Mittwoch5. November 2025

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Handel im WandelAuftaktinterview zur Serie: Wie Daten den Gemeinden beim Kampf gegen den Leerstand helfen

Handel im Wandel / Auftaktinterview zur Serie: Wie Daten den Gemeinden beim Kampf gegen den Leerstand helfen
Philipp Henger, Tom Baumert und Joe Guerkinger arbeiten alle drei am „Cadastre de commerce“ Foto: Editpress/Hervé Montaigu

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Wie geht es der lokalen Geschäftswelt in den Luxemburger Gemeinden? In der Serie „Handel im Wandel“ versucht das Tageblatt eine Antwort auf diese Frage zu finden, die nicht auf Gefühle, sondern auf Fakten basiert. Im Auftaktinterview erzählen drei Verantwortliche des „Cadastre de commerce“, warum dieses Datentool so wichtig ist.

Handel im Wandel: Die Serie

In der wöchentlichen Artikelserie „Handel im Wandel“ schaut sich das Tageblatt in Zusammenarbeit mit dem „Observatoire national des PME“ (GIE) die Geschäftswelt der Luxemburger Gemeinden an. Mithilfe des Datentools „Cadastre de commerce“ wird zunächst die Situation in der jeweiligen Kommune analysiert, dann kommen die Gemeindeverantwortlichen zu Wort: Wie steht es um den lokalen Einzelhandel? Was unternimmt die Politik, um die Geschäftswelt zu beleben? Das Tageblatt untersucht jeden Montag eine oder mehrere neue Gemeinden. Als Serienauftakt präsentieren die Köpfe hinter dem Datentool das Kataster.  

 
   

Tageblatt: Philipp Henger, Tom Baumert, Joe Guerkinger, Sie arbeiten alle drei an dem „Cadastre de commerce“. Was ist das?

Philipp Henger, Projektmanager des „Cadastre de Commerce“
Philipp Henger, Projektmanager des „Cadastre de Commerce“ Foto: Editpress/Hervé Montaigu

Philipp Henger: Das Kataster ist eine Datenbank, in der sämtliche Geschäfte, Horeca- und Dienstleistungsbetriebe aufgeführt sind. Wir können die ganze Betriebswelt Luxemburgs auf einer Karte darstellen. Das hilft uns, genau zu verstehen, wie der Status quo der Geschäftswelt aussieht, aber auch, wie die Evolution der letzten Jahre verlief. Wir haben den ersten nationalen Datensatz 2019 gesammelt – seitdem werden die Daten halbjährlich aktualisiert. Die Daten können genutzt werden, um strategische Entscheidungen bei der Landesplanung und nachhaltigen Flächenentwicklung zu treffen.

Warum ist dieses Tool notwendig?

Tom Baumert, Direktor der „Luxembourg Confederation“
Tom Baumert, Direktor der „Luxembourg Confederation“ Foto: Editpress/Hervé Montaigu

P.H.: Ich hatte vor über sechs Jahren festgestellt, dass wir vor einer Datenlücke hier im Land standen. Alle Daten, die zu diesem Thema im Land kursierten, basierten auf einem Gefühl.

Tom Baumert: Uns wird regelmäßig gesagt, diese Daten müsste es doch schon geben. Aber das, was wir benötigen, wurde vorher von niemandem erhoben.

Mit welchen Daten wurden diese Lücken dann gefüllt?

P.H.: Wir beauftragen ein Unternehmen, das auf die Datenerhebung vor Ort spezialisiert ist. Das sind fünf Personen mit Tablets, die im ganzen Land unterwegs sind. Sie fahren jede Straße ab, gehen in jedes Shoppingcenter und jedes Geschäft rein. Die allererste Erhebung dauerte zwischen zwei und drei Monaten. Mittlerweile sind wir bei acht bis zehn Wochen, weil sich die Prozesse immer besser eingespielt haben. Wir kaufen auch zusätzliche Daten von Marktforschungsunternehmen – beispielsweise Umsatz oder Kaufkraft. In unserem Katastertool haben wir auch demografische, soziodemografische und Verkehrsdaten.

Wer sind denn die Kunden für diese Daten?

P.H.: Zunächst mal die Gründungsmitglieder des „Observatoire national des PME“ (GIE): Das Wirtschaftsministerium, die „Chambre de commerce“ und die „Chambre des métiers“ – und die Luxembourg Confederation, die dem GIE vergangenes Jahr als zusätzliches Mitglied beigetreten ist. Sie nutzen die Daten intern. Wir arbeiten mittlerweile auch mit Gemeinden und verschiedenen Geschäftsverbänden zusammen.

Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit den Gemeinden?

P.H.: Das ist sehr unterschiedlich, weil sich die Herausforderungen der Gemeinde teilweise sehr unterscheiden. Für die eine Gemeinde ist das Thema Leerstandsmanagement vielleicht wichtiger, bei anderen geht es mehr um strategische Fragen im Bereich der Stadtentwicklung oder des Stadtmarketings. Dazu kommt, dass die Strukturen und Möglichkeiten innerhalb der Gemeinden unterschiedlich sind: Kleinere Kommunen haben vielleicht nicht genügend Ressourcen oder Mitarbeiter, die tagtäglich mit dem Tool arbeiten können. Bei größeren Gemeinden steht oft ein ganzes Team dahinter, das spezifisch im Bereich Stadtmarketing und -entwicklung aktiv ist. Die Zusammenarbeit ist daher sehr individuell.

