Ein Bürger will KlarheitChristian Kmiotek zeigt sich selbst an – wegen Bettelei

Ein Bürger will Klarheit / Christian Kmiotek zeigt sich selbst an – wegen Bettelei
Hat gebettelt und sich selbst angezeigt, um Klarheit zu schaffen: Christian Kmiotek  Foto: Editpress/Hervé Montaigu

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Seit Wochen bewegt das Bettelverbot die Gemüter. Juristen, Staatsanwälte und Menschenrechtler haben sich neben Innen- und Justizministerium bereits zu Wort gemeldet. Dennoch halten sich die Zweifel an dem Verbot und vor allem dessen Umsetzung hartnäckig. Den vorerst letzten Akt in dieser Sache hat jüngst Christian Kmiotek (64) geliefert. Er bettelte und zeigte sich anschließend selbst an.

Es ist eine spontane Idee. Im Bus auf dem Weg zu einer Demonstration der parteilichen Jugendverbände gegen das Bettelverbot überlegt sich Christian Kmiotek, selbst zu betteln. Der langjährige Co-Präsident von „déi gréng“ macht das als „einfacher Bürger“, wie er auf Anfrage des Tageblatt erzählt.

Fünf bis zehn Menschen spricht er an und fragt nach Geld. Manche kennt er, manche nicht. Einen Becher hat er nicht, er hält seine Hand auf. Deutlicher geht es nicht. Bekommen tut er allerdings nichts, zeigt sich aber bei drei Polizisten, die oben genannte Demonstration begleiten, anschließend selbst an. Die Beamten wiegeln ab, „keine Zeit wegen der Demonstration“, und schicken ihn auf das nächste Kommissariat.

Dort erfährt er eine Überraschung. „Dort wurde mir gesagt, der Artikel zum einfachen Betteln sei im Strafgesetzbuch abgeschafft“, sagt er. „Ob ich wüsste, was das heißt.“ Kmiotek hält im Kommissariat dagegen. „Es gibt ja aber Politiker, die Juristen sind und sagen, das wäre nicht der Fall“, kontert er und wünscht sich Klärung.

Ziviler Ungehorsam 

Die juristische Unsicherheit treibt ihn umso mehr um, als es Menschen ausbaden müssen, die sich vielleicht nicht so gut ausdrücken können wie er. Es ist ihm ein Anliegen, in diese Bresche zu springen. „Das ist ziviler Ungehorsam“, gibt er zu. Vorerst bleibt es dabei, er geht nach Hause.

In einem eingeschriebenen Brief wird er schließlich mehrere Tage nach der Selbstanzeige am 5. Februar ins Kommissariat bestellt. Formell hat er gegen Artikel 42 der hauptstädtischen Polizeiverordnung verstoßen, der einfaches Betteln in gewissen Zonen der Hauptstadt verbietet. Der Knuedler, wo die Demonstration stattfindet, liegt in dieser Zone. „Ich wurde zu den Fakten verhört und gefragt, ob es das erste Mal war, dass ich betteln war“, sagt er. Er antwortet wahrheitsgemäß, dass es das erste Mal war, er es aber noch mal tun würde.

„Ich hatte Angst, die Geschichte würde sonst nicht verfolgt“, sagt er. Es täte ihm leid, lässt er die Beamten noch wissen, dass er nun Polizei, Justiz und Staatsanwaltschaft beschäftige. Seine Hoffnung ist, dass sie nach einer endgültigen juristischen Klärung in Zukunft vielleicht weniger Arbeit haben. Beklagt wird immer wieder, dass ein höchstrichterliches Urteil in dieser Sache fehlt.

„Wenn das nun vor Gericht kommt, gibt es vielleicht ein solches Urteil und es wäre für uns alle endgültig geklärt”, sagt er. Er persönlich ist gegen das organisierte und aggressive Betteln, womit er mit Sicherheit nicht allein dasteht. Aber: „Einfach nur da zu sitzen und Leute um Geld zu bitten, ist meiner Meinung nach ein Menschenrecht”, sagt er. „Arm sein ist kein Verbrechen”.

Er benennt im „procès-verbal“ auch Zeugen, dann soll die Sache laut Polizei an die Staatsanwaltschaft gehen. Die Staatsanwaltschaft hat sich in den Medien am Dienstag schon dahingehend geäußert, dass sie sich die Sache anschaut. Kmiotek selbst erfährt unerwartete Unterstützung. Anwälte seien auf ihn zugekommen und hätten angeboten, ihn im Falle eines Prozesses gratis verteidigen zu wollen, sagt er. Die Sache bleibt also spannend.

