Samstag18. Oktober 2025

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NationalkongressCSV ringt um ihr soziales Gewissen – Frieden baut seinen Einfluss aus

Nationalkongress / CSV ringt um ihr soziales Gewissen – Frieden baut seinen Einfluss aus
Rockballaden begrüßen die CSV-Mitglieder am frühen Samstagmorgen in der „Däichhal“ in Ettelbrück Foto: Editpress/Didier Sylvestre

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Eine selbstbewusste CSV trifft sich in Ettelbrück zum Nationalkongress. Im Mittelpunkt steht die soziale Ausrichtung der Partei, während Frieden seinen Einflussbereich in Partei und Fraktion ausweitet.

Rockballaden begrüßen die CSV-Mitglieder am frühen Samstagmorgen in der Ettelbrücker Deichhalle. Ein großer Countdown zählt Minuten und Sekunden, bis der Kongress vor rund 500 CSV-Mitgliedern eröffnet wird. Und würde sich Luxemburg nicht eben erst von zwei aufeinanderfolgenden Wahljahren erholen, könnte man meinen, dass die nächsten Wahlen eigentlich noch bevorstehen. Aus dem Wahlkampf in den Wahlkampf, eine Festigung von Luc Friedens Einfluss auf Partei und Fraktion sowie die Frage nach dem S in der CSV: Ein Kongress in drei Akten.

1. Akt: Der ewige Wahlkampf

Alex Donnersbach und Françoise Kemp treten als erste Vertreter der Parteispitze ans Mikrofon. Der aufmerksame Zuhörer dürfte einige der Phrasen von Kemp und Donnersbach noch vom Neujahrsempfang wiedererkennen – inklusive der Spitzen gegen die LSAP, wobei vor allem Alex Donnersbach mit seinen Behauptungen hart an der Grenze zur Polemik wandert, als er die Ausführungen der Oppositionsparteien im Rahmen der Rentendebatte kritisiert. „Die CSV macht eine Politik, die sich traut, die Probleme von heute und morgen anzupacken“, meint Françoise Kemp wenige Tage, nachdem die CSV es verpasst hat, konkrete Ideen für eine mögliche Rentenreform im Parlament vorzulegen.

Wiederbelebt werden sollen Arbeitsgruppen innerhalb der CSV, die von jeweils einem oder mehreren Abgeordneten präsidiert werden sollen. Nicht etwa um einen soliden Unterbau für die momentane Regierungspolitik zu liefern, sondern um das nächste Wahlprogramm zu füttern. Umwelt, Landwirtschaft, Finanzen und Wirtschaft, Gesundheit … – nur ein Arbeitskreis fürs Soziale fehle noch, merkt CSV-Fraktionspräsident Marc Spautz an.

Die CSV-Parteigranden in der ersten Reihe
Die CSV-Parteigranden in der ersten Reihe Foto: Editpress/Didier Sylvestre

2. Akt: Frieden festigt eigenen Einfluss

Einstimmig, mit einer einzigen Enthaltung, wird eine Statutenänderung angenommen. Diese hat Parteipräsident Luc Frieden höchstpersönlich eingeleitet und beinhaltet die Nominierung eines dritten Vizepräsidenten in die Parteiexekutive, der nur auf Vorschlag des Präsidenten und mit der Zustimmung des Nationalvorstands ernannt werden kann. Eschs Bürgermeister Christian Weis argumentiert, dass in der Parteiexekutive somit die Parität zwischen Wahlbezirken oder Geschlechtern hergestellt werden könne. Eine Möglichkeit, die bereits vor Friedens Ernennung zum alleinigen Parteipräsidenten mit der Co-Präsidentschaft eigentlich bereits bestand.

Zur neuen dritten Vizepräsidentin wird die Abgeordnete Stéphanie Weydert ernannt. Ein geschickter Schachzug von Luc Frieden, der somit auch seinen Einfluss in der CSV-Fraktion ausbaut.

3. Akt: Der Kampf ums soziale Gewissen

Warum Frieden dies wohl für nötig befunden hat, zeigt der Auftritt von Fraktionspräsident Marc Spautz. Der ehemalige Gewerkschafter zögert wie bereits in der Vergangenheit nicht, den kriselnden Sozialdialog zwischen Regierung und insbesondere den Gewerkschaften anzusprechen. Auch spricht sich Spautz – „de Luc an de Georges kënnen sech kuerz d’Oueren zouhalen“ – gegen eine Generalisierung der Sonntagsarbeit aus und verweist noch einmal auf die historische und aktuelle Bedeutung des Sozialdialoges hin.

Aussagen, für die die anwesenden CSV-Mitglieder Applaus spenden, die Parteipräsident und Premierminister Luc Frieden aber nicht unerwidert lässt. Man müsse darüber diskutieren, ob Regeln von vor 20 Jahren noch angebracht seien oder nicht modernisiert werden müssten. „Dialog bedeutet nicht, dass man sich einig wird“, sagt Frieden. Aussagen, die nicht nur den ehemaligen Gewerkschafter Marc Spautz aufhorchen lassen dürften, sondern auch die Gewerkschaften, die mit Regierung und Patronat um die Ausrichtung der Arbeits- und Wirtschaftspolitik ringen.

4. Epilog

Die sicherheitspolitische Lage in Europa und der Welt und die damit verbundenen nötigen Investitionen spricht Frieden ebenfalls an. Hatte Finanzminister Gilles Roth vor wenigen Wochen Steuererhöhungen zur Finanzierung noch nicht ausgeschlossen, weist Frieden diese am Samstag kategorisch zurück. Stattdessen präferiert Luxemburgs Premierminister die Aufnahme neuer Schulden und eine „Anpassung bestehender Politiken“. „Das darf allerdings nicht auf die Kosten der sozialen Kohäsion gehen“, sagt Frieden. „Es wird jedoch auch nicht alles über den Weg neuer Schulden gemacht werden können.“

Die Chamber-Debatte zur Rentendiskussion will Frieden ebenfalls nicht unkommentiert lassen. Die Rentenreform dürfe nicht zulasten der jetzigen Rentner oder der Arbeitnehmer gehen, die in einigen Jahren in Rente gehen. Allerdings müsse das System so gestaltet werden, dass die jungen Generationen ebenfalls noch eine Rente erhalten. Bis Ende Mai, Anfang Juni wolle die Regierung dazu erste Ankündigungen machen.