Das Urteil gegen die französische Politikerin Marine Le Pen wirft ein Schlaglicht darauf, wie Rechtspopulisten und -extreme weit über die Grenzen Frankreichs hinaus zur Demokratie und Rechtsstaatlichkeit stehen. Und es zeigt, dass der Gegenstand des Urteils, die Veruntreuung öffentlicher Gelder, also Gelder der europäischen Steuerzahler, für sie eigentlich nur eine Bagatelle ist. Obwohl es sich immerhin um mehrere Millionen Euro gehandelt hat, die von den verurteilten Politikern des Rassemblement national (RN) veruntreut wurden. Darüber hört man kein Wort.
Stattdessen verunglimpfen Le Pen und die Ihren die Justiz. Sie sprechen von einer „Tyrannei der Richter“, klagen, ein „System“ und nicht weiter definierte „Eliten“ hätten sich gegen sie verschworen und wollten eine aussichtsreiche Kandidatin von Wahlen fernhalten, da die RN-Politikerin ebenfalls mit dem Entzug des passiven Wahlrechts für die Dauer von fünf Jahren belegt wurde. Der RN und seine Gesinnungsgenossen aus aller Welt stilisieren Marine Le Pen nun zur Märtyrerin, die Opfer politischer Machenschaften geworden sei. RN-Chef Jordan Bardella meinte gar, das Urteil sei ein „Todesurteil für die französische Demokratie“. Le Pen zeigte sich noch vor der Urteilsverkündung davon überzeugt, dass die Richter „es nicht wagen“ würden, die Nichtwählbarkeit gegen sie zu verhängen.
Neben der tiefen Verachtung gegenüber einer unabhängigen Gerichtsbarkeit, die von Rechtsextremen offensichtlich nur akzeptiert wird, wenn sie ihnen genehme Urteile spricht, zeigt sich hier, dass Marine Le Pen offenbar davon ausgeht, sie stehe über dem Gesetz. In diese Richtung läuft ebenfalls ihre Argumentation, wenn sie behauptet, dass mit dem Urteil den Wählern die Freiheit genommen werde, für sie zu stimmen. Die RN-Politikerin ist demnach der Ansicht, dass bestehende und in demokratischen Verfahren erlassene Gesetze nicht gegen sie angewandt werden dürfen.
Doch die Richterin Bénédicte de Perthuis tat es, und muss nun mit Morddrohungen leben, die offensichtlich von Unterstützern Le Pens gegen sie ausgesprochen werden. Doch die Richterin konnte offenbar nicht anders. So stellte es zumindest der erste Präsident des französischen Kassationsgerichtshofes, Christophe Soulard, am Dienstag in einem Gespräch mit Le Monde dar. Demnach hätten die französischen Volksvertreter 2016 entschieden, dass bei Straftaten wie der Veruntreuung öffentlicher Gelder automatisch das passive Wahlrecht entzogen wird. Wobei die Parlamentarier vor allem Vertreter ihrer Zunft im Visier hatten. Übrigens hatte sich auch Marine Le Pen bereits 2013 in einer Fernsehsendung dafür ausgesprochen, Personen, die öffentliche Gelder veruntreut haben, das passive Wahlrecht zu entziehen – und zwar auf Lebenszeit. Zu jener Zeit ging es um den damaligen sozialistischen beigeordneten Budgetminister Jérôme Cahuzac, dem Steuerhinterziehung vorgeworfen wurde. Offenbar soll jedoch nur den politischen Gegner die volle Härte des Gesetzes treffen. Sobald aber die Rechtsextremen mittels bestehender Gesetze und rechtsstaatlicher Verfahren zur Rechenschaft gezogen werden, fangen sie an zu randalieren. Doch auch für sie gilt: Niemand steht über dem Gesetz.
Erstaunlich ist es daher, wie wenig die politische Konkurrenz in Frankreich von der Gelegenheit profitiert, die Rechtsextremen bloßzustellen. Es sollte doch ein Leichtes sein, gerade sie, die sich gerne als jene profilieren wollen, die für Recht und Ordnung einstehen, der Heuchelei zu überführen. Doch zeigt sich vor allem der konservative Teil der politischen Klasse des Landes bemüht, einer Klärung des Urteils durch ein rasches Berufungsverfahren das Wort zu reden. Honni soit qui mal y pense …
De Maart

@Tom Haas
Frankreich ein Rechtsstaat wo sich Politiker über Gerichte stellen und deren Entscheidungen ignorieren.
