Mittwoch22. Oktober 2025

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CaritasCSSF in der Nebenrolle – Ethikkommission soll Interessenkonflikt um Weydert klären

Caritas / CSSF in der Nebenrolle – Ethikkommission soll Interessenkonflikt um Weydert klären
Taina Bofferding (LSAP) steht der Presse Rede und Antwort, Stéphanie Weydert (CSV) und David Wagner („déi Lénk“) hören aufmerksam zu Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Die Caritas-Kommission hat am Mittwochmorgen die Bankenaufsicht in die Chamber einbestellt. Das Treffen wird jedoch von einem möglichen Interessenkonflikt überschattet, auf den die Caritas in einem Brief an die Chamber hinweist.

Die Caritas geht in die Gegenoffensive. Den Eindruck vermittelt zumindest ein auf den 3. Januar datierter Brief, der sich an die Spezialkommission der Chamber richtet. In diesem wirft die „Fondation Caritas“ als auch „Caritas Accueil & Solidarité“ (CAS) der Präsidentin des Caritas-Ausschusses in der Chamber, Stéphanie Weydert, einen möglichen Interessenkonflikt vor. Auch wird die Legitimität des Ausschusses insgesamt infrage gestellt. Der Brief liegt dem Tageblatt vor. Interessant ist vor allem der Zeitpunkt des Briefes. Die ehemalige CSV-Ministerin Marie-Josée Jacobs hat ihr Amt an der Spitze des Caritas-Verwaltungsrates zum 1. Januar aufgegeben. Ein Nachfolger wurde bis dato nicht bekannt gegeben. Zwei Tage später verfasste die Caritas den Brief, der von den zwei Verwaltungsratsmitgliedern Patrick de Rond und Marie-Christine Ries unterzeichnet wurde.

In dem Schreiben, das den Abgeordneten der Chamber am Mittwochmorgen in einer Sitzung der Caritas-Spezialkommission vorgelegt wurde, weist die Caritas darauf hin, dass die CSV-Abgeordnete Stéphanie Weydert in der Anwaltskanzlei Arendt & Medernach eingeschrieben ist. „Es stellt sich jedoch heraus, dass der Berater einer der betroffenen Banken ausgerechnet die Kanzlei Arendt & Medernach S.A. ist“, schreibt die Caritas in ihrem Brief. „Es besteht also ein direkter Interessenkonflikt zwischen dem Vorsitzenden der Kommission, der betroffenen Bank und der Caritas.“ Die Arbeit der Kommission werde durch diesen Interessenkonflikt „befleckt“.

Interessenkonflikt?

Stéphanie Weydert will in ihrem Vorsitz der Spezialkommission keinen Interessenkonflikt erkannt haben
Stéphanie Weydert will in ihrem Vorsitz der Spezialkommission keinen Interessenkonflikt erkannt haben Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

„Dieser Interessenkonflikt wird durch die Tatsache verstärkt, dass derzeit eine strafrechtliche Untersuchung läuft und die Presse berichtet, dass bei derselben Bank Hausdurchsuchungen durchgeführt wurden“, steht weiterhin in dem Schreiben. Aus den Protokollen der bereits abgehaltenen Sitzungen gehe zudem hervor, dass die Mitglieder der Kommission die in diesen Fall verwickelten Banken anhören möchten. „Angesichts dieses Risikos können die von Ihnen vorgeladenen Personen nur allgemein Stellung nehmen und weder über die konkreten Fakten des Falles noch über die allgemeine Organisation der Stiftung und der CAS sprechen.“ In Bezug auf die strittigen Punkte mit den Banken bestehe das Risiko, dass dies der Caritas weiterhin schade.

Die Betroffene Stéphanie Weydert will die vorgebrachten Vorwürfe nicht stehen lassen. „In dem Brief der Caritas wurde ich als Anwältin und nicht als Abgeordnete angesprochen“, sagt Weydert. In dieser Funktion aber würde sie nicht in dem Ausschuss sitzen. Im Gegenteil: „Ich bin zwar noch in der Kanzlei eingeschrieben, betreue aber keine laufenden Affären und habe auch kein Büro mehr dort.“ Sie habe als Abgeordnete und Bürgermeisterin einen „congé politique“ von 40 Stunden die Woche und sei demnach auch nicht mehr als Anwältin in der Kanzlei aktiv. Nach Rücksprache mit Anwälten aus anderen Kanzleien sei sie demnach auch zum Schluss gekommen, dass kein Interessenkonflikt vorläge. Weydert zeigt sich auch erstaunt, dass diese Vorwürfe von der Caritas gerade dann hervorgebracht wurden, nachdem diese von der Spezialkommission in die Chamber eingeladen wurde.

