Corona-KriseBettel und Lenert sehen kaum Nutzen in App – doch der Druck auf Luxemburg könnte steigen

Corona-Krise / Bettel und Lenert sehen kaum Nutzen in App – doch der Druck auf Luxemburg könnte steigen
Aller Voraussicht nach werden die Terrassen der place d’Armes irgendwann im Sommer wieder Gäste empfangen – ob diese dann mit einer Corona-App untereinander verbunden sind, bleibt abzuwarten Foto: AFP/Jean-Christophe Verhaegan

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Sommer 2020, die Sonne scheint, die Menschen sind wieder beisammen, alles ist wieder beim Alten. Zumindest fast. Nach dem Wunsch vieler Experten und Politiker sind wir dann so zahlreich wie möglich mit einer neuen App auf unseren Handys miteinander verbunden – um so das Coronavirus digital in seiner Ausbreitung zu bekämpfen. Ein erstes länderübergreifendes Projekt soll kommende Woche bereitstehen. Doch es gibt Kritik. Auch Luxemburgs Regierung ist skeptisch. Aber der Druck könnte steigen.

Langsam, aber sicher versucht sich Europa aus dem Lockdown herauszuschälen. Die Dänen machten die Grundschulen wieder auf, andere, darunter Luxemburg, lassen die Menschen bald in Baumärkte oder zum Wertstoffhof. Doch alle eint die Sorge vor einer neuen Welle an Ansteckungen mit der durch das neuartige Coronavirus ausgelösten Lungenkrankheit Covid-19. Nichts wäre schlimmer, als nach einer Öffnung zurück in den Lockdown zu müssen.

Infektionsketten unterbinden, bevor sie unkontrollierbar werden. So lautet jetzt das Ziel. Dafür müssen sie aber erst einmal nachvollzogen werden. Zurzeit gestaltet sich das mühsam. Bei einer Ansteckung muss das ganze Umfeld abtelefoniert werden. Alle potenziell Erkrankten sollen ausfindig gemacht werden. Aber die neue Krankheit ist tückisch. Bis sie merklich ausbricht, kann es bis zu zwei Wochen dauern. Sich an alle Begegnungen der letzten 14 Tage zu erinnern, ist aber schwierig, eine lückenlose Rückverfolgung der Gefährdeten kaum realistisch.

Zahlreichen Experten und Politikern schwebt deswegen vor, Smartphone-Nutzer in die Pandemie-Bekämpfung einzubinden. Per App sollen sich die menschlichen Kontakte zurückverfolgen lassen. Wer krank wird, gibt dies in sein Handy ein – und an alle seine näheren Kontakte aus einer bestimmten Zeitspanne geht eine Warnung heraus, sich testen zu lassen. Dieses „Contact Tracing“ genannte Verfahren haben asiatische Staaten vorgemacht, in Europa gibt es bereits Nachahmer, jedoch auch viele Kritiker. Und einige Skeptiker. Zu Letztgenannten gehört Luxemburgs Regierung.

In der Coronavirus-Pressekonferenz äußerten sowohl Premierminister Xavier Bettel als auch Gesundheitsministerin Paulette Lenert ihre Zweifel am Nutzen dieser Technologie. Bettel betonte, nur eine europaweite Lösung könne ihn in dieser Frage zu einem Umdenken bewegen. Zusätzlich müsse auch dann der Datenschutz respektiert werden. Die Regierung habe bereits viele Angebote von App-Anbietern erhalten, keines habe diese beiden Bedingungen erfüllt. Lenert verwies auf die hohe Testdichte in Luxemburg, die eine App entbehrlich mache. Eine solche App sei „ein Notbehelf, um die Dunkelziffer zu umgehen“. Luxemburg habe durch seine vielen Tests „das Privileg, eine Piste weiterzuverfolgen, die präziser ist“. Trotzdem verfolge man die Entwicklungen in diesem Bereich genau. Beide Minister erwähnten die vielen Grenzpendler, die mit einer rein Luxemburger App-Lösung nicht erfasst würden.

