WasserbilligAutomatisierung: Die Fähre „Sankta Maria II“ schippert in die Zukunft

Wasserbillig / Automatisierung: Die Fähre „Sankta Maria II“ schippert in die Zukunft
Im Jahr 2021 haben rund 162.000 Passagiere zu Fuß, mit Fahrrad oder Motorrad die Fähre über die Mosel genutzt, die neben den Pendlern und Einheimischen eine wichtige touristische Infrastruktur ist Foto: Editpress/Didier Sylvestre

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Die „Sankta Maria II“ ist nicht nur eine Fähre, die Menschen und Fahrzeuge über die Mosel transportiert. Sie ermöglicht den grenzüberschreitenden Austausch auf dem kurzen Weg zwischen dem luxemburgischen Wasserbillig und dem deutschen Oberbillig. Ihre Zukunft steht auf dem Spiel. Fährmänner sind rar. Beide Bürgermeister haben an einer Lösung gearbeitet. 

„Wegen krankheitsbedingten Personalausfällen können wir derzeit nur reduzierte Betriebszeiten gewährleisten“, stand lange auf der Webseite der Gemeinde Oberbillig (D) und betrifft die Fähre „Sankta Maria II“ über die Mosel. Wasserbillig liegt gegenüber von Oberbillig am anderen Ufer. Die nächsten Brücken sind in Grevenmacher oder in Trier. Der Grund: Personalmangel. Das geht schon seit dem Jahreswechsel 2021/2022 so. Dabei funktioniert der Betrieb gut, weswegen die Fähre scherzhaft als „fünfte Brücke“ über die Mosel gilt.

Zwischen 2018 und 2021 erlebt der Fährbetrieb einen Anstieg der sowieso schon erstaunlichen Beförderungszahlen, obwohl spätestens 2021, nach der Pandemie, Homeoffice schon in aller Munde war. Waren es 2018 noch 66.000 Pkws und 145.000 Passagiere, nutzen 2021 erneut 86.000 Pkws und 162.000 Passagiere zu Fuß, mit Fahrrad oder Motorrad die Fähre. Die Angaben stammen von der Gemeinde Oberbillig.

Seit dem „eingeschränkten Betrieb“ mit nur der Hälfte der Betriebszeiten sind diese Zahlen um 50-60 Prozent eingebrochen. Seit dem 4. April 2024 funktioniert die Fähre wieder normal, wie ebenfalls auf der Webseite von Oberbillig unter „Aktuelles“ zu erfahren ist. Um den normalen Betrieb zwischen 6.30 und 20.00 Uhr zu gewährleisten, braucht es drei Fährmänner. Seit dem Jahresende 2021/2022 sind es nur noch zwei. Händeringend habe die Gemeinde Oberbillig, die den Betrieb gewährleistet, nach Ersatz gesucht. Erfolglos. Das sagt der Bürgermeister des 1.000 Einwohner zählende Oberbillig auf Anfrage dem Tageblatt. Die Gemeinde ist für den Betrieb zuständig.

(Teil-)Automatisierung ist die Lösung 

„Die Fähre wird gebraucht“, sagt Andreas Beiling (61, CDU) und seit 20 Jahren im Dienst der Gemeinde. Dabei war es früher attraktiv, für Oberbillig und die Fähre zu arbeiten. Kapitäne aus der Personen- oder Frachtschifffahrt mit entsprechenden Patenten heuerten gerne wegen der festen Arbeitszeiten und der ganzjährigen Beschäftigung an. Aber auch in dieser Branche herrscht mittlerweile Personalmangel. Da liegt eine Lösung für eine Teilautomatisierung nahe.

Auch Beilings Pendant, Jérôme Laurent (50, LSAP) in Wasserbillig, betont die Bedeutung der Fähre und will ihre Zukunft sichern. Gerade erst, am 2. Mai, hat der Gemeinderat Wasserbillig deshalb den Weg für die (Teil-)Automatisierung freigegeben. Die Technik dafür ist da. Autonome oder teilautonome Fähren gibt es bereits woanders. In Stockholm transportiert die „MF Estelle“ seit Juni 2023 Passagiere rund 900 Meter über die Bucht Riddarfjärden, wie der Spiegel berichtet.

An Elbe und Rhein wird aus den gleichen Gründen wie an der Mosel über eine Lösung in diese Richtung nachgedacht. Oberbillig hat als erste Maßnahme beschlossen, selbst Fährleute auszubilden. Derzeit gibt es drei Ausbildende, einer wird dieses Jahr seine Ausbildung abschließen. „Trotzdem wird die Personalproblematik bleiben“, sagt der Oberbilliger Bürgermeister, dessen Gemeinde sich die Einnahmen oder Verluste aus dem Fährbetrieb mit Wasserbillig teilt.

Kommt die Automatisierung, können auch andere Zeiten angeboten werden. Die Fähre hat ja auch eine kulturelle Bedeutung für unsere Gemeinden, sagt Beiling. „Das Leben hört nicht um 20.00 Uhr auf.“ Es gibt Gastronomie auf beiden Seiten, Veranstaltungen und die Aktivitäten der Vereine. Bleibt noch die Frage der Finanzierung. Rund zwei Millionen Euro (Stand Mai 2024) soll die Umrüstung auf (teil-)autonomes Fahren kosten. Dafür sollen Interreg-Gelder bei der EU beantragt werden.

Federführend wird das die Gemeinde Wasserbillig tun. Auch das hat der Gemeinderat am 2. Mai gebilligt. Am Erhalt des Fährbetriebes sind viele interessiert. Das luxemburgische Transportministerium, das grenzüberschreitende Entwicklungskonzept Oberes Moseltal, das rheinland-pfälzische Ministerium für Landwirtschaft und Weinbau haben bereits eine Förderung zugesagt. Am 22. Mai steht der Punkt „Sankta Maria II“ auf der Tagesordnung im Gemeinderat Oberbillig.

Fährzeiten

Die „Sankta Maria II“ nimmt zwischen Montag und Freitag um 6.30 Uhr den Betrieb auf und fährt bis 20.00 Uhr. Samstags, sonntags und an Feiertagen fährt das Boot erst ab 9.00 Uhr morgens und ebenfalls bis 20.00 Uhr. Die Preise für Fußgänger, Fahrrad- und Motorradfahrer schwanken zwischen 1,00 und 2,50 Euro. Das teuerste ist ein Lkw mit zwölf Tonnen für 5,50 Euro. (www.oberbillig.de)