Konflikt mit Historie

LSAP-Fraktionschefin Taina Bofferding
LSAP-Fraktionschefin Taina Bofferding Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

Zur Erinnerung: In der ersten Sitzung der Caritas-Kommission am 23. Oktober 2024 wurde Weyderts Parteikollege Laurent Zeimet (CSV) zum Vorsitzenden der Kommission ernannt. Am 13. November zog sich Zeimet aus eigenen Stücken aus der Kommission zurück. Gegenüber dem Tageblatt erklärte Zeimet, dass ein möglicher Interessenkonflikt der Grund für diese Entscheidung war. Er sei bei der Anwaltskanzlei Schiltz & Schiltz eingeschrieben und habe nach Überprüfung der von der Kanzlei betreuten Akten geschlussfolgert, dass es besser sei, wenn er nicht Teil der Kommission ist. Er selbst habe zwar nie Akten der Kanzlei betreut, wolle aber jegliche Möglichkeit für einen Verdacht auf Interessenkonflikt vermeiden. Sieben Tage später, am 20. November, wurde dann Zeimets Parteikollegin Stéphanie Weydert zur neuen Vorsitzenden der Kommission bestimmt. „Ich kann nicht für Laurent Zeimet reden“, meint Weydert. „Ich habe lediglich meine eigene Situation analysiert.“ Weydert meint, dass die Caritas die Einladung der Chamber mit einem impliziten Nein beantworten wolle. Die Caritas signalisiert in ihrem Schreiben jedoch ihre Kooperationsbereitschaft, unter der Voraussetzung, dass „sachliche und rechtliche Klärungen“ erfolgen würden.

Taina Bofferding (LSAP) und David Wagner („déi Lénk“) sehen diesen möglichen Interessenkonflikt etwas differenzierter. Über 40 Minuten hinweg habe sich die Kommission am Mittwoch mit der Frage des Interessenkonflikts beschäftigt, gibt LSAP-Fraktionspräsidentin Taina Bofferding im Anschluss an die Sitzung gegenüber dem Tageblatt zu Protokoll. Dem Argument des „congé politique“ stellt Taina Bofferding die Webseite der Anwaltskanzlei Arendt & Medernach gegenüber, auf der das Portfolio von Stéphanie Weydert inklusive Mailadresse und Telefonnummer noch immer zugänglich ist. „Das hat dann schon einen bitteren Nachgeschmack“, sagt Bofferding. „Es geht nicht darum, Stéphanie Weydert persönlich anzugreifen, sondern es ist eine Frage der Transparenz.“

David Wagner von „déi Lénk“ besteht auf der Zuständigkeit der Ethikkomission der Chamber
David Wagner von „déi Lénk“ besteht auf der Zuständigkeit der Ethikkomission der Chamber Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

Dieser Argumentation schließt sich auch David Wagner an. „Ich stelle die Integrität von Stéphanie Weydert nicht in Frage“, sagt Wagner. Ein Interessenkonflikt aber könne man nicht abstreiten. „Stéphanie Weydert ist weiterhin in der Anwaltskanzlei eingeschrieben – und wenn sie vielleicht einmal nicht mehr Abgeordnete wäre, würde sie ja wohl an ihren vorherigen Arbeitsplatz zurückkehren.“ Daran ändere auch die positive Rückmeldung des „Conseil de l’ordre“ der Anwaltskammer nichts.

Jedoch sollte man sich in dem Spezialausschuss auf das Thema Caritas konzentrieren können. „Wir haben uns darauf geeinigt, dass die Ethikkomission der Chamber sich mit der Frage befasst“, sagt Bofferding. Die Mehrheitsparteien hätten ihrerseits darauf bestanden, dass sich auch die Anwaltskammer mit der Frage beschäftigt. „Letzten Endes ist es aber eine Frage der Ethik, keine der Legalität“, moniert Bofferding. Und auch David Wagner besteht darauf, dass im Fall der Fälle die Ethikkommission der Chamber und nicht die Anwaltskammer für die Klärung dieser Frage zuständig sei. Welchem Gutachten Weydert denn folgen wird, wenn Anwaltskammer und Ethikkommission zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen kommen sollten? „Die Frage stelle ich mir, wenn der Fall eintreten sollte“, sagt Weydert. „Das kann ich zu diesem Zeitpunkt nicht sagen.“

Das hat dann schon einen bitteren Nachgeschmack

Taina Bofferding, LSAP-Fraktionschefin und Berichterstatterin der Spezialkommission

Rolle der Chamber

Claude Wiseler sieht die Spezialkommission Caritas und die Chamber im Recht
Claude Wiseler sieht die Spezialkommission Caritas und die Chamber im Recht Foto: Editpress/Julien Garroy

Die Caritas hatte in ihrem Brief ebenfalls die Frage nach der rechtlichen Basis für die Spezialkommission aufgeworfen. Laut Lesart der Caritas sei die Spezialkommission nicht mit der Geschäftsordnung der Chamber vereinbar. Auch würden bereits strafrechtliche Ermittlungen durchgeführt werden, weswegen nach dem Prinzip der Gewaltenteilung das Parlament keine Untersuchungen zu Themen durchführen dürfte, die bereits Gegenstand von Ermittlungen der Justiz sind.

