Cathy ist verwirrt: „In Luxemburg hat mein Impfzertifikat kein Verfallsdatum, in Dänemark läuft es offiziell nach zwölf Monaten ab. Und von Luxair habe ich nun eine Mitteilung erhalten, dass das Dokument in Kopenhagen nur ein halbes Jahr lang angenommen wird. Jeder schreibt etwas anderes“, ärgert sich die gelernte Krankenpflegerin, die – wie viele andere Kollegen aus der Pflegebranche – im März dieses Jahres gegen Covid-19 geimpft wurde.
Die anstehenden Allerheiligenferien will die Krankenschwester nun nutzen, um einige erholsame Tage bei Freunden in Dänemark zu verbringen. Mit der Luxair soll sie vom Findel aus am 2. November nach Kopenhagen fliegen. Der Rückflug ist für das darauf folgende Wochenende geplant. Da jedes Land wegen der Pandemie jedoch über eigene Einreise-Bestimmungen verfügt, hat sich auch Cathy im Vorfeld ein wenig schlaugemacht.
Die neuesten Beschränkungen und Vorschriften
Erste Anlaufstelle war der Internetauftritt der nationalen Fluggesellschaft: „Luxair verpflichtet sich, ihre Passagiere über die neuesten Reisebeschränkungen und Vorschriften auf dem Laufenden zu halten“, heißt es in der Einleitung zur Rubrik „Einreisebestimmungen“. Doch was die Krankenschwester dort erfährt, lässt sie einen Augenblick lang innehalten: „Passagiere mit einem vollständigen Impfpass (EMA-zugelassener Impfstoff, der in einem Schengen-Land zwischen 2 Wochen und 180 Tagen vor dem Abflug durchgeführt wurde) sind vollständig von der Testpflicht befreit“, heißt es in den Einreisebestimmungen für Dänemark.
In anderen Worten: Für eine Reise nach Kopenhagen sei ihr Impfzertifikat nicht mehr gültig. Demnach wäre die im März durchgeführte Impfung bei einer Abreise am 2. November und einer Gültigkeit von 180 Tagen seit zwei Monaten abgelaufen. „Ich müsste also zwei bis drei Tage vor dem Abflug einen Test durchführen, was mit dem Wochenende und dem Feiertag am Montag nicht leicht wird“, stellt Cathy fest.
Tatsächlich hat, was die Einreise per Flugzeug angeht, jedes Land ganz eigene Verordnungen. Die Ausgangslage ist meist die gleiche, nur bei den Fristen kommt es zu Abweichungen. So müssen die Passagiere nach der Landung in der Regel einen negativen Covid-Test vorzeigen, es sei denn, sie sind vollständig geimpft oder innerhalb eines bestimmten Zeitraums von einer Corona-Erkrankung genesen.
Brüssel empfiehlt die „72/48 Stunden, ein Jahr und sechs Monate“-Regel: PCR-Tests sollen innerhalb von 72 Stunden, Antigentests innerhalb von 48 Stunden vor der Ankunft durchgeführt werden; Impfzertifikate haben eine Gültigkeit von einem Jahr und bei einer Genesung sollte der positive PCR-Test nicht älter sein als sechs Monate. Empfehlungen, denen die meisten EU-Staaten in den letzten Monaten sukzessive nachgekommen sind.
Verwirrung per E-Mail
Bei weiteren Nachforschungen ist Cathy Mitte Oktober auf die offizielle Covid-Seite der dänischen Regierung gestoßen, die Folgendes festhält: „Nach einer vollständigen Impfung ist Ihr Impfschutz 12 Monate lang anerkannt.“ Im Callcenter der Luxair habe sie zunächst auch Gehör gefunden: „Ein freundlicher Mitarbeiter hat die Angaben überprüft und festgestellt, dass die Bestimmungen inzwischen angepasst wurden. Er werde dies weitergeben und die Informationen im Netz aktualisieren“, erinnert sich die Krankenschwester an das Telefongespräch vom 15. Oktober.
Eine Woche später dann der Rückschlag: Per E-Mail erinnert die Fluggesellschaft am 23. Oktober an die Einreisebestimmungen für Dänemark. Was das Impfzertifikat angeht, geht die Luxair erneut von einer Gültigkeit von sechs Monaten aus. „Bei meinem zweiten Anruf hatten die Mitarbeiter kein Verständnis mehr. Man verhandele nicht mit Kunden über Einreisebestimmungen. Auch werde man meine Argumente nicht weiterleiten“, zitiert Cathy aus dem Gespräch.
Damit ist die Krankenschwester knapp eine Woche vor dem Abflug nach Kopenhagen so schlau wie zuvor: „Ich werde wohl oder übel in die Tasche greifen und einen Test absolvieren müssen“, meint Cathy. Einen Test, der sie zwischen 30 und 170 Euro kosten könnte. Doch gehe es ihr nicht ums Geld, sondern ums Prinzip.
Von 270 auf 360 Tage
Ähnlich geht es auch Danielle, die im Dezember ein Wochenende in Wien verbringen möchte. Auch sie wurde als Mitarbeiterin eines Krankenhauses im März geimpft. Auch sie hat sich im Vorfeld über die geltenden Einreisebestimmungen in Österreich informiert. Und auch sie ist bei ihrer Recherche im Netz auf widersprüchliche Angaben gestoßen.
Laut Luxair sind Fluggäste bei der Ankunft in Wien-Schwechat von der Testpflicht befreit, wenn u.a. die erste Dosis „nicht früher als 270 Tage vor dem Flug verabreicht wurde“. Demzufolge läuft das Impfzertifikat in Österreich nach neun Monaten ab. Tatsächlich war dies bis zum 14. September der Fall. Dann aber erlässt das Bundesministerium für Soziales, Gesundheit und Pflege folgende Anordnung: „Zukünftig werden Zweitimpfungen sowie jede nachfolgende Impfung bis zu 360 Tage nach Verabreichung anerkannt“. Somit folgt auch Wien seit dem 15. September den Empfehlungen der EU.
„Ich hätte nie gedacht, dass Covid auch positive Nebenwirkungen hat“, scherzt Danielle. Denn: Die Sozialarbeiterin ist seit Sommer von einer Corona-Erkrankung genesen. Sollte die nationale Fluggesellschaft bei ihrer Darstellung bleiben, könnte sie immer noch auf das Genesungszertifikat zurückgreifen.
Mission impossible!
„Unglaublich ist das Ganze, einfach unglaublich“, seufzt Luxair-CEO Gilles Feith. Der Direktor ist sich des Problems mit den unterschiedlichen Angaben bewusst. Doch der nationalen Fluggesellschaft sind in dieser Hinsicht die Hände gebunden: „Was die Einreisebestimmungen an den unterschiedlichen Flughäfen angeht, müssen wir uns an die ‚Notam’ von Eurocontrol halten“, so Feith. Bei den sogenannten „Notices to Airmen“ handelt es sich um dringliche Anordnungen der Europäischen Organisation zur Sicherung der Luftfahrt. Für Fluggesellschaften sind sie bindend und bei Zuwiderhandlungen drohen strenge Strafen.
Eigentlich erhält die europäische Luftfahrtbehörde ihre Informationen von den nationalen Gesundheitsbehörden. Diese werden dann via Notam an die Fluggesellschaften weitergeleitet. Bei der Luxair werden die Bestimmungen wiederum täglich von einem dreiköpfigen Team überprüft und gegebenenfalls angepasst.
Den Vorwurf, man habe Bestimmungen am Beispiel von Österreich oder Dänemark strenger interpretiert oder Aktualisierungen verpasst, will Feith nicht gelten lassen: „Die Informationen werden täglich von unserem Team überprüft. Dabei müssen wir uns strikt an die Notam von Eurocontrol halten. Wir sind auch verpflichtet, die Dokumente beim Abflug in Luxemburg zu kontrollieren. Andernfalls müssen wir Strafen zahlen“, so der Luxair-CEO.
Diese Bestimmungen sind eine Stigmatisierung der Luftfahrt gegenüber den erdgebundenen Transportmitteln

