Sonntag26. Oktober 2025

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Andy Schleck: Übrig bleibt ein Duell

Andy Schleck: Übrig bleibt ein Duell

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„Ein großes Ausscheidungsfahren“ hatte Andy Schleck für die gestrige Etappe vorhergesagt. Er sollte Recht behalten, denn jetzt bleiben für den Tour-Sieg nur noch er selber und Alberto Contador im Rennen. Den konnte er allerdings gestern nicht abhängen. Das Duell Schleck gegen Contador ist zur Tour-Halbzeit offener denn je.

Aus St-Jean-de-Maurienne berichten „T“-Redakteur Kim Hermes (khe) und „T“-Radsport-Experte Petz Lahure (P.L.)

Andy, jetzt hast du das Gelbe Trikot. Alles scheint nach Plan zu laufen.
Andy Schleck: „Ich bin sehr froh, dass ich das Trikot habe. Es ist natürlich noch weit bis Paris, aber ich habe 41 Sekunden Vorsprung. Ja, bisher läuft alles wie vorgesehen. Es ist jetzt natürlich nicht leicht für mein Team, denn wir fahren, um das Trikot zu verteidigen. Heute haben wir gesehen, dass eine Auswahl stattgefunden hat. Ohne arrogant sein zu wollen, glaube ich, dass Alberto und ich ein bisschen über den anderen liegen. Die Pyrenäen liegen noch vor uns, und da muss ich etwas riskieren, um noch mehr Zeit zu gewinnen. Wenn ich mit 40 Sekunden Vorsprung in das Zeitfahren gehe, wird es eng. Ich sage nicht, dass es nicht reicht, aber es wird eng.“

Hast du keinen Gegenangriff von Contador befürchtet?
A.S.: „Ich glaube, dafür hatte er nicht die Beine. Normalerweise kontert er, denn er fährt offensiv, nicht defensiv. Ehrlich gesagt, war ich ein bisschen zu selbstsicher, denn bei der letzten Tempoverschärfung war ich wirklich im roten Bereich. Es war nicht möglich, ihn heute abzuhängen.“
Die Favoriten 

Andy Schleck (1.) 43:35:41
Alberto Contador (2.) +0:41
Samuel Sanchez (3.) +2:45
Denis Menchov (4.) +2:58
Levi Leipheimer (6.) +3:59
Robert Gesink (7.) +4:22
L.L. Sanchez (8.)+4:41
Ivan Basso (10.) +5:09
Roman Kreuziger (11.) +5:11
Alex. Vinokourov (13.) +6:31
Carlos Sastre (15.) +7:13
Bradley Wiggins (16.) +7:18
Cadel Evans (18. ) +7:47
Lance Armstrong (31.) +15:54
Janez Brajkovic (35.) +21:43
Damiano Cunego (57. ) +44:52 
In einem Interview hat Contador gesagt, dass er Angst vor dir hat, weil er letztes Jahr gesehen hat, dass du dort bist, wo er vor zwei Jahren war.
A.S.: „Ich hoffe, ich bin ein bisschen weiter als das. Ich fühle mich wirklich gut. Der Unterschied zum letzten Jahr ist, dass ich ihm vielleicht keine Zeit abgenommen habe, aber er mich auch nicht stehen lassen konnte. Vielleicht sind wir auf dem gleichen Niveau, aber der Unterschied ist, dass ich 41 Sekunden vor ihm liege. Wenn er gewinnen will, muss er angreifen. Das versetzt mich vielleicht in eine gute Position, aber ich muss in den nächsten Tagen mein Trikot aufs Spiel setzen, um noch mehr Zeit herauszufahren. Ich denke, dass ich da bin, wo er letztes Jahr war.“

Die Tour ist jetzt wirklich zu einem Duell geworden. Macht das das Ganze einfacher für dich?
A.S.: „Ich denke, es macht es einfacher. Wir haben das heute klargemacht. Alberto und ich haben das Rennen entschieden. Die anderen können ja auch angreifen, aber sie tun es nicht. Wenn ich in einer Position wäre, mit fünf oder gar acht Minuten Rückstand, würde ich morgen alles riskieren, um das Blatt zu wenden. Aber im Moment sieht es nach Alberto gegen mich aus.“