Auf Nachfrage des Tageblatt erklärt Chamberpräsident Claude Wiseler, dass die Chamber im Rahmen der Caritas-Spezialkommission absolut ihrer Rolle als Kontrollorgan nachkomme. Die Rechtmäßigkeit der Kommission sei demnach keinesfalls infrage gestellt, wie es etwa der Brief der Caritas suggeriert. „Die Spezialkommission wurde von der Chamber anhand einer Resolution, die einstimmig verabschiedet wurde, eingesetzt“, sagt Wiseler. In der Resolution ist die Mission genau festgeschrieben. „Es geht darum, das Geschehene aufzuarbeiten, die Funktionsweise des Staates zu verbessern und künftige Entscheidungen sowie den Fortbestand des Sozialsektors abzusichern.“

Für Claude Wiseler ist es auch kein Problem, dass gleichzeitig die Justiz sich mit der Affäre beschäftigt. „Die Resolution 4376 der Chamber schreibt klar vor, dass sich die Kommission nicht in die Prozeduren und Ermittlungen der Justiz einmischt“, erklärt der Chamberpräsident. Die Chamber, so Wiseler, sei komplett in ihrer Rolle. „Die Chamber hat eine Kontrollfunktion – diese nicht wahrzunehmen, weil ein Aspekt von strafrechtlicher Natur ist, das kann nicht sein.“ In der Chamber-Resolution ist ebenfalls eine Maximal-Dauer der Spezialkommission festgeschrieben. Diese soll demnach bis zum 10. April 2025 ihre Arbeit abgeschlossen haben.

Die Chamber hat eine Kontrollfunktion – diese nicht wahrzunehmen, weil ein Aspekt von strafrechtlicher Natur ist, das kann nicht sein

Claude Wiseler, Chamberpräsident

Und die CSSF?

Der Bankenaufsicht CSSF und ihrem Generaldirektor Claude Marx blieb durch den Wirbel um das Schreiben der Caritas quasi nur eine Nebenrolle. Auch deswegen, weil die CSSF – wie zuvor schon die Staatsanwaltschaft und die „Cellule de renseignement financier“ (CRF) – nur bedingt Details preisgeben konnte. Und: „Da es sich bei den beiden betroffenen Banken um systemrelevante Banken handelt, stehen diese unter der Aufsicht der Europäischen Zentralbank (EZB)“, erklärt David Wagner.

Claude Marx von der CSSF bekräftigte demnach vor dem Ausschuss, dass sich die CSSF sehr intensiv mit dem Fall auseinandersetze. Das Luxemburger Regelwerk sei jedoch nicht das Problem, hob der CSSF-Generaldirektor hervor. Das basiere nämlich auf EU-Direktiven, die eine Harmonisierung auf europäischer Ebene vorsehen. „Es gibt immer Verbesserungsmöglichkeiten, jedoch sehe ich im Regelwerk ebenfalls nicht das Hauptproblem“, sagt Wagner.

Es stelle sich demnach viel eher die Frage, inwiefern das Regelwerk auch artgerecht angewandt worden sei. In dem Punkt habe der CSSF-Direktor jedoch nur spekulieren können, so Wagner. „Es stellt sich die Frage, inwiefern der Caritas vielleicht mehr vertraut wurde als anderen Kunden“, erklärt Wagner. Schließlich habe es bei der Caritas über 60 Jahre lang keine Probleme gegeben und auch die Schulden seien immer rechtzeitig zurückgezahlt worden. „Eine Bank kann aber dann haftbar gemacht werden, wenn Kredite zu leichtfertig vergeben wurden“, meint Bofferding im Anschluss an die Sitzung. Was den Fall Caritas aber so speziell mache, sei der Umstand, dass es der Kunde letztendlich selbst gewesen war, der seine eigenen Konten leergeräumt hat. Das mache es demnach extrem schwierig, Unregelmäßigkeiten frühzeitig aufzudecken.

CSSF-Generaldirektor Claude Marx
CSSF-Generaldirektor Claude Marx Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante
Sidney Wiltgen
9. Januar 2025 - 16.53

An et gesäit net sou aus, wéi wann déi Kniwwel deemnächst kéint komplett opgeléist ginn. Mee mir bleiwen weider drun.

max.l
9. Januar 2025 - 16.02

dëm Auteur vum Artikel ee grousse Merci..

mä ët könnt Eeen nët richteg op deen entsprechende Punkt, well dat Ganzt eng enorm Kniwwel ass, a war an eventuel och wärt bleiwen..

Reinertz Barriera Manfred
9. Januar 2025 - 10.23

Keine Ethikkommission Me Weydert soll zurücktreten, aus Amen