John G.
9. Februar 2024 - 10.14

@ décke larry: Geheit Dir d’Saachen hei nët e bëssen duerchenaaner? D‘Aarmut bekämpfen an d‘Situatiou‘n vun den Obdachlosen an „Heescherten“ ze verbesseren, ass eng Saach, an déi ass net vun Haut op Muer erliedegt, och net fir déi aktuell Regierung. Die Äermsten mat enger Ënnerschreft einfach vum Trottoir an aus dem Blëckfeld verschwannen ze loossen, oder hinne Stroof a Prisong unzedroën, ass eng ganz aaner Saach, déi vill méi einfach a bequem ze realiséieren ass, a géint déi - a mengen Aaën - mat Recht d‘Stëmm erhuewe gët.

décke lärry
8. Februar 2024 - 20.08

Méi wéi en Heesche-Verbuët, hätte mir en Heuchelei-Verbuët gebraucht. Dass elo obeemol all Sozialist, Lénken an all Gréngen esou e grosse Frënd*in vu Leit a prekäre Situatiounen as, dat kann ee nëmme wonneren. Wiën vun all deenen déi elo esou mediewirksam de Kapp a Kameraën a Fotoapparater haalen, huët sech dann an all de läschte Joëren je fir Strummerten, Berber an Heescherten agesaat an dofir gesuergt dass et hinne besser geet? Weder e Kmiotek nach en Tonnar oder ee vun den aneren Grénge/Sozialisten/Lénken déi deelweis wéinstens Gréng a Sozialisten, elo ganz lang Méiglechkeet gehaat hätten an deem Beräich wirklech eng ze rappen. Ma wackreg si se all lo réischt gin, wou se an der Opposistioun sin. Wee gleeft Hinnen da lo hieren Aktionismus dee net arneschtes eriwer kënnt wéi pur Heuchelei.

geimic
8. Februar 2024 - 16.51

An erëm een dee sech profiléiere wëll oder just e schlechte Verléierer

Jupp
8. Februar 2024 - 13.38

Super Inititive Här Kmiotek. Am Fong misst een zu e puer Honnert Leit daat selwecht machen, an do madder hieren ganzen Raisonnement ad Absurdum féieren.

Jean
8. Februar 2024 - 10.26

@ plop / Ech kann ärem Kommentar nëmmen zoustëmmen. Vill Wand an néischt dohannert.

plop
8. Februar 2024 - 9.13

@luxmann Dir hut vollkommen Recht. Ech hat a menger Jugend och mat dem Haer ze din. Virun iwer 40 Joer. War wirklech keng Bereicherung. An och nach immens vun sech ageholl. Mais dei Aktioun do as mei ewei laecherlech. Hoffentlech get hien gutt geklaakt! Sech wichtegmachen, doran war hien nach emmer gudd. An die Greng rutschen an der Populariteit nach e besschen no ennen. Gudd esou.

John G.rün
7. Februar 2024 - 21.23

Also ich fand die spontane Aktion ( sie ist ja schon seit 4 oder 5 Tagen medial bekannt) eigentlich nicht ganz witzlos. Die aktuelle Regierung-Opposition-Konstellation wirkt auf mich zunehmend erheiternd, und ich freue mich ehrlich auf zukünftige Aktionen beiderseits. Danke an C. Kmiotek für die Umsetxung des spontanen Einfalls ; mir selbst fällt spontan nichts als ein Zitat vom grossen Arno Schmidt ein: "Die halbe Nazion is irre; (& die andere Hälfte nich ganz bei Groschn)"

Leila
7. Februar 2024 - 20.15

Meine Zeit...

oh mei
7. Februar 2024 - 18.11

In welchem skandinavischen Land ist das Bargeld aus dem Verkehr gezogen? Norwegen? Das wäre auch eine Lösung. Dann bräuchten sich Parteimitglieder der Grünen nicht selbst anzuzeigen um die Popularität aufzumotzen. Gut,dass wir keine anderen Probleme haben.

carlocoin
7. Februar 2024 - 17.54

Verschount eis all domat.

luxmann
7. Februar 2024 - 17.47

Kmiotek? Ich habe diese person mal vor etlichen jahren privat kurz kennen gelernt...keine interessante erfahrung. Auch diese laecherliche aktion verdient kein interesse.

De Péiter vun Eiter
7. Februar 2024 - 17.45

Méi domm geet et net. Elo misst dee Gréngen fatzeg gestroft gin fir déi frech Provokatioun. Wou si dann ewell ukomm.