Die ADR hat den Abgeordneten Tom Weidig schriftlich abgemahnt. So lautet die offizielle Stellungnahme der Partei. Damit ist Weidig seinem Parteiausschluss noch einmal entkommen – wobei niemand wirklich damit gerechnet hatte, dass die ADR aus eigenen Stücken auf ihren fünften Abgeordneten und somit Fraktionsstärke in der Chamber verzichtet hätte.
Die Mitteilung der Partei wirft jedoch mehr Fragen auf, als sie eigentlich beantwortet. Tom Weidig erklärte anfangs, er habe sein Like „unwillentlich und unwissentlich im Eifer des Gefechts“ gesetzt. Später heißt es in der Pressemitteilung der ADR, er habe seinen Fehler eingesehen. Das Muster ist mittlerweile bekannt. Dass die semantische Wortakrobatik von Fred Keup auf X zum Schutz seines Abgeordneten und Weidigs Erläuterungen zwei Versionen einer Geschichte sind, die nicht zueinanderpassen, ist dann auch schnell vergessen.
Äußerst beunruhigend ist auch, dass man sich in der ADR erst zu einem „klärenden Gespräch“ zusammenfinden muss, um sicherzustellen, dass die eigenen Parteikollegen nicht auf die Vernichtung anderer Menschen aus sind. Für eine Partei, die sich selbst immer wieder zum Verteidiger der Demokratie hochstilisiert, sollte dies eigentlich unabdingbare Grundvoraussetzung sein.
Und weiter: Im Gespräch habe der Abgeordnete einige der gegen ihn verhängten disziplinarischen Maßnahmen selbst vorgeschlagen. Der Täter sucht sich seine eigene Strafe aus. Wäre diese offen kommuniziert worden, könnte die Öffentlichkeit sich eine Meinung bilden. So aber bleiben nur äußerst viele Fragezeichen.
Die Pressemitteilung kann jedoch auch dahingehend interpretiert werden, dass es die womöglich letzte Chance für Tom Weidig ist. Kritiker werden sagen: Es bleibt vorerst alles beim Alten, Weidig kommt ungeschoren davon. Die Logik der Aufmerksamkeitsökonomie verlangt, dass die ADR auf ihrem Weg nach Rechtsaußen auch zukünftig auf die rhetorische Eskalation als Mutter aller politischen Trümpfe setzen wird. Legt man jedoch Weidigs Ausbrüche und Alleingänge zugrunde, ist der Parteiausschluss womöglich nur eine Frage der Zeit.
Der Brief von Schoos und Reyter im Vorfeld der Krisensitzung, in dem sie Weidig parteischädigendes Verhalten anlasten, zeigt auch, dass zumindest ein Teil der ADR-Führung sich der Verantwortung eines möglichen demokratischen Korrektivs wohl bewusst ist. Wenn aber Weidigs Verharmlosung der Nazi-Besatzung, der Hitlergruß, Drohungen gegen Künstler und letztendlich der Wunsch nach Vernichtung anderer – oder deren Ideologien (sic!) – nicht ausreichen, bleibt nur eine Frage: Wo verläuft die braune Linie der ADR?
De Maart

Fraktionsstaerke sagt alles
Die Reaktion der ADR ist passgenau wie erwartet ausgefallen.
Das altbekannte Schema der Rechtsextremen, zunächst mal abscheuliche Gemeinheiten in die Runde zu werfen und bei Widerstand vorzuheucheln, man würde ein wenig zurückrudern ist längst durchschaut. Allerdings verschiebt diese Vorgehensweise die Grenze von dem, was noch tolerierbar ist stetig weiter nach rechts! Und genau darin liegt die grosse Gefahr!
Von der ADR werden seit geraumer Zeit systematisch menschenfeindliche Äusserungen getätigt, was in einer Demokratie auf Dauer nicht hingenommen werden darf.
Von den demokratischen Parteien jeglicher couleur erwarte ich zeitnah konkrete Lösungsvorschläge um menschenrechtsmissachtende Parteien effizient und nachhaltig zu bekämpfen.
Empörtheit, kombiniert mit der Hoffnung, dass das Ganze sich irgendwie von alleine löst reicht definitiv nicht!