Seit den sozialen Medien, glauben viele Trollen jetzt die Gesellschaft umkrempeln zu können indem Sie ihren misratenen Senf dazugeben wollen. Aus der Lage vieles nicht zu verstehen oder verstehen zu wollen, wird dieser Frust 1:1 in Trollgeschichten und / oder Lügen umgewandelt - jetzt wo die Hürden doch so niedrig sind.
Demnach kann ich nur wiederholen:
"Wenn Sie sich zukünftig weiter äußern wollen, sollten Sie sich vielleicht nach russischen Medien umsehen. Die nehmen es mit der Faktizität ungefähr so genau wie Sie."
was die Aberkennung des Passiven Wahlrechts angeht , stoesst Le Pen eher auf Verstaendnis bei der Konkurrenz , die heute das Gesetz von 2016 keine gute Idee mehr finden .Hat wohl damit zu tun ,dass das was das fuellen der immer klammen Parteikassen angeht alle Dreck am Stecken haben . " La décission de destituer un élu devrait revenir au peuple " ( JL Mélenchon )Am Ende wird Macron sie noch begnadigen .
Interessant zu sehen wie in diesem fall viele das vorgehen der franzoesischen richter gut finden.
Waehrend in einem vergleichbaren fall in der Tuerkei, wo richter einen oppositionspolitiker wegen korruptionsvorwuerfen aus dem verkehr ziehen kraeftig gemault wird.😀
Und komme keiner mit dem argument in einem nato mitgliedsland sei die justiz nicht neutral😉
Schliesslich verteidigt diese organisation doch die westlichen werte
..nicht wahr?
--- Antwort der Redaktion ---
Sehr geehrter Luxmann,
für die Menge an Fehlinformationen, die Sie in diesem Forum verbreiten, bräuchten wir eigentlich einen Redakteur, der ausschließlich mit der Aufarbeitung Ihrer Falschbehauptungen beschäftigt ist. Aber zu diesem Kommentar:
- Der Fall ist nicht "vergleichbar": In der Türkei hat die Justiz eine Festnahme angeordnet, hier geht es um das Urteil eines Gerichts. Sie vergleichen nicht Äpfel mit Birnen, sondern Äpfel mit Kohlköpfen.
- Wenn Sie die Gerichtsbarkeit eines Rechtsstaates wie Frankreich mit der politisch kontrollierten Justiz der Türkei vergleichen, haben Sie ehrlich gesagt entweder keine Ahnung Rechtsstaatlichkeit, oder Sie wollen mit Ihrem blanken Zynismus jedes Vertrauen in die Gewaltentrennung untergraben.
- Die NATO ist als Militärbündnis kein Garant für die Rechtsstaatlichkeit ihrer Mitglieder. Portugal war 1952 eine Diktatur und Gründungsmitglied der NATO, Griechenland war während der Militärdiktatur ebenfalls Mitglied.
Es gibt an NATO und EU sicherlich viele Dinge zu kritisieren. Erstaunlicherweise hat Ihre Kritik jedoch nur eine Stoßrichtung: Sie relativieren das Vorgehen sämtlicher Diktaturen und Autokratien dieses Planeten, um Probleme, die in Demokratien existieren, mit systematischer Unterdrückung gleichzusetzen. Sie verfolgen damit exakt der russischen Kommunikationsstrategie: "Die gesamte Welt ist schlecht und ungerecht, also seid froh, dass ihr zumindest einen starken Diktator habt, der eure Interessen verteidigt, liebe Russen." Wenn Sie sich eine Diktatur wünschen, weil Sie die EU bereits für eine halten, ist das Ihr gutes Recht. Aber diese Zeitung steht für Demokratie – mit all ihren Problemen.
Wenn Sie sich zukünftig weiter äußern wollen, sollten Sie sich vielleicht nach russischen Medien umsehen. Die nehmen es mit der Faktizität ungefähr so genau wie Sie.
Gruß
Tom Haas
Redakteur
Nach diesem zusätzlichen Skandal und ihrem kriecherischen Auftritt bei Völkermörder Putin vor den letzten Wahlen hat sich die "éligibilité" der Dame LePen wohl sowieso erledigt.Auch falls sie antreten dürfte. Sie ist wohl weg vom Fenster und das ist gut so. Dann kann der Volksaufhetzer Bardella übernehmen.