Deutschland, seine Grenzen und die App

Besonders in Deutschland wird die Einführung einer solchen App jetzt breit diskutiert. In anderen EU-Staaten sind bereits welche in Betrieb. Die Bandbreite ist gewaltig und reicht von der freiwilligen Caritas-App in Österreich bis zur Quarantäne-App in Polen, mit der Betroffene mehrmals täglich Selfies von sich daheim ans Gesundheitsamt schicken müssen. Andere Länder werkeln an eigenen Apps. Doch besonders von Deutschland wurde Luxemburg zuletzt mehrfach vor vollendete Tatsachen gestellt. Beispielsweise durch über Nacht geschlossenen Grenzen.

Deutschlands zurzeit berühmtester Experte, der Virologe Christian Drosten, setzte sich vergangene Woche im NDR-Podcast für eine App ein. Mehr und gezielter testen, Masken tragen und Daten nutzen – „diese drei Maßnahmen sind wesentlich, wenn wir die Kurve flach halten wollen und gleichzeitig wieder lockern wollen“, sagte Drosten. Nun sprach sich auch Deutschlands Außenminister Heiko Maas dafür aus – und warf ein besonders Luxemburg am Leben erhaltendes Herzstück der Europäischen Union in die Waagschale: die Wiedereröffnung der Grenzen, das Zurück zum Schengenraum. Es solle „keinen Flickenteppich aus 27 Corona-Apps und 27 Datenschutzregimen“ geben, sagte Maas, sondern eine einheitliche Corona-App in der EU. „Damit leisten wir auch einen Beitrag, Reisebeschränkungen und Grenzkontrollen in der EU schnell und dauerhaft wieder abzubauen.“ Eine Corona-App wird Maas zufolge ein wichtiger Teil der Exit-Strategie sein. Allerdings auf freiwilliger Basis. Man müsse nicht die „Big-Brother-Methoden autoritärer Staaten kopieren“.

In wenigen Tagen soll die Lösung vorliegen, nach der unter anderem Maas strebt. Dann dürfte die Smartphone-App „Pan European Privacy Protecting Proximity Tracing“ (PEPP-PT) betriebsbereit sein. Rund 130 Experten aus acht europäischen Ländern (Luxemburg ist nicht vertreten) haben am Projekt mitgearbeitet, das über Bluetooth funktionieren soll. Standortdaten, Bewegungsprofile, Kontaktinformationen werden nicht gespeichert. Die App generiert zufällig gewählte temporäre ID-Nummern für jedes Smartphone in der Nähe. Wird ein Nutzer positiv auf das Coronavirus getestet, gibt er diese Information in die App ein. Wer sich in einem bestimmten Zeitraum für mindestens 15 Minuten näher als zwei Meter am Infizierten aufgehalten hat, bekommt eine Nachricht – und kann sich testen lassen.

Zweifel am Nutzen: „Aktionistischer Blödsinn“

Was erst einmal vernünftig klingt, findet noch viele Kritiker. Dabei bräuchte es für einen Erfolg mit der App einen hohen Anteil an Menschen, die mitmachen. Rund 60 Prozent der Bevölkerung müssten sie installieren, damit sie ideal funktioniert, heißt es. Das bedeutet aber nichts anderes, als dass fast alle Smartphone-Nutzer sich beteiligen müssten. Schließlich ist nicht jeder im Besitz eines solchen Handys.

Doch viele Menschen wollen ihre Daten nicht preisgeben. Obwohl PEPP-PT von einer Totalüberwachung offensichtlich weit entfernt ist. Die App beruht auf Freiwilligkeit und garantiert eine Anonymisierung der Nutzer. Sogar die meisten Datenschützer haben keine Bedenken. Apps, die auf Freiwilligkeit beruhen, stellen aus Sicht des Datenschutzes kein Problem dar, sagte Thierry Lallemang, Kommissar bei der Datenschutzkommission CNPD, bereits Anfang April gegenüber dem Tageblatt. Vorausgesetzt, der Nutzer wird regelkonform darüber aufgeklärt, was mit seinen Daten passiert. Würde eine solche App jedoch vom Staat vorgeschrieben, dann bräuchte es dafür seines Erachtens eine neue gesetzliche Grundlage, so Lallemang.