Wie wichtig ist das Tool für die Gemeinden?

T.B.: Die Kommunen haben diese Zahlen nicht. Auf politischer Ebene hört man oft, dass die Verantwortlichen etwas für die Geschäftswelt machen wollen, aber damit das möglich ist, müssen sie wissen, wie diese aussieht. Das können wir ihnen zur Verfügung stellen.

Warum stürzen sich dann nicht alle Gemeinden auf diese Dienstleistung?

Joe Guerkinger, Projekt-Koordinator und Datenanalyst bei der „Luxembourg Confederation“
Joe Guerkinger, Projekt-Koordinator und Datenanalyst bei der „Luxembourg Confederation“ Foto: Editpress/Hervé Montaigu

Joe Guerkinger: Bei den 100 Gemeinden sind viele dabei, bei denen es nicht viel Handel gibt. Wenn man nur fünf Geschäfte hat, dann ergibt es nicht viel Sinn, eine Analyse zu machen. Wir arbeiten mit den meisten großen Gemeinden zusammen.

P.H.: Mit den Gemeinden, die mit uns zusammenarbeiten, haben wir 60 Prozent aller Einzelhandelsgeschäfte abgedeckt. Beim innerstädtischen Handel haben wir sogar eine 85-prozentige Repräsentanz.

Die Daten werden auch für das Tool localyze.lu benutzt. Was ist das?

J.G.: Das ist unser Kataster für Unternehmen. Jeder Luxemburger Betrieb kann sich dort umsonst anmelden. Auch Unternehmer, die erst bei der Gründung sind, können sich über das House of Entrepreneurship anmelden. Dort können sie sich dann zum Beispiel darüber informieren, wie viel Konkurrenz wo ist und so entscheiden, wo sie eine weitere oder eine erste Niederlassung eröffnen könnten.

Wer bezahlt die Kosten des Katasters?

T.B.: Der größte Teil wird vom Wirtschaftsministerium getragen, ein weiterer großer Teil von der „Chambre de commerce“, ein kleinerer Teil von der „Chambre de métiers“ und ein noch kleinerer Teil von der Luxembourg Confederation. Die teilnehmenden Gemeinden bezahlen auch noch 1.500 Euro als Mitgliedsgebühr.

Was sind bisher die wichtigsten Erkenntnisse, die Sie seit 2019 gemacht haben?

T.B.: Wenn ein Betrieb pleitegeht und dann wird oft behauptet, alles würde den Bach runtergehen. Wir können mit den Zahlen zeigen, dass es vielleicht nicht so schlimm ist. Für mich ist es ebenfalls sehr interessant zu sehen, ob internationale Trends auch in Luxemburg zu finden sind. Im Modebereich sehen wir beispielsweise mehr Geschäftsfläche, aber dafür weniger Geschäfte. Das bedeutet, die Geschäfte werden größer. Wir sehen das Gleiche bei den Lebensmitteln. Und es gibt auch mehr Restaurants – vor allem mehr Fast Food.

Ich hoffe, dass mehr Betriebe vom Tool erfahren. Es wird schon viel benutzt, aber ich bin mir sicher, dass noch viel mehr Unternehmen davon für ihren Businessplan profitieren könnten.

Tom Baumert

Was erwarten oder erhoffen Sie sich von der Artikelserie „Handel im Wandel“?

T.B.: Ich hoffe, dass mehr Betriebe vom Tool erfahren. Es wird schon viel benutzt, aber ich bin mir sicher, dass noch viel mehr Unternehmen davon für ihren Businessplan profitieren könnten. Und es gibt noch ein paar Gemeinden, die unserer Meinung nach vom Tool profitieren könnten. Die Zahlen sind auch für die breite Masse sehr interessant – dann kann man anhand von Fakten diskutieren und nicht nur basierend auf Gefühle.

J.G.: Und vielleicht entdeckt ein Unternehmer durch die Artikel eine Gemeinde, die er vorher nicht auf dem Radar hatte.

Wenn die Leserschaft das sieht, macht sie sich vielleicht Gedanken darüber, wie wichtig es ist, lokal einzukaufen

Philipp Henger

P.H.: Diese Zahlen wurden bisher noch nicht auf Gemeindeebene publiziert, sondern nur national. Der innerstädtische Handel ist im nationalen Trend leicht rückläufig. Wenn die Leserschaft das sieht, macht sie sich vielleicht Gedanken darüber, wie wichtig es ist, lokal einzukaufen.

T.B.: Der Konsument sagt zwar, dass er lokalen Handel haben will, aber die Zahlen zeigen manchmal, dass er nicht dort einkauft – oder nur einmal pro Woche.

Wie positiv stimmen euch die Zahlen?

T.B.: Wir hatten in den vergangenen fünf Jahren eine relativ stabile Entwicklung – auch was den Leerstand betrifft. Dieser erholt sich jetzt sogar leicht. Wenn man unsere Situation mit der vom Ausland vergleicht, schlägt sich Luxemburg vergleichsweise gut.

Die Partnergemeinden des „Cadastre de commerce“

Esch (2021), Echternach (2021), Diekirch (2021), Düdelingen (2021), Wiltz (2022), Differdingen (2022), Petingen (2022), Mertert (2022), Mondorf (2023), Walferdingen (2023), Junglinster (2024), Mersch (2024), Strassen (2025), Grevenmacher (mündliche Zusage), Luxemburg-Stadt (mündliche Zusage)

Nomi
28. April 2025 - 9.56

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