EditorialAuf die Ohren: Feiertage für die Musikbranche

Editorial / Auf die Ohren: Feiertage für die Musikbranche
Clara Luciani vor rund einer Woche bei den „Francofolies“ in Esch Foto: Editpress/Julien Garroy

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Kings Of Leon, Black Eyed Peas, Imagine Dragons, Jimmy Eat World, Einstürzende Neubauten, Nick Mason’s SOS, Lagwagon, The Offspring, Clara Luciani, Damso, PNL, Grand Corps Malade: Das sind nur die bekanntesten Namen der Musiker und Bands, die in den letzten 14 Tagen in Luxemburg auftraten. Dazu kam am Wochenende quer durchs Land die „Fête de la musique“. Viel Zeit zum Durchatmen bleibt nicht. Denn auch der Vorabend des Nationalfeiertags wird vielerorts im Zeichen der Musik stehen. Außerdem kündigen sich mit Judas Priest, Gorillaz, The Hives, Simple Minds und Höhner in der kommenden Woche weitere Hochkaräter der Musikszene an. 

Der Musikliebhaber hat momentan die Qual der Wahl, er sieht sich einer Inflation von Konzerten ausgesetzt. Das freut die Branche, nachdem pandemiebedingt zwei Jahre lang tote Hose war. Vor allem weil, wie Rockhal-Direktor Olivier Toth im Tageblatt-Interview unterstrich, beim Publikum zurzeit eine große Euphorie zu spüren ist. Er meinte damit die regelmäßigen Konzertgänger, die nach dem Ende der Durststrecke die Live-Musik nicht nur genießen, sondern regelrecht feiern. Trotzdem, unterstrich Toth, ist nicht alles Gold, was gerade glänzt.

Denn die Pandemie hat Spuren hinterlassen. Veranstalter haben Probleme, das nötige Personal zu finden. Die Arbeitslosigkeit während der Pandemie hat viele aus der Branche veranlasst, sich neu zu orientieren. Das gilt für so ziemlich alle Berufe im Eventbereich, vom Tontechniker über den Bühnenbauer bis hin zur Servicekraft oder dem Sicherheitspersonal. Unlängst gab es bei einem Punkrockkonzert in der Kulturfabrik Probleme mit der Security. Die unerfahrenen Sicherheitsleute hatten falsch reagiert. Nicht zu vergleichen mit dem Komplettversagen beim Fußball-Länderspiel zwischen Luxemburg und der Türkei, aber trotzdem genug, damit sich die Verantwortlichen der Kufa öffentlich entschuldigten und nun über Konsequenzen wie einen Wechsel der Sicherheitsfirma nachdenken.

Neben Personalmangel beschäftigt die Veranstalter auch das potenzielle Publikum. Hat es seine Gewohnheiten geändert und bleibt jetzt eher zu Hause? Bei Vereinen ist das Phänomen viel diskutiert, dort sieht man sich seit der Pandemie nicht nur einem Mitgliederschwund ausgesetzt, sondern auch einem dramatischen Verlust an freiwilligen Helfern. Die Menschen scheinen während der Lockdowns und der Einschränkungen durch das Virus entdeckt zu haben, dass es zu Hause auch ganz schön sein kann. Die Gastronomie klagt darüber, die Kinos sowieso. Bei Konzertveranstaltern ist das momentan in Anbetracht der vielen ausverkauften Shows nicht der Fall. 

Allerdings garantiert ein ausverkauftes Konzert inzwischen keinen vollgepackten Saal mehr. Der Prozentsatz der Menschen, die trotz Eintrittskarte dem Konzert fernbleiben, hat sich laut Toth verdoppelt und bewegt sich in Richtung 10 Prozent. Da spielt dann wohl auch die Angst eine Rolle. Nicht jeder kann sich mit dem plötzlichen Wegfall aller Corona-Schutzmaßnahmen anfreunden und meidet deshalb Massenaufläufe. Schließlich ist das Virus noch immer da. Genau wie die Inflation, die auch den Konzertbesuch in Zukunft teurer machen dürfte. Mit den veränderten Gewohnheiten und dem Personalmangel sind das die Faktoren, die der Branche Sorgen bereiten. Einstweilen aber darf sie sich freuen, dass es weiter kräftig auf die Ohren gibt.