwäbischen Wirtschaftsmodell keinen Abbruch: Schließlich verfügt der Ballungsraum Stuttgart über ein komplettes Automobil-Cluster von A bis Z, von den Autobauern wie Mercedes und Porsche bis hin zu den unzähligen Zulieferern, mittelständische Maschinenbauer.

Doch das Heilige Blechle könnte seinen Heiligenschein verlieren. Tausende Arbeitsplätze drohen zu verschwinden, prognostiziert das IMU-Institut Stuttgart in einer neuen Studie. Die Branche beschäftigt im Ländle etwa 240.000 Männer und Frauen. Grund zur Sorge sei die Digitalisierung von zahlreichen Gimmicks bis zum autonomen Fahren, schreibt die Wochenzeitung Kontext. Sie verweist auf erste Anzeichen des Niedergangs in der Branche in der VW-Stadt und erinnert an ein Szenarium aus der früheren US-Autometropole Detroit. Das dürfte zu apokalyptisch sein, entspricht aber den Befürchtungen unter anderem im Wahlkampf der CDU/CSU von einer Deindustrialisierung Deutschlands. Ankündigungen von Bosch, mehr als 5.000 Arbeitsplätze zu streichen, haben zudem Verunsicherung erzeugt. Vielerorts wird das angekündigte Aus des Verbrennermotors als Ursache genannt.
München, Samstag 22 Uhr: München tickt anders. Das kann Gudrun Lux, für die Grünen/Rosa-Liste im Stadtrat der bayerischen Hauptstadt, bestätigen. Bereits von 1996 bis 2014 haben die Grünen zusammen mit der SPD München regiert, nach einem rot-schwarzen Koalitionsintermezzo von sechs Jahren wieder seit 2020. Die Isarmetropole ist seit jeher im CSU-dominierten Freistaat mehr als ein Farbtupfer. Ein Beweis dafür wurde einmal mehr vor gut einer Woche erbracht, als laut Organisatoren mehr als 320.000 Menschen (250.000 laut Polizei) auf die Münchner Theresienwiese strömten, wo jedes Jahr das Oktoberfest stattfindet. Bei der Großdemonstration gegen rechts zeigten die Protestierenden eine klare Haltung gegen Hass und Hetze sowie gegen die rechte Politik nicht nur der AfD, sondern auch von CDU und CSU. „Mia san mehr“, so die Devise.

Zugleich verzeichnen linke Parteien eine Zunahme von Parteieintritten. Auch die Grünen, sagt Gudrun Lux. „Was in den USA in Sachen Demokratie-Erosion und -zerstörung passiert, lässt viele nicht kalt“, sagt sie. „Sie merken, dass Wählen nicht reicht, und treten deshalb bei.“ Eine ähnliche Entwicklung habe sie bereits vor acht Jahren, nach dem Beginn von Donald Trumps erster Amtszeit, festgestellt. In Deutschland und speziell in Bayern habe die anti-grüne Hetze des bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Parteichefs Markus Söder das Übrige dazu beigetragen. „Eine Folge des Grünen-Bashings ist nicht zuletzt, dass auch in München unsere Leute im Wahlkampf beschimpft werden.“
Dass die vergangene Woche eine tragische Entwicklung nehmen sollte, mit dem islamistisch motivierten Anschlag auf eine Demonstration der Gewerkschaft Verdi, war nicht abzusehen. „Das Attentat hat uns besonders erschüttert“, sagt Gudrun Lux. Der Wahlkampf wurde vorübergehend eingestellt, auch danach seien die Aktivitäten „heruntergefahren“ worden. Die 37-jährige Frau mit Migrationshintergund, die bei dem Anschlag zusammen mit ihrer zweijährigen Tochter ums Leben kam, war eine Angestellte der Stadt München.
Am Stiglmaierplatz brennen noch die Kerzen, die von den Trauernden und all den Menschen, die ihrer Trauer Ausdruck verliehen, aufgestellt wurden. Derweil ist ein weiterer Schock in der bayerischen Landeshauptstadt der Auftritt und die Rede des US-Vizepräsidenten J.D. Vance bei der Münchner Sicherheitskonferenz. „Es war die Aufkündigung der transatlantischen Freundschaft“, sagt Gudrun Lux. „Überrascht hat mich das nicht.“

