QTrobot, ein Roboter der Luxemburger Firma LuxAI, soll autistischen Kindern dabei helfen, ihre sozialen und emotionalen Kompetenzen zu verbessern. Die Idee entstand 2016, allerdings wurde der Roboter zuerst nur in Sondereinrichtungen angeboten und von Therapeuten bedient. Mehr als ein Jahr lang arbeiteten die Entwickler an einer Beta-Version für Eltern. Mit Erfolg: Seit einem Monat ist nun auch die Familien-Ausgabe verfügbar. Auf diese Weise können die Kinder auch zu Hause mit dem Roboter lernen.
Die Idee zur Entwicklung sei der rapide Anstieg der Autismus-Fälle gewesen, sagt Aida Nazarikhorram. „2021 ist eines von 54 Kindern von Autismus betroffen. 2016 war es eines von 68“, erklärt die Mitgründerin der Firma. Oft bräuchten die Kinder eine Eins-zu-eins-Betreuung, was in der Schule zum Beispiel unmöglich sei. In Luxemburg gebe es einerseits immer mehr Fälle von Kindern, die schon länger diagnostiziert seien, jedoch noch viel Unterstützung und Betreuung bräuchten. Andererseits aber reicht die Zahl der Therapeuten und anderen professionellen Arbeitskräften laut der Ärztin nicht aus. Mithilfe von QTrobot kann jedoch die Qualität der Sitzungen erhöht werden.
So hilft der Roboter bei Autismus-Spektrum-Störungen. Ein Hauptmerkmal sei, dass die betroffenen Personen Schwierigkeiten mit sozialen Interaktionen haben. „Dazu kommen viele andere Probleme wie zum Beispiel Schwierigkeiten mit Emotionen“, sagt Nazarikhorram. Es sei jedoch ein Spektrum. Das bedeute zum Beispiel, dass einige Kinder trotz sozialer Defizite sehr fortgeschritten seien, was ihren Intelligenzquotienten und andere Fähigkeiten angeht. Bei einigen seien diese Probleme so schwerwiegend, dass sie beispielsweise keine Sprache entwickeln.
Mimik und soziale Interaktion über Technik lernen
Die Schwierigkeit bei sozialen Interaktionen liege daran, dass menschliche Interaktionen sehr komplex seien. „Wenn ich mit Ihnen rede, ändert sich ständig meine Mimik, ich bewege meine Hände und habe eine abwechselnde Tonalität in der Stimme. Wenn man dann all diese Dinge zusammennimmt, ist es sehr komplex, sehr unvorhersehbar. Oft können Kinder mit Autismus all diese Dinge nicht zusammen verarbeiten“, erklärt Nazarikhorram. Die Tatsache, dass der Roboter mit einem sehr konsistenten Tonfall und einer sehr konsistenten Stimme spricht, helfe den Kindern, sich auf das Gesagte zu konzentrieren. Die vorhersehbare Abfolge der Übungen ermögliche den Kindern ein Lernen ohne zu viele Reize auf einmal.
Laut Nazarikhorram mögen Kinder mit Autismus Technologie, weil sie vorhersehbar ist, leicht zu verstehen ist und nicht wertend. Es gebe viele wissenschaftliche Studien, die nahe legen, dass der Einsatz von Technologie sehr effektive Werkzeuge für Kinder mit Autismus seien. Aber: „Wenn man einem autistischen Kind ein Tablet gibt, wird man das Kind wahrscheinlich nicht mehr sehen, da es nur noch damit dasitzen wird – und es gibt keine soziale Interaktion mehr“, sagt sie. Diese Technologien könnten den Kindern keine sozialen und emotionalen Interaktionen lehren.
Roboter stünden somit gewissermaßen zwischen Menschen und Technologie. Sie haben alle Vorteile der Technologie: Roboter könnten Dinge unendlich wiederholen, sie seien vorhersehbar, leicht zu verstehen und nicht urteilend. Sie hätten aber auch eine Art soziale Existenz. „Wenn Kinder damit interagieren, müssen sie auch eine Menge grundlegender sozialer Interaktionen durchführen. Zum Beispiel müssen sie den Roboter ansehen, ihm zuhören und darauf achten, was er sagt, und dann den Anweisungen folgen“, sagt Nazarikhorram.