Was Österreich und Dänemark angeht, liege die Luxair demnach auf einer Linie mit den Anordnungen von Eurocontrol. „Nur dass diese von den aktuellen Maßnahmen in Wien und Kopenhagen abweichen“, sagt Gilles Feith. Tatsächlich seien die Bestimmungen in beiden Ländern zuletzt angepasst worden. Allerdings seien die Anpassungen in den Mitteilungen von Eurocontrol nicht explizit als solche gekennzeichnet worden.
Dänemark und Österreich seien keine Einzelfälle. Es gebe noch andere Länder, die ihre Bestimmungen nicht mit allen europäischen Behörden synchronisiert haben. Feith spricht in diesem Zusammenhang von einer „Mission impossible“. Deshalb auch seine Bitte an die Passagiere, Informationen zu überprüfen und sich mit eigenen Mitteln zu vergewissern, welche Maßnahmen am Zielort gerade angewandt werden. „Wir lassen am Findel auch mit uns reden“, verspricht Feith.
„Überhaupt sind diese Bestimmungen eine Stigmatisierung der Luftfahrt gegenüber den erdgebundenen Transportmitteln“, so der Luxair-Boss. Für eine Anreise mit dem Flugzeug müssten Passagiere in manchen Ländern Tests oder Zertifikate vorlegen, die für Anfahrten im Auto oder mit der Bahn nicht erforderlich seien. „Welche Logik steckt dahinter?“

De Maart

Die Luxair ist doch so gut wie pleite, auch wenn die halbe Mannschaft beim Staat durchgefüttert wird.