Wiesbaden, Sonntag 16 Uhr: Während Baden-Württemberg nach 14 Jahren noch immer grün regiert wird, zuerst in einer Koalition mit der SPD, seit neun Jahren mit der CDU, und der grüne „Landesvater“ Winfried Kretschmann für nächstes Jahr seinen Rückzug angekündigt hat, löste in Hessen im Januar 2024 eine schwarz-rote Koalition unter Ministerpräsident Boris Rhein die bisherige rot-grüne Koalition ab. Sein Vize ist Kaweh Mansoori, Sohn iranischer Eltern. Ein Vorzeichen für eine Neuauflage der sogenannten Großen Koalition von CDU/CSU mit der SPD auf Bundesebene? Vieles deutet darauf hin. In der hessischen Landeshauptstadt ist wenig Spektakuläres über die aktuelle Landesregierung zu vernehmen. „Sie machen eine ordentliche Arbeit“, sagt Dieter, der seine Tochter vom Bahnhof abholen will und noch ein paar Minuten warten muss. „Der Zug hat Verspätung“, erklärt er. Ich muss grinsen. Er lächelt zurück. „Die Deutschen wollen stabile Verhältnisse. Sie wollen Ruhe und Sicherheit.“ Ich denke an Konrad Adenauers Motto: „Keine Experimente!“
Die Deutschen wollen stabile Verhältnisse. Sie wollen Ruhe und Sicherheit
Koblenz, Sonntag 18 Uhr: Das Deutsche Eck mit dem Reiterstandbild des ersten deutschen Kaisers Wilhelm I. ist ein symbolträchtiger Ort. Hier vereinigen sich Rhein und Mosel. Derweil ist Deutschland uneiniger als je zuvor. Oder war es vielleicht nicht doch schon immer so: In den 1950er Jahren steuerte Bundeskanzler Adenauer die noch junge Bundesrepublik in Richtung Westintegration inklusive NATO-Mitgliedschaft und europäische Integration mit der Schaffung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft. In den 60er Jahren war es der gesellschaftliche und politische Modernisierungsprozess, den die sogenannten 68er forderten, danach die Ostpolitik von Kanzler Willy Brandt. In den 80er führte die Aufrüstung, unter anderem mit dem NATO-Doppelbeschluss, die Friedensbewegung auf die Barrikaden, der Umweltschutz und die Anti-Atomkraftbewegung wurde zudem ein Thema, mit dem Grüne sich als politische Kraft profilierten. Und Ende des Jahrzehnts brachte der Fall der Mauer die deutsche Wiedervereinigung. Und heute, in Zeiten von Donald Trump, einer weltweiten Krise der Demokratie und einer erneuten Bedrohung durch die russische Aggressionspolitik.
Köln, Sonntag 20 Uhr: Ein Abendessen bei Ali’s Döner an der Ecke Ehrenfelder Gürtel und Venloer Straße bildet den Abschluss des Wochenendes. Ein paar Karnevalisten torkeln über die Straße zur nahen Straßenbahn. Der Kebab-Verkäufer verdreht die Augen. „Ich wohne ja schon lange hier, bin hier aufgewachsen, aber verstehen tue ich es nicht“, sagt er. „Aber die Leute sollen ihre Freude haben.“ Er will nicht über Politik reden. In der Regel gehört die Politik zum Karneval wie der berühmt-berüchtigte Kölner Klüngel. Dieses Mal hat die Politik Vortritt – am 23. Februar. Ich denke an meine Zwischenstation in meiner Heimatstadt Pforzheim. Dort hat das Datum eine doppelte Bedeutung – am 23. Februar 1945 wurde die Stadt von alliierten Bomben fast komplett zerstört, viele Tausende Menschen wurden getötet. Ein Schicksal, das auch Köln teilt. In Deutschland geht nichts ohne Geschichte, nichts ohne Erinnerung, aber auch nichts ohne Zukunft.

De Maart

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