EditorialAserbaidschan greift Bergkarabach an – bei einem weiteren Krieg droht der Flächenbrand

Editorial / Aserbaidschan greift Bergkarabach an – bei einem weiteren Krieg droht der Flächenbrand
In Bergkarabach fliegen wieder Artilleriegranaten, der Südkaukasus bleibt ein Pulverfass Foto: AFP/Aserbaidschanisches Verteidigungsministerium

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574 Tage dauert der Krieg in der Ukraine an. Seit Dienstag ist ein weiterer Unruheherd hinzugekommen. Aserbaidschan hat einen Großangriff auf Bergkarabach gestartet. Wächst sich die Attacke zum Krieg aus, muss sich die Welt in Acht nehmen.

Bergkarabach liegt in Aserbaidschan, wird aber von Armeniern bewohnt und von Armenien beansprucht. Seit den frühen 1990ern brechen hier immer wieder Kriege aus. Zuletzt im Herbst 2020. Innerhalb von vier Wochen ließen mehrere Tausend Menschen ihr Leben. Der Krieg endete mit einem Sieg Aserbaidschans und einem von Russland aufgezwungenen Waffenstillstand, der keine Seite zufriedenstellte – ein perfekter Cocktail für zukünftige Gewaltausbrüche. Am Dienstag, ziemlich genau drei Jahre nach dem letzten Krieg, flogen die Meldungen rein: Artilleriebeschuss und Drohnenangriffe auf Stepanakert, der Hauptstadt Bergkarabachs.

Die Spatzen pfiffen es von den Dächern. Seit Wochen zieht Aserbaidschan militärische Kräfte an seiner südlichen Grenze zu Armenien zusammen. Flugbeobachter berichteten die letzten Tage von vermehrten Frachtflügen zwischen Israel und Aserbaidschan. Es wird davon ausgegangen, dass, wie bei den Konflikten zuvor, israelische Kamikazedrohnen nach Aserbaidschan gebracht wurden. Bereits im Vier-Wochen-Krieg vor drei Jahren waren sie ein militärischer Trumpf Aserbaidschans gewesen. Drohnen ähnlicher Bauart diktieren zurzeit auch das Geschehen auf den Schlachtfeldern in der Ukraine mit.

In Bergkarabach leben noch rund 120.000 Armenier. In ganz Armenien geht die Angst vor ethnischen Säuberungen in Bergkarabach um. Der Lachin-Korridor, die über aserbaidschanisches Gebiet führende Verbindungsstraße zwischen Armenien und Bergkarabach, wird von Aserbaidschan seit neun Monaten blockiert. Die Folge war eine Versorgungskrise mit Lebensmitteln und Medikamenten. Immer wieder kam es zu Schusswechseln mit Toten und Verletzten.

Jetzt ist wieder die Artillerie am Zug. Eine klare Eskalation. Wo diese hinführt, lässt sich noch nicht sagen. Grund zur Sorge ist gegeben. Vor allem um die Menschen in Bergkarabach. Auch um jene in Armenien. Aber nicht nur.

Der Südkaukasus kann zum Pulverfass werden und die ganze Region in einen Konflikt hineinziehen. Iran liegt direkt um die Ecke. Die Türkei hat ihre eigenen Interessen. Russland, ehemalige Schutzmacht Armeniens, hat Soldaten dort stationiert. Die Beziehungen zwischen Moskau und der Ex-Sowjetrepublik sind jedoch abgekühlt, seitdem Jerewan sich dem Westen stärker zuwendet.

Hinzu kommen Aserbaidschans Ansprüche auf armenisches Gebiet. Im Süden grenzt das Land an Iran. Es ist eine kurze Grenze, nur 44 Kilometer lang. Aserbaidschan will in dieses Gebiet vordringen und eine Landverbindung zu seiner Exklave Nachitschewan herstellen, die wiederum an die Türkei grenzt – Armenien würde damit seine Grenze zu Iran verlieren, Aserbaidschan hätte dann eine zur Türkei, seinem größten Verbündeten und Unterstützer. Das würden weder Jerewan noch Teheran akzeptieren.

2020 setzte Moskau dem Krieg um Bergkarabach ein vorläufiges Ende, als Armenien bereits in die Knie gezwungen war. Die Welt hat sich seitdem verändert. Aserbaidschan und Armenien sind bis auf den Tod verfeindet. Bricht im Südkaukasus erneut ein regelrechter Krieg aus, wird eine andere Macht schlichten müssen. Bereits ein Krieg ist zu viel, und bei jenem in der Ukraine ist kein Ende in Sicht. Kommt ein zweiter hinzu, dann ein dritter, ist der Flächenbrand da. Die internationale Gemeinschaft ist dringend gefordert. Sonst droht Schlimmes. Aserbaidschan muss seine Waffen wieder schweigen lassen. 

luxmann
26. September 2023 - 7.29

Da sieht man wieder dass die Sowjetunion doch nicht so schlecht war, um solche nationalistische konflikte zwischen ihren mitgliedern zu vermeiden. Ein Breschnew haette zuendlern wie zelenski oder aliev das handwerk gelegt.

fraulein smilla
20. September 2023 - 17.23

Bei diesem Krieg geht es um die Vetreibung von Christen ,die seit 1700 Jahren dort leben durch sunnitische Muslime ,das durch massive Unerstuetzung durch Erdogan und Israel .Armeniens Schutzmacht Russland kann oder will dem nichts entgegen setzen . Wohl dem der solche Freunde hat .

Krieg und Zinsen
20. September 2023 - 16.05

Nur die Reichen sind am Krieg interessiert, die Bedingungen auf den Banken sind so gut wie noch nie. Die Leute mit Darlehen zahlen. Die armen Soldaten sollten alle auf ihre eigenen Regierungen hinmarschieren. Wagner war auf dem richtigen Weg.

Nomi
20. September 2023 - 13.22

Die F1 Course zu BAKU stornei'eren resp. annulei'eren bis rem Normalzo'ustand hiirgestallt ass !

Nomi
20. September 2023 - 13.20

Firwaat Krich ? Well Machtgeil Politiker sech wellen als maechteg obspillen. Firwaat brengt eng Weltkommunitei't et net faedeg di aktuell Grenzen (2000) fir UNVIOLABEL ze erklaeren. Et gett gewaerden geloos an gekuckt ! Lammentabel Weltpolitik dei' net mei' Kapabel ass sech un een Desch ze setzen an Leisungen zu engem Problem ze formulei'eren an zu enger akzeptei'erter Lei'sung ze kommen. Den JA an seng Kollegen hun dramatesch versoot !

Hubert
20. September 2023 - 10.47

Mit den fortwährenden und immer tödlicheren und weiter reichenden Waffenlieferungen an die Ukraine ist der Flächenbrand schon lange am glühen. Noch ein kleines Lüftchen und Europa wird lichterloh brennen. Schade drum!