ForumDer böse Geist von Senningen

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 Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Die autoritäre Politik der liberal-konservativen Regierung folgt einem klaren Schema: dem Ausbau der Privilegien auf Kosten derer, die weniger oder keine haben. Ohne Zögern setzt sie den sozialen Zusammenhalt unserer Gesellschaft aufs Spiel.

Repressive Maßnahmen, welche exklusiv die Schwachen und die Schwächsten in unserer Gesellschaft betreffen, prägen die ersten Tage und Taten unserer neuen Regierung.

Die Einführung des Schnellverfahrens bei Straftaten wird sogar von der Generalstaatsanwaltschaft1 sehr kritisch betrachtet. Dass diese Maßnahme zur Bekämpfung der Kleinkriminalität nur unwesentlich beiträgt, hat sich in Frankreich und Belgien zur Genüge gezeigt.

Autoritäre Grundzüge, repressiver Ansatz

Bei der Bewertung des Bettelverbots zeigt sich ein ähnliches Bild. Eigentlich ist dieses Verbot überflüssig und hinfällig, da es weder konsequent umsetzbar ist, noch in irgendeiner Weise zur Armutsbekämpfung beiträgt. Im Gegenteil. Während es den Kunden der Luxusläden in Luxemburg-Stadt die Konfrontation mit der sozialen Realität und der Armut erspart, wird das Thema selbst künstlich aufgebauscht. Eine Bevölkerungsgruppe, die sich nicht wehren kann, wird gebrandmarkt. Aus Armutsbekämpfung wird Bekämpfung der Armen.

Sehr bedenklich ist zudem, dass der Innenminister sagt, das Bettelverbot solle man nicht „moralisch“ sondern rein „juristisch/technisch“ betrachten. Doch auch hier äußerte sich die Staatsanwaltschaft Luxemburgs mit sehr kritischen Tönen.

Die Sache mit der Moral

Aber: was ist das Recht noch wert, was ist die Politik noch wert ohne moralische und ethische Erwägungen? Vor allem, wenn es um soziale Fragen geht? Werfen wir dann die ganze deontologische und moralische Basis, die unsere Demokratie ermöglicht, über Bord? Was geschieht, wenn Gesetze, welche über individuelle und kollektive Schicksale entscheiden, Gesetze, die das Zusammenleben in unserer Gesellschaft bestimmen, keine ethischen und moralische Richtlinien mehr haben?

Dass der Innenminister die Armen bekämpft anstatt der Armut, ist an sich schon schlimm genug. Dass er aber implizit die Meinung vertritt, Moral wäre in der Gesetzgebung überflüssig, lässt auf düstere Zeiten schließen.

Es ermöglicht der Regierung, eine Bevölkerungsgruppe absichtlich und mit aller Kraft zu stigmatisieren, ja zu erniedrigen, um zu zeigen, wie streng und durchsetzungsstark sie ist.

Repression gilt laut der neuen Regierung aber nur für diejenigen, die sich nicht wehren können. Ansonsten herrscht Entscheidungsfreiheit, und zumal im wirtschaftlichen Umfeld sind Vorschriften CSV-DP ein Gräuel!

Die Mär von der freiwilligen Umweltpolitik

Was soll man davon halten, wenn der Premierminister mehrmals verkündet, Umweltpolitik solle nicht nerven, während der Planet in Flammen steht und weltweit wissenschaftliche Einigkeit über den Klimawandel und seine Konsequenzen besteht?

Es ist politisch unverantwortlich, allein auf das freiwillige Mitmachen eines jeden Einzelnen zu setzen, so wie es der jetzigen Regierung in Sachen Umwelt- und Klimaschutz vorschwebt. Freiwilligkeit hat in Politik und Wirtschaft noch nie reellen Fortschritt gebracht, wenn es um die Allgemeininteressen oder die Rechte der Arbeitnehmer geht. Das Arbeitsrecht ist eine Geschichte des Arbeitskampfes, das Umweltrecht ist erst entstanden, nachdem Verfehlungen der Wirtschaft und der Menschen größere Katastrophen ausgelöst hatten, ohne dass die verantwortlichen Firmen Schuldbewusstsein an den Tag gelegt hätten.

Diese Einstellung prägt auch die Steuerpläne der neuen Regierung. Nur diejenigen, die bis jetzt viel Steuern zahlen mussten, werden bevorteilt. In der Wohnungspolitik unterstützt die Regierung die Bau- und Maklerbranche mit steuerlichen Erleichterungen für Investoren, in der angekündigten Rentenreform zeichnet sich ab, dass exklusiv der dritte Pfeiler – also die private Altersvorsorge – gestärkt werden soll.

Luc Friedens Lëtzebuerg S.A.: Ein Staat ist keine Firma, eine Bevölkerung keine Belegschaft!

Diese Einstellung, diese politische Linie zum Erhalt der Privilegien einiger Vermögenden mag nicht verwundern, wenn man sich mit den Aussagen des Premierministers Luc Frieden auseinandersetzt. Er sieht sich nicht als Minister, sondern als Generaldirektor, als CEO der Firma Luxemburg2.

Eine solche merkantile Mentalität spricht Bände!