Was ist der Unterschied zwischen dem Contador von heute und von vor zwei Tagen in Avoriaz?
A.S.: „Ich glaube, vor zwei Tagen war er etwas schwächer. Einen Tag vorher war er hingegen beeindruckend. Es sieht so aus, als ob er Hochs und Tiefs hätte. Ich sage jetzt nicht, dass ich auf ein Tief von ihm hoffe, aber ich hoffe, dass ich einen seiner schwachen Tage erwischen kann, um noch mehr Zeit herauszuholen. Es ist natürlich auch möglich, dass er in den Pyrenäen besser ist. Aber das gilt auch für mich.“

Viele sagen, dass es vielleicht besser gewesen wäre, wenn Evans das Trikot noch etwas behalten hätte, um das Team noch ein bisschen Luft holen zu lassen.
A.S.: „Das ist das Gelbe Trikot. Wenn man die Gelegenheit hat, wird kein Fahrer auf der Welt dazu Nein sagen. Mein Team ist super motiviert, um für mich zu arbeiten. Vom Start weg haben wir jeden Tag das Rennen für Fabian (Cancellara, d. Red.) in die Hand genommen, jetzt ist es eben für mich. Aber heute hat das Klassement stark geändert. Es gibt Contador und mich, die anderen liegen schon weit zurück. Für die nächsten Etappen wird das für das Team einfacher zu verteidigen als in den ersten Tagen. Aber leicht wird es nicht.“

Du hast gesagt, dass sich alles in den Pyrenäen entscheidet und man Geduld braucht. Jetzt überraschst du alle, indem du schon hier das Gelbe Trikot holst.
A.S.: „Ja, das stimmt, aber im Rennen ist das so. Wenn es eine Gelegenheit gibt, muss man sie nutzen. Das habe ich getan. Es wird auch morgen nicht einfach, aber ich denke, die Pyrenäen werden die Tour entscheiden. Für mich ist es jetzt leichter, weil ich nur einen Fahrer beobachten muss, und das ist Contador. Die anderen waren heute nicht so stark, und ich glaube nicht, dass noch einer in den Pyrenäen wie eine Rakete hochgehen wird.“

In der Abfahrt hat es allerdings ausgesehen, als ob du in Schwierigkeiten wärst.
A.S.: „Das Problem ist, dass ich die Abfahrt beim Training im Regen gefahren bin. Ja, ich hatte etwas Angst. Denn mit den nassen Straßen war es schon im Training sehr gefährlich. Ich habe oben zu Alberto gesagt: ’Wenn du Risiken eingehen willst, okay, aber ich mache das nicht.‘ Es ist besser, zehn Sekunden länger zu brauchen und noch den Kopf auf den Schultern sitzen zu haben, als mit der Ambulanz ins Krankenhaus gefahren zu werden. Und außerdem weiß ich, dass meine Mutter zusieht und dass sie zwischen Wohnzimmer und Küche hin und her läuft. Deshalb habe ich oben auch zu Bjarne gesagt: ’Du rufst jetzt meinen Bruder an und sagst ihm, dass ich kein Risiko eingehen werde.‘“

Überrascht es dich nicht doch, dass es nur noch um Contador und dich geht und Evans keine Rolle mehr spielt?
A.S.: „Ich habe schon vorher gesagt, dass er einen harten Giro hinter sich hat. Ich habe ihn nicht wirklich diese Tour gewinnen sehen. Ich habe andere Fahrer weiter vorne erwartet. Ehrlich gesagt, überrascht es mich nicht, dass er heute einen schlechten Tag hatte. Ich habe zudem gerade gehört, dass er sich einen Arm gebrochen hat (es ist ein Bruch im linken Ellenbogen, d. Red.), das macht es auch nicht einfacher. Er hat das Trikot leider verloren, aber so ist das Rennen. Ich bin froh, dass ich es habe.“

khe