Montag17. November 2025

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Blanc soll französischen „Saustall“ ausmisten

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Laurent Blanc soll den französischen „Saustall" ausmisten: Nach dem skandalösen und desaströsen Auftreten der Equipe Tricolore bei der WM in Südafrika wurde der 44-Jährige am Freitag endgültig vom nationalen Fußball-Verband FFF als neuer Cheftrainer bestätigt.

Er wird Nachfolger von Raymond Domenech, der keinen neuen Vertrag mehr erhalten hatte. FFF-Präsident Jean-Pierre Escalettes, der am Freitag formal seinen Rücktritt verkündete („Ich trage meinen Teil der Verantwortung“), gab die Verpflichtung Blancs quasi als letzte Amtshandlung bekannt. Als Spieler wurde der einstige Defensivspezialist, Mitglied der Weltmeistermannschaft von 1998, „Präsident“ genannt. Seine Qualitäten als Führungspersönlichkeit dürften allerdings auch stark gefordert sein, wenn es darum geht, die verwöhnte französische Elf auf den Erfolgspfad zurückzuführen. Als Trainer führte Blanc im Jahr 2009 Girondins Bordeaux zum Titel. Der FFF ließ sich die Verpflichtung des 97-maligen Internationalen sogar eine Ablösesumme kosten, denn der Coach besaß noch einen Vertrag bis Ende Juni 2011 bei der Girondins.

„Das ist die gute Nachricht an diesem Morgen“, verkündete der 75-jährige Escalettes die Verpflichtung von Blanc, „mit seinem Projekt soll der Siegeswille zurückkehren. Und Frankreich soll sportlich und vom moralischen Standpunkt her auf den richtigen Weg zurückkehren.“

Ex-Nationalspieler Lilian Thuram hat am Freitag in seiner Eigenschaft als FFF-Vorstandsmitglied eine Verbannung von Kapitän Patrice Evra aus der Equipe Tricolore gefordert. Dieser sei für den Spielerstreik am 20. Juni bei der WM in Südafrika verantwortlich. „Ich habe drakonische Strafen für die Spieler gefordert, und Patrice Evra soll nicht mehr für Frankreich spielen“, sagte der Weltmeister von 1998, der 142 Länderspiele für sein Heimatland bestritten hat. Thuram sprach Evra Respekt vor dem Trikot der Nationalmannschaft und den Menschen in Frankreich ab. Blanc übernimmt allerdings ein Himmelfahrtskommando. In Südafrika präsentierte sich die franzöische Mannschaft als zerstrittener Haufen, ohne Homogenität, ohne Teamgeist. Negative Höhepunkte waren die Beschimpfungen von Star-Stürmer Nicolas Anelka gegen Domenech, seine daraus resultierende Suspendierung von der WM und ein von Stars initiierter Trainingsboykott. Das miserable Bild, das Frankreich am Kap der guten Hoffnung abgab, rief die französische Politik auf den Plan. Staatspräsident Nicolas Sarkozy empfing sogar einen der gestürzten WM-Helden von 1998, Thierry Henry, zu einem persönlichen Gespräch im Elysee-Palast.

Die Politik in Frankreich übte großen Druck auf Verbands-Chef Escalattes aus – dieser kündigte am vergangenen Montag entnervt seine Demission an. Bei seiner Anhörung vor der französischen Nationalversammlung am Mittwoch gab Escalettes an, er sei während der WM bei den Spielern auf „eine Mauer des Widerstands“ getroffen. In 50 Jahren, die er im Fußball tätig sei, habe er so etwas noch nie erlebt.

Die Anhörung, an der auch Domenech teilgenommen hat, fand hinter verschlossenen Türen statt und dauerte zwei Stunden. „Wir sind ausgeschieden, weil wir mit 23 verwöhnten Kindern angetreten sind, die völlig die Bodenhaftung verloren haben“, sagte demnach ein Abgeordneter der Opposition.
FIFA-Präsident Joseph S. Blatter hatte die Einmischung der französischen Politik in Angelegenheiten des Fußballs am Dienstag scharf kritisiert und offen mit Sanktionen des Weltverbandes gedroht. „Frankreich hat eine wahre Staatsaffäre aus dem Fußball gemacht, aber der Fußball gehört in die Hände der Verbände“, hatte der Schweizer gesagt. Französische Politiker hatten die Drohung Blatters zurückgewiesen und beteuert, sie würden die französische Verbands-Autonomie respektieren.

SID