Auf den Spuren der Fluchthelfer

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Reist man durch die Ardennen und das Ösling, findet man noch vielerorts Erinnerungen an den letzten Weltkrieg. Meistens wird im Rahmen von Ausstellungen und Museen der Opfer gedacht. Eine etwas andere Art der Geschichtsvermittlung gibt es in Ulflingen.

Von unserem Korrespondent Ben Pfeiffer

Als Gauleiter Gustav Simon am 30. August 1942 die Zwangsrekrutierung der Luxemburger Jahrgänge 1920 bis 1924 verkündete, wollten einige Mutige dies nicht so hinnehmen. Am 31. August streikten Arbeiter der Lederfabrik „Ideal“ in Wiltz, um 8 Uhr folgten Beamte ihrem Beispiel. Es war das Zeichen zum Beginn des Generalstreiks.

Landesweit bezahlten 21 Menschen ihren Mut mit dem Leben. In der Folge organisierte sich der Widerstand immer mehr und zahlreiche Luxemburger suchten einen Weg, um nach Belgien zu gelangen. Im Gegensatz zu Luxemburg, welches unter Zivilverwaltung stand, war Belgien nur unter Militärverwaltung und somit weniger streng kontrolliert. Entlang der gesamten Westgrenze organisierten sich Fluchthelfer, um Menschen über die grüne Grenze zu bringen. In Ulflingen kann man einen dieser ehemaligen Wege nachverfolgen.

Neun Infotafeln auf dem „Sentier des passeurs“ geben Auskunft über die Vergangenheit

Dieser viel begangene Fluchtweg nahm seinen Anfang in Sassel „op der Knupp“ in den Bauernhöfen Conzemius-Schroeder und Kergen-Schroeder. Das Fluchthelfer-Trio Aloyse Kremer aus Biwisch, Batty Mutsch aus Asselborn und Pierre Kergen aus Sassel kümmerten sich um diese höchst gefährlichen Operationen, welche jeweils eine Stunde vor Mitternacht gestartet wurden. Von Sassel aus ging es beim Kloster in Fünfbrunnen ein erstes Mal über die Eisenbahnstrecke, um dann einen Sammelplatz in der Nähe des Ulflinger Friedhofs zu erreichen. Von dort aus überquerten die Flüchtlinge und ihre Helfer die Hauptstraße und kurz danach ein zweites Mal die Eisenbahnstrecke unweit des Bahnhofs.

Im Gänsemarsch und unter Lebensgefahr

Dann ging es im Gänsemarsch durch den Biwischer Wald, wo wenig später die „Kléngelbaach“ und somit die Grenze zu Belgien überquert wurden. Endstation war die „Maison rouge“ bei Limerlé. Von dort aus brachten belgische Helfer die Menschen zur Bahnstation. Es waren gefährliche Zeiten und die Fluchthelfer nahmen ein hohes Risiko für sich und ihre Familien in Kauf. Der am 23. Januar 1923 in Biwisch geboren Aloyse Kremer bezahlte seinen Mut mit dem Tod. Er wurde am 19. Januar 1945 in Torgau hingerichtet.

Lange Jahre war der Fluchthelferweg in Vergessenheit geraten, bis Pierre Kergen 2002 sein Buch „Kriegserinnerungen eines Öslinger Resistenzlers“ veröffentlichte. Er nahm Kontakt mit den Gemeindeverantwortlichen von Ulflingen auf, um den Fluchthelferweg wieder neu anzulegen. Mit der tatkräftigen Unterstützung von Naturpark Our und Ortal wurden die beiden Teilstücke instand gesetzt und mit neun großen Informationstafeln versehen. Der offizielle Name des Weges ist seitdem „Sentier des passeurs“.

Die jährlich angebotenen geführten Wanderungen erfreuen sich großer Beliebtheit. So konnte Touristenführer Nic Lutgen gestern wieder zahlreiche Interessenten aus dem In- und Ausland am begrüßen. Wie Renata aus Preischeid und ihre Freundin Christa aus Mannheim, mit denen sich das Tageblatt kurz unterhielt.

Touristenführer Nic Lutgen leitet die jährlich geführten Wanderungen


Zwei Strecken

Der Fluchthelferweg besteht aus zwei Teilstrecken. Die südliche führt vom Ulflinger Bahnhof über Asselborn nach Sassel und zurück und ist ungefähr zehn Kilometer lang. Die zwölf Kilometer lange nördliche Teilstrecke führt durch den Biwischer Wald bis kurz vor Limerlé in Belgien und zurück. Ausgangspunkt ist auch hier der Bahnhof in Ulflingen.

Im Sommer organisiert der Naturpark Our in Zusammenarbeit mit dem Ortal regelmäßig geführte Wanderungen. Die letzte für dieses Jahr findet am 26. August statt. Die gut ausgeschilderten Wanderstrecken sind aber auch das ganze Jahr über begehbar.

Mehr Infos: www.naturpark-our.lu


Erwartungen erfüllt

Wie sind Sie auf diese geführte Wanderung aufmerksam geworden?

Renata: Wenn ich meine Einkäufe in Luxemburg mache, schaue ich mir immer die Flyer des Naturparks an, die in Geschäften ausliegen. Da meine Freundin Christa dieses Wochenende zu Besuch ist, habe ich gezielt nach möglichen Aktivitäten gesucht.

Wieso fiel die Wahl auf diese geführte Wanderung?

Renata: Ich bin den nördlichen Fluchthelferweg schon einmal alleine gegangen und das Thema hat mich gepackt. Deshalb wollte ich mittels einer geführten Wanderung noch mehr über die Geschichte dieser mutigen Leute erfahren.

Christa: Ich bin an der Universität Mannheim beschäftigt und dort macht eine Kollegin des historischen Instituts für Zeitgeschichte gerade eine Arbeit über Fluchthelfer im Elsass. Wir haben an der Uni auch eine Forschungsabteilung zum Widerstand während der NS-Zeit. Da passte diese Wanderung mit ihrem historischen Hintergrund perfekt in die Thematik.

Wurden Ihre Erwartungen erfüllt?

Renata: Hundertprozentig. Ich werde demnächst auch den südlichen Teil des Fluchthelferwegs einmal begehen.

Christa: Wie schon gesagt, das Thema passte und ich bin froh, diese Wanderung unternommen zu haben. Mit einem qualifizierten Fremdenführer bekommt man einfach einen viel tieferen Einblick in die Geschichte, als dies die Informationstafeln vermitteln können. Für mich war es gleichzeitig auch eine kleine Einführung in die luxemburgische Sprache.

Grober J-P.
20. August 2018 - 14.32

Danke an diese Fluchthelfer, sonst gäbe es mich vielleicht nicht! :-)