DüdelingenBürgermeister Dan Biancalana über die Erwartungen an die neue Koalition 

Düdelingen / Bürgermeister Dan Biancalana über die Erwartungen an die neue Koalition 
Dan Biancalana will die Modernisierungspolitik in seiner Gemeinde weiterführen Foto: Editpress/Tania Feller

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Bürgermeister Dan Biancalana (LSAP) galt als „ministrabel“. Nun freut er sich auf die Oppositionsrolle seiner Partei, die seiner Ansicht nach die Wahlen gewonnen hat. In seiner Gemeinde will er die Modernisierungspolitik ungebremst weiterführen, auch wenn angesichts einer unsicheren Zukunft in Sachen Gemeindefinanzen äußerste Vorsicht geboten ist. 

Tageblatt: Rezenten Äußerungen der neuen Regierungskoalition zufolge steht es nicht besonders gut um die Staatsfinanzen. Da müssen sich wohl auch die Gemeinden auf harte Zeiten einstellen? Oder sehen Sie das anders?

Dan Biancalana: Wir sind dabei, unseren Haushalt aufzustellen. Laut Rundschreiben des Innenministeriums weisen die Zahlen zu den Zuwendungen für die Gemeinden nach oben. Was an sich überraschend ist vor dem Hintergrund des offiziellen politischen Diskurses. Die Projektionen zeigen, dass die öffentlichen Finanzen insgesamt stabil bleiben. Man muss das Ganze jedoch im Auge behalten, kommen wir ja aus Zeiten, u.a. die Covid-19-Pandemie, wo die staatlichen Zuwendungen an die Gemeinden arg unter Beschuss waren. Wir stellen natürlich fest, dass die während der Tripartite besprochenen Abfederungen bezüglich der Energiepreise die Kommunen nicht betrafen. Auch bei den Ausschreibungen sind die Folgen der Covid-Krise und des Ukraine-Krieges spürbar. So müssen wir zusätzliche Kredite für Projekte beschließen. Man muss also äußerste Vorsicht walten lassen.

Aber das Rundschreiben des Innenministeriums an die Gemeinden bezüglich der zu erwartenden Zuwendungen stammte noch von der ehemaligen Regierung, die sich auf die damals vorliegenden Zahlen berief. Nun aber sprechen die Koalitionäre von einer sich verschlechternden Finanzsituation. Befürchten Sie nicht nachträgliche Korrekturen?

Die Zahlen beruhen auf der mehrjährigen Finanzplanung des Staates, die auch an die EU-Kommission weitergereicht wurde. Ich glaube nicht, dass andere Zahlen bezüglich der Zuwendungen vorgelegt werden. Würden sie nach unten revidiert, würden die Gemeinden arg unter Beschuss geraten, weil sie ja derzeit dabei sind, ihre jeweiligen Haushalte aufzustellen. Dafür brauchen sie eine Planungssicherheit, insbesondere bezüglich der staatlichen Finanzmittel zumindest für 2024. Das Parlament wird die „douzième provisoire“ stimmen, was lediglich eine Fortführung der staatlichen Einnahme- und Ausgabepolitik des Vorjahres erlaubt. Dann muss man schauen, wie der neue Staatshaushalt aussehen wird, den die neue Regierung erstellen wird. Da wird man die Prioritäten des Staates auch gegenüber den Gemeinden erkennen.

Das heißt, große Überraschungen sind nicht auszuschließen?

Tatsächlich kann es zu Überraschungen für die Gemeinden kommen. Wie es um die öffentlichen Finanzen steht, werden wir spätestens bei der Vorstellung des Staatshaushalts 2024 und des mehrjährigen Budgets sehen, die bekanntlich zusammen vorgestellt und vom Parlament verabschiedet werden. 

Müsste die Geheimniskrämerei der neuen Koalition die Gemeinden nicht veranlassen, äußerste Vorsicht bei der Aufstellung des kommenden Budgets walten zu lassen?

Jeder Gemeindeverantwortliche, unabhängig von der politischen Farbe, geht verantwortungsvoll an seine Aufgabe heran. Jeder hält ein Auge auf seine Projekte, streckt sie in der Zeit, falls erfordert. Wenn von der Bedeutung hoher öffentlicher Investitionen geredet wird, vergisst man oft, dass die Gemeinden eine wichtige Rolle dabei spielen. Wenn wir kommunale Projekte wie eine neue Schule, ein Sportkomplex auf Strutzbierg, ein neues Atelier für die Regiebetriebe, unser Shared Space realisieren, unterstützen wir auch kleine und mittlere Betriebe. Daher ist es wichtig, die öffentlichen Investitionen hochzuhalten. 

Für Düdelingen bedeutet das also, weitermachen wie bisher?

Wir haben eine Reihe laufender Projekte, andere werden im Rahmen des Budget 2024 folgen. Aber wir wissen, dass das finanzielle Umfeld delikat ist. Die Multikrisen haben ja auch einen Impakt auf die Gemeinden, etwa durch Preiserhöhungen. Aber die Finanzsituation der Stadt Düdelingen ist stabil. Zwischen 2017 und 2021 haben wir keine neuen Schulden aufgenommen. Erst 2022 und 2023 mussten wir ein Darlehen ziehen, weil wir größere Infrastrukturprojekte wie Schulen oder Sporteinrichtungen geplant hatten. Das sind Investitionen im Interesse der Kinder und Jugendlichen. Wir wollen die Investitionen hoch halten. Man braucht moderne Infrastruktur im Interesse der Bürger. Und in Düdelingen wurden niemals Prunkbauten errichtet oder Nice-to-have-Objekte. Wir hoffen, dass sich die neue Regierung an die Zusagen hält, die die vorige für unsere zukünftigen Vorhaben gab. Ich denke da u.a. an die Neuorientierung der Chem-Antenne in Düdelingen, den Rückbau der Eisenbahnübergänge.

Den Nachbargemeinden bereiten Millionen Euro schwere Investitionen in STEP und TICE Sorgen …

Da kommen mit dem Neubau bei TICE und dem Ausbau der Kläranlage des STEP tatsächlich große Investitionen auf die Mitgliedsgemeinden zu. Das hat jedoch auch damit zu tun, dass die Südregion eine der dichtbesiedelsten Regionen des Landes ist.  

Also wären zusätzliche Zuwendungen von Seiten des Staates angebracht? 

Man müsste die ganze Subsidien-Architektur des Staates überdenken. Laut Verfassung müssen den Gemeinden die notwendigen Mittel zur Verfügung gestellt werden, wenn sie staatliche Aufgaben übernehmen sollen. Wenn der Staat die Gemeinden bei der Umsetzung einer nationalen Politik auf lokaler Ebene benötigt, findet er schnell den Weg zu den Gemeinden. Sei es beim Wohnungspakt, beim Naturpakt, beim Klimapakt, während der Pandemie oder in Situationen, wo eine Gemeinde für den Staat ein Projekt von nationalem Charakter realisieren soll, weil es auf kommunaler Ebene schneller geht. Da gibt es dann gute Subsidien. Wenn aber die Gemeinden ihrerseits an den Staat herantreten, wird man stiefmütterlich behandelt, oder es gibt nur kleine Subsidien, die die Kosten kaum decken. Als wir die Phase eins und zwei des Shared Space planten, sprachen wir bei allen betroffenen Ministerien vor und jedes Mal kam als Antwort, dafür seien keine Subsidien vorgesehen. Der Wirtschaftsminister riet uns schließlich, ein Subsid bei der EU zu beantragen. Ein solches bekamen wir dann auch für die beiden ersten Phasen und dann noch für die dritte. Weil sich die Bedingungen änderten, gab es für Phase drei auch einen Zuschuss des Wirtschaftsministeriums. Das ist nur ein Beispiel dafür, wie man als Gemeinde mit seinen Projekten, die ja im Interesse der Lebensqualität der Bürger sind, bei Ministerien um Subsidien vorsprechen muss, um dann festzustellen, dass niemand dafür zuständig ist. Deshalb muss diese Subsidienpolitik überdacht werden. Einzelne Zuwendungen müssten erhöht werden. Andere Bereiche sollten bei der Subsidienvergabe in Zukunft berücksichtigt werden. Der Staat sollte die Gemeinden stets als starken Partner betrachten, nicht nur, wenn es ihm passt.

Zurück in Ihre Stadt. Der innerstädtische Handel macht derzeit schwere Zeiten durch. Auch in Düdelingen steht so manches Geschäftslokal leer. 

Die Situation im Bereich Handel ist stabil. Wir haben etliche Initiativen ergriffen, bemühen uns, zwischen potenziellen Geschäftsbetreibern und Vermietern zu vermitteln. Es gibt Immobilieneigentümer, die sehr zugänglich sind. Wir mieten dann die Lokale, die wir weitervermieten. Was es jungen Geschäftsleuten erlaubt, sich niederzulassen. Wir stellen aber auch fest, dass es Eigentümer gibt, mit denen man nicht diskutieren kann. Für die es interessanter ist, eine hohe Miete zu fordern, die niemand bezahlen kann, statt sie zu senken und das Lokal der Gemeinde zu vermieten, womit sie sichere Mieteinkünfte hätten. Ich betone, die meisten sind jedoch dialogbereit, weil ihnen etwas an der Stadt liegt. 

Gerüchten zufolge wären Sie zu Ministerehren gekommen, falls die LSAP erneut in die Regierung gekommen wäre. Enttäuscht, dass es nicht dazu gekommen ist?

Das waren Gerüchte (lacht). Seit 2005 mache ich Gemeindepolitik, seit 2014 bin ich Bürgermeister. Ich freue mich, zusammen mit unserer ganzen Mannschaft auch weiterhin als Bürgermeister der Stadt zu dienen und Projekte voranzutreiben.

Hätte ein Ministeramt Sie gereizt?

Natürlich ist es immer schön, eine neue Mission zu bekommen. Aber seit 2018 bin ich Deputierter. Jetzt kommt eine neue Aufgabe auf mich zu – als Abgeordneter der Opposition. Das wird, glaube ich, auch sehr interessant. Die LSAP-Fraktion ist voll motiviert. Wir sind die Gewinner dieser Wahlen. Als Partei gelang es uns, den seit zwanzig Jahren anhaltenden Negativtrend zu stoppen und umzudrehen. Wir haben nicht verloren, sondern dazugewonnen. Deshalb gehen wir selbstbewusst mit dieser neuen Rolle um.