Der Informationsanalytiker Hans Zeger äußert gegenüber dem Tageblatt andere Zweifel. Zeger ist überzeugt, dass sie nicht funktioniert. „Smartphones haben keine Techniken, um Abstände zu messen“, sagt Zeger. GPS wäre dafür grundsätzlich geeignet, doch das funktioniere nicht in geschlossenen Räumen. „Und Bluetooth hat überhaupt keinen Entfernungsmesser.“ Zwar könne man im Labor an der Signalstärke ableiten, wie weit das andere Gerät entfernt ist. Aber draußen gebe es „zu viele Störeinflüsse“. Der Ladezustand des Geräts oder sonstige Apps, die im Hintergrund laufen, ließen das Bluetooth-Signal schwanken. Zeger nennt das Projekt eine „Laborratte“, einen „aktionistischen Blödsinn“. Zwar sei es theoretisch möglich, Handys zur Entfernungsortung zu nutzen, doch bräuchte es dafür eine eigene Ausstattung, etwa ein Radarsystem wie im Flugverkehr.

Vonseiten des PEPP-PT-Projektes heißt es, die Entfernungsmessung anhand der Stärke eines Bluetooth-Signals sei in der Tat nicht einfach, eine Abschätzung zwischen einer für eine Ansteckung relevanten Nähe und einem bedenkenlosen Abstand sei aber möglich. Und die Corona-App wird kommen. Bereits kommende Woche wird PEPP-PT vorgestellt. Der Sommer naht auch.

Loui
18. April 2020 - 14.51

Wann den App gut gemat gët muss et absolut kee Abroch op d'Privatsphär se gin. Wann eng positiv getest Person -fräiwëlleg- op hiren Smartphone agët dass sie positiv getest as, an dorobberhin op aner Smartphonen (mat App) een Message erschéngt, dass et ee Bluetooth Kontakt gouf mat engem Smartphone wou den Benotzer positiv getest as, a soss Null Informatioun, da gesin ech nët wou do Privatsphär verletzt gët! D'Persounen déi dann esou ee Message kréien, sin dann gud beroden sech testen se loossen. Ech gesin nëmmen Notzen.

Paula
18. April 2020 - 0.55

" Pol KAYL "Hat nach ni een Handy, well ech professionnel kee brauchen a privat ‘normal’ z’erreeche sinn." "Keine Sau ruft mich an, kein Schwein interessiert sich für mich" wär eng gutt Melodie als Schell, fir wann der trotzdeem e kaaft.

Pol KAYL
17. April 2020 - 19.42

Hat nach ni een Handy, well ech professionnel kee brauchen a privat 'normal' z'erreeche sinn. A wann ech gesinn, wéi d'Leit sech domat verblöde loossen an all kritesche Geescht opginn, da kréien ech soubal keen. Solidaritéit gesäit anescht aus; an den Dr. Müller soll sech a China néierloossen. - Pol Kayl

girlander
17. April 2020 - 14.33

@dnt "Der Druck könnte steigen? Von wem? Von den Medien…… Die ganze Coronageschichte ist eine unbedeutende von den Medien aufgeblähte Geschichte…" An 193 Länner sinn drop eragefall, just wëll e puer Dosen dausende Leit gestuerwe sinn. Ah jo, dir sidd den Impfgéigner aus dem aneren Artikel.

dnt
17. April 2020 - 12.33

Der Druck könnte steigen? Von wem? Von den Medien...... Die ganze Coronageschichte ist eine unbedeutende von den Medien aufgeblähte Geschichte.....