Dies sei dem sehr ähnlich, was sie mit einem Lehrer, einem Elternteil oder einem Therapeuten tun, aber auf eine Art und Weise, die für sie attraktiver und verständlicher sei. Während des Unterrichts arbeite QTrobot als Mediator zwischen dem Erwachsenen und dem Kind. Je nachdem, welche Fähigkeiten das Kind beherrscht, werde entsprechend mit dem Roboter geübt. „Das Lernen wird durch Spiele und interaktive Szenarien und Geschichtenerzählen entwickelt“, erklärt die LuxAl-Mitgründerin.
Lernen mit QTrobot kann Hilfe für Schulkinder sein
Beim Kauf des Roboters für die Eltern habe die Firma versucht, den Preis auf die Kosten eines Laptops zu reduzieren. Eine monatliche Gebühr beinhalte eine Berichterstattung und eine Visualisierung der Fortschritte des Kindes. Die Eltern erhalten laut Nazarikhorram zudem Unterstützung vom LuxAI-Team. „Oft wissen die Eltern nicht, wo sie anfangen sollen und wie sie dem Kind etwas beibringen sollen“, sagt die Expertin.
Der Roboter funktioniere in der Arbeit mit verschiedenen Altersgruppen. Im jüngeren Alter lerne das Kind beispielsweise Nachahmung, aufmerksam auf andere zu sein oder Anweisungen zu folgen. Später sei die Sprachentwicklung dran – also das Lernen von neuem Vokabular und zielgerichteter Kommunikation. Nazarikhorram sagt: „Die Kinder lernen, wie man ein Gespräch beginnt, wie man es fortsetzt und beendet, wie man auf nonverbale Hinweise von Menschen achtet, wie man um Hilfe bittet und auch zum Spielen auffordert.“ Das seien unter anderem wichtige Fähigkeiten für Schulkinder. „Sonst bekommen die autistischen Kinder negatives Feedback von anderen Kindern – und das wirkt sich negativ auf ihre psychische Gesundheit aus“, so Nazarikhorram.
Die Kinder haben beim Lernen mit dem Roboter unter anderem ein Tablet vor sich liegen. Der Erwachsene habe ebenfalls eines, an dem er die Aufgaben auswählen und dementsprechend auch eingeben könne, ob das Kind richtig oder falsch geantwortet hat. Mit diesem Tablet könne der Erwachsene den Unterricht auch verkürzen, falls das Kind müde oder nicht mehr aufmerksam ist.
In Luxemburg gebe es zwei Versionen, die in Kompetenzzentren für Kinder mit Autismus benutzt werden. Das liege daran, dass es den Roboter anfangs nur in einer englischen Sprachversion gab. Mittlerweile könne der Roboter ebenfalls auf Französisch unterrichten – die deutsche Version sei in der Entwicklung.
Die ersten Eltern arbeiten seit Januar 2020 selbstständig mit dem Roboter. „Als wir angefangen haben, mit dem Kind zu arbeiten, war es sechs Jahre alt und hatte Fähigkeiten von einem Kind, das jünger als ein Jahr alt ist“, erzählt Nazarikhorram. „Ein Jahr später hat das Kind nun Fähigkeiten, das dem Alter eines Vierjährigen entspricht.“ Dieser Fortschritt sei enorm und zeige, dass die Arbeit mit der Erfindung hilfreich sei. „Ich glaube wirklich, dass es viele Möglichkeiten gibt, um QTrobot in Luxemburg zu benutzen“, sagt die Ärztin. So könne der Roboter auch in Grundschulen benutzt werden und nicht nur mit autistischen Kindern: „Es wäre sehr wertvoll, einen Roboter als eine Möglichkeit zu haben, um den Kindern soziales und emotionales Wohlbefinden zu lehren.“
De Maart




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