Brigitte Rousseau hat einen ganz speziellen Humor. Trocken, fast schon sarkastisch kommen ihre Pointen daher. Als „Buchhaltungs- und Personaltante“ bezeichnet sie sich nach ihrem Beruf gefragt. Und wenn es um Mitbewohner Alexandros geht, ist die Antwort, „da hat die Blutgruppe gestimmt“.
Seit Oktober 2023 teilen sich die beiden das Haus in Monnerich mit rund 150 Quadratmetern und dem kleinen Garten dahinter. Zusammen essen, feiern, gemeinsame Bad- und Toilettennutzung – alles kein Problem. Brigitte kennt das. Als sie vor zehn Jahren ihren Lebensgefährten verliert, nimmt sie eine Tradition ihrer Familie wieder auf.

„Wir hatten immer ein offenes Haus“, sagt sie. Ihre Eltern nehmen in den Sommerferien Waisenkinder bei sich auf. Flüchtlinge aus Afghanistan und Venezuela sind die ersten, die sie selbst bei sich aufnimmt. Jetzt lebt Alexandros bei ihr, den sie über Weconnect findet. Sie ist eine der ersten, die sich nach der Gründung der Plattform 2023 dort registriert und das 25 Quadratmeter große Zimmer in ihrem Haus anbietet.
Sich selbst reflektieren
Angesichts der Wohnungskrise im Land ist sie überzeugt, das Richtige zu tun. Andere mit Leerstand kommen gar nicht erst auf die Idee. Das Problem des Wohnungsmangels und vor allem des bezahlbaren Wohnraums beschäftigt seit Jahren Bevölkerung und Politik. Zuletzt hatten „déi Lénk“ wieder massiv Kritik an den Maßnahmen der Regierung geübt.
Es werde viel angekündigt, aber nicht umgesetzt, ist einer der Kritikpunkte, die die Partei gerade erst vor ein paar Tagen in einer Pressekonferenz geäußert hat. Baukrise und stark gestiegene Baukosten kommen hinzu. Da kommt die private Initiative gerade recht, obwohl es angesichts der noch jungen Universität keine Tradition für WGs im Land gibt. Die Nachfrage ist da und oftmals ist etwas anderes als Leerstand und Mieteinnahmen das Entscheidende.
„Mit dem Alter kommen die Macken“, sagt Brigitte in der ihr eigenen Art. „Da ist es gut, wenn man sich ab und an infrage stellt.“ Auslöser dafür sind die jungen Leute, die sie beherbergt. Alexandros lernt sie persönlich kennen, denn er ist schon in Luxemburg, als die beiden per Algorithmus auf der Plattform zusammenfinden. Bei Weconnect senden Bewerber für eine Unterkunft statt eines Motivationsschreibens ein Motivationsvideo ein.

Solidarität, Austausch und gegenseitige Hilfe
Nur die trockenen Kontaktdaten reichen bei einer Bewerbung auf beiden Seiten, Anbieter und Bewerber, nicht. „Wir schauen auch nach Hobbys, Kochgewohnheiten oder Haustieren und den Gründen für die Vermietung“, sagt Clémentine Offner (23), eine der vier Gründer der Plattform. Die Gastgeber bekommen persönlichen Besuch von Weconnect, das getrost als studentisches Start-up durchgeht.
Bis jetzt ist es ein Erfolg. Seitdem konnten bereits 80 Mietverträge abgeschlossen werden, 30 laufen aktuell. „Die Mietpreise liegen 30 Prozent unter den sonst üblichen Marktpreisen“, sagt Offner, selbst noch Studentin der Psychologie. „Alles andere widerspricht unseren Werten.“ Solidarität, Austausch und gegenseitige Hilfe hat sich die junge Firma als Leitbild gegeben.
Für Alexandros ist es die Rettung. Im Land angekommen findet er schnell heraus, dass die Studiengebühren an der uni.lu verkraftbar sind, es aber zu wenig bezahlbare Unterkünfte gibt. Er hat einen Bachelor in Mathematik der Universität in Athen und lebt vor Luxemburg auf Rhodos. Morgens unterrichtet er Mathematik in einer Schule und nachmittags gibt der Blues- und Jazzgitarrenfan privat Musikunterricht.
Das Zimmer kommt zur rechten Zeit
Das Leben mit zwei Jobs ist schwierig. Er entscheidet, wieder an seinen Bachelor anzuknüpfen und ihn mit einem Master in „Financial Mathematics“ zu veredeln. Er schaut sich in Europa um und findet den Studiengang in Luxemburg. An der Universität erfährt er von „Weconnect“, nachdem er schon länger nach einem bezahlbaren Zimmer sucht und vorübergehend bei Freunden untergekommen ist.
„Brigitte und ich haben uns gerade zur richtigen Zeit gefunden“, sagt er. Der erste Mietvertrag geht zunächst nur über ein halbes Jahr. Es klappt mehr als gut und beide verlängern. „Wenn es nicht Brigitte wäre, wäre ich wahrscheinlich nie so lange geblieben“, sagt er und beschreibt sie als „offen“, mit einer guten Beziehung zu jüngeren Menschen.
Im Sommer dieses Jahres will er sein Studium abschließen und hofft, einen Job zu finden. Er will bleiben. Und sie? Hat sie als Vermieterin und ältere, erfahrene Person Unterschiede zwischen den Generationen festgestellt? Hat sie – nach vielen, jungen Gästen, die schon bei ihr gewohnt haben. „Die Arbeitsmoral ist anders“, sagt sie. „Work-Life ist bei manchem schon eher Life-Work-Balance“.
De Maart

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