Grober J-P.
17. April 2020 - 10.13

Leute, bitte, lasst euch nicht verarschen. Anstatt in Apps zu investieren sollte man eher nach Impfstoffen forschen und das Geld dorthin verteilen. Wir müssen auch nicht den Chinesen nacheifern, wenn die App kommen sollte, werde ich mein altes Handy in den Sperrmüll schmeissen.

Minettsdapp
17. April 2020 - 7.30

Wéi de Premier gesot huet, mecht fir Lëtzbeuerg eng Tracking-App wéineg sënn, wëssend datt zu normalen Zäiten all Dag 200.000 Frontaliere an d'Land schaffe kommen. Dobäi kënnt datt een um Handy d'GPS -Funktioun kann ausschalten, den Handy op Fliger-Modus ka setzen oder ganz ausschalten. Wann et ganz schlëmm ass wéi a Polen, wou d'Police innerhalb vu 15 Minuten un der Dir schellt wann den Handy aus ass, kann ee jo nach ëmmer d'Uriff op een alen 2- oder 3G-Handy ëmleeden. Dobäi kënnt datt kee ka forcéiert ginn een Handy ze kafen.

Schmeler Michel
17. April 2020 - 6.55

Wellech Idioten hun sech dee Quatsch ausgeduert. Eppes wat guernet fonktionneiere kann ( Bluetooth,Akku, asw.) Idioten deien sech domadder wellen bretzen a waat schlemmer ass dassen Politiker sech deenen Hammelen uschleiessen an d'Leit verdomme wellen.

kremer
16. April 2020 - 22.51

@ronald "Mol kucken ob déi Gambia Regierung den Culot huet mat denen Methoden déi sie deemols ugeprangert huet an doduerch iwerhapt un d’Muecht koum," Oh mäi Gott, hues du déi virlescht Walen NACH net verdaut, Ronny?

GM
16. April 2020 - 19.50

All Fräiheeten gi mat Fëiss getrëppelt, ausgeschallt. Elo entdeckt eise Premier seng Oder fir den Dateschutz. Keen Thema Dateschutz ass a normalen Zäiten wichteg, mais Recht op Bildung fir eis Kanner, d’Recht sech fräi se beweegen etc. sin an deem Fall awer en Tick méi wichteg ewéi Dateschutz

ronald
16. April 2020 - 19.28

Mol kucken ob déi Gambia Regierung den Culot huet mat denen Methoden déi sie deemols ugeprangert huet an doduerch iwerhapt un d'Muecht koum, elo selwer unzewenden an ze propagéieren!

bernard
16. April 2020 - 18.31

Ich bin 8 Stunden am Tag Kopf an Kopf mit einem Infizierten 'zusammen', der hinter der Wand zum nächsten Apartment schläft.

Spielgeld
16. April 2020 - 18.24

Es ist den Experten und Politikern wohl entgangen das es immer noch Personen gibt die kein Handy besitzen oder es nicht bedienen können.

J.Scholer
16. April 2020 - 18.23

Angesichts der europäischen Solidarität bisher, Deutschland sei Vorbild, haben Frau Lenert , Herr Bettel vorbildliches Management und Krisenbewältigung geleistet, ein „ Letzebuerger Modell“ kreiert, lassen wir uns also nicht in den Überwachungsstrudel andere Staaten hineinziehen, gehen diesmal auch „ stur ewéi den Ochs » durch die europäische Herde , zollen denen Respekt und Ehre, denen europäische Solidarität kein Fremdwort war.

Laird Glenmore
16. April 2020 - 18.16

Diese APP ist absoluter Blödsinn und soll nur dazu dienen die Bürger besser zu überwachen und zu kontrollieren um dann ein Verhaltens Schema statistisch festzuhalten um es dann irgend wann bei einem Fehlverhalten gegen den oder die Bürger zu verwenden. Die Maßnahmen die bis jetzt getroffen sind reichen vollkommen aus um das Virus einzudämmen alles andere ist Bauernfängerei oder soll die Menschen noch mehr verängstigen um sie dazu zu bringen sich eventuell doch diese APP herunter zu laden, in meinen Augen ist das absoluter Quatsch.