In einer Firma gibt es keine Bettelei. Wer nicht produktiv ist, fliegt raus. Es gibt auch keine kollektive Solidarität. Jeder hat im Gefüge der Firma zu funktionieren, und sich dem übergelagerten Ziel zu unterwerfen. In der Privatwirtschaft ist das übergelagerte Ziel, maximal Gewinn zu machen.

Eine Privatfirma hat auch kein Interesse daran, alle Menschen gleichzubehandeln. Wer mehr hat, und folglich mehr bezahlen kann, soll auch mehr erhalten … Was das für die Allgemeinheit und jeden Einzelnen bedeutet, kann man am Beispiel eines privatisierten Gesundheitssystems sehen, wie es zum Beispiel in den USA funktioniert.

Ein Land kann, muss seine Investitionen und seine Schuldenpolitik anders gestalten als eine Firma. Ein Land muss Schulden machen, um seine Infrastruktur, seine Wirtschaft, sein Sozialmodell langfristig abzusichern. Oder um der Wirtschaft – das heißt den Privatfirmen – unter die Arme zu greifen, wenn nötig – wie während der Covid-Krise.

Ein Land mit einer Privatfirma zu vergleichen, oder gar gleichzustellen, entlarvt die Agenda dieser Regierung. Es mögen die Träume eines Luc Frieden sein, endlich in führender Position angelangt zu sein, die ihn dazu veranlassen, diesen Vergleich überschwänglich zu gebrauchen. Aber diese, seine Träume sind der Albtraum unserer Gesellschaft! Ein Staat ist keine Firma, und eine Bevölkerung ist keine Belegschaft!

Die Erbschaft als Garant für den sozialen Aufstieg

Zum Ende gedacht ist diese Einstellung die Offenbarung einer autoritären, konservativen Politik, liberal nur in Wirtschaftsfragen. Eine Politik, welche die Interessen der Wirtschaft, des Wirtschaftswachstums, der Gewinnsteigerung und -ausschüttung vor die Interessen der Menschen, der Bürger stellt. Es ist eine Politik, die darauf bedacht ist, die Privilegien der Privilegierten zu erhalten und zu steigern, auf Kosten der Allgemeinheit und spezifisch der Schwachen und Schwächsten.

Sein Weltbild hatte Luc Frieden schon früh offenbart: In seiner ersten Rede im Parlament, zum Koalitionsabkommen, sagte er, der soziale Aufstieg in der Gesellschaft sei wichtig und soll durch Erbschaft möglich sein und abgesichert werden!

Hier reden wir nicht mehr von der Selbstverwirklichung seiner selbst durch Bildung und Arbeit. Hier geht es ganz klar NUR um den Erhalt, den Ausbau und die Vererbung der Privilegien.

In einem Land, in dem das durchschnittliche Vermögen eines Haushalts 739.000 Euro3 beträgt, gibt es sicherlich genug Kundschaft für eine solche Einstellung. Nur, wegen der einhergehenden Verschärfung der ungleichen Besitzverhältnisse und Gestaltungsmöglichkeiten ist dieses Modell in einer Demokratie jedoch nicht überlebensfähig. In einer autoritären, repressiven Gesellschaftsform aber schon …

Wo wir dann beim Geist von Senningen wären, der sich anscheinend so positiv bemerkbar machte, als CSV und DP das Regierungsabkommen verhandelten.

Der Geist von Senningen ist kein Guter. Und böse Geister sollte man vertreiben.


1 https://www.rtl.lu/news/national/a/2156211.html

2 https://www.rtl.lu/news/national/a/2149815.html

3 https://www.wort.lu/wirtschaft/luxemburger-haushalte-sind-die-reichsten-in-europa/7142116.html ; https://www.tageblatt.lu/headlines/die-neuen-kasten-hausbesitzer-haben-bis-zu-20-mal-mehr-vermoegen-als-mieter/

jean-pierre.goelff
22. Januar 2024 - 17.09

....schoner Schnappschuss von den drei Eisheiligen!

Grober J-P.
21. Januar 2024 - 20.02

@Jakob und Wilhelm / Tschuldigung, habe vergessen, wir Zwerge auch! :-)

Jakob und Wilhelm
21. Januar 2024 - 16.11

@Grober J-P./ "Das kleine Volk" lebt doch über den den Bergen und das sind die sieben Zwerge. Oder wie oder was.

Grober J-P.
21. Januar 2024 - 9.45

"Luc Friedens Lëtzebuerg S.A.:" Eine S.A. hat Aktionäre und Aktionäre fordern, Rendite. Habe mal versucht, auch in einer S.A. 50 € für die Belegschaft mehr Lohn zu fordern, kein Erfolg gehabt, die Aktionäre waren dagegen. Im Sommer sehen wir ob das kleine Volk dazu gehört.

Robert Hottua
20. Januar 2024 - 17.25

Der Geist von Senningen ist der Geist von Alt-Rehse: Die "Erbgesunden" ins Töpfchen, die "Erbkranken" ins Kröpfchen. MfG Robert Hottua

Ghostbuster
20. Januar 2024 - 15.35

Ist eine die nicht mal Ministerin war und die mit dem "Dienstwagen" in den Wintersport gefahren ist, auf Kosten der Steuerzahler versteht sich, nicht eher ein böser Geist der vertrieben werden müsste? Was war das noch schön mit in der Regierung zu sein.