Erbost droht Ungarns Justizminister Bence Tuzson seinem widerspenstigen Widersacher den Gang hinter Gittern an. Die für Samstag geplante „Pride“-Parade für die Rechte der sexuellen Minderheiten sei eine „polizeilich verbotene Veranstaltung“, belehrte der Würdenträger in dieser Woche seine Landsleute: Der Aufruf zur Teilnahme sei daher „ein Verbrechen“, das mit einer Haftstrafe von bis zu einem Jahr geahndet werden könne.
Budapests oppositioneller Oberbürgermeister Gergely Karacsony sei sich der Rechtslage „sehr wohl bewusst“, empört sich der rechtspopulistische Minister. Doch das „Heimtückische“ sei, dass der Oppositionspolitiker seine Mitbürger dennoch dazu aufrufe, an der Veranstaltung teilzunehmen und so „ein Vergehen für seine politischen Zwecke zu begehen“.
Einschüchtern lässt sich Karacsony von den Vorhaltungen des Ministers allerdings keineswegs. Ähnlich wie der Budapest-Marathon sei die von ihm zum „Freiheitsfest“ deklarierte Pride-Parade eine „kommunale Veranstaltung“, die weder als Demonstration gemeldet werden müsse noch von der Polizei verboten werden könne, so seine Argumentation: Die Pride-Parade werde wie geplant am Samstag um 14.00 Uhr am Rathausplatz beginnen.
Längst ist das monatelange Tauziehen um die „Budapest Pride“ zu einem offenen Machtkampf zwischen der Regierung des nationalpopulistischen Premiers Viktor Orban und der oppositionellen Stadtverwaltung mutiert. Bereits im April hatte das Parlament eine drastische Ausweitung des Kinderschutzgesetzes abgesegnet, die praktisch einem Verbot der Pride gleichkommt: Wer Veranstaltungen organisiere, die vor Minderjährigen für „Geschlechtsumwandlung oder Homosexualität“ werben, mache sich strafbar, so der Tenor der gegen die sexuellen Minderheiten gerichteten Gesetzvorlage. Gleichzeitig winkten damals die Regierungsparteien eine Verordnung durch, der zufolge die Polizei bei verbotenen Veranstaltungen Gesichtserkennungssoftware einsetzen dürfe, um die Teilnehmer identifizieren und verfolgen zu können.
Großes internationales Interesse schützt Teilnehmer
Droht Ungarn ein von der Regierung forciertes Ende des Regenbogens? Erst der Samstag dürfte Aufschluss darüber bringen, ob und wie die Pride in Budapest in diesem Jahr über die Bühne gehen wird. Zwar hat Ungarns Justiz mit Verweis auf die neue Gesetzeslage das von der Polizei verhängte Verbot der seit 1997 alljährlich steigenden Budapest Pride bestätigt. Doch mit Empörung hatten bereits im Frühjahr die EU-Partner auf den Budapester Pride-Bann reagiert.
Selbst von der angedrohten Strafe von 200.000 Lei (500 Euro) wegen Teilnahme an einer verbotenen Veranstaltung wollen sich die aus dem Ausland anreisenden Bürgerrechtsaktivisten nicht schrecken lassen, die ihre Solidarität mit Ungarns bedrängten Schwulen und Lesben demonstrieren wollen: In Budapest werden über 70 Europaparlamentarier sowie die für Gleichstellung zuständige EU-Kommissarin Hadja Lahbib erwartet. „Die Pride wird stattfinden“, ist Bürgermeister Gergely überzeugt: „Das große internationale Interesse“ sei der beste Schutz vor einer Strafverfolgung der Teilnehmer